Ehemaliger Pro Köln-PolitikerJörg Uckermann im Gerichtssaal verhaftet

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Jörg Uckermann

Köln – Kurz bevor alle den Gerichtssaal verlassen wollten, ergriff Staatsanwalt Rudolf Jürgens noch einmal das Wort. Der Angeklagte sei zur Fahndung ausgeschrieben, sagte er, ihm lägen drei Haftbefehle vor, die werde er jetzt vollstrecken lassen. Zwei Justizwachtmeister nahmen den früheren Pro-Köln-Ratsherr Jörg Uckermann (48) auf der Stelle fest.

Nicht einmal eine Stunde später durfte er das Gerichsgebäude an der Luxemburger Straße dann als freier Mann verlassen. Wie sein Anwalt Marc Donay mitteilte, hat Uckermann unmittelbar nach seiner Festnahme eine offene Geldstrafe in Höhe von 1170 Euro beglichen; die anderen Haftbefehle wurden daraufhin ausgesetzt.

Es war der Auftakt einer Revisionsverhandlung, die Uckermann nach seiner Verurteilung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erstritten hat. Das Landgericht hatte ihn vor zwei Jahren wegen schweren Betrugs, Steuerhinterziehung sowie Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Die Richter in Karlsruhe gaben dem früheren Kommunalpolitiker teilweise Recht und ordneten eine erneute Verhandlung an.

Den Vorwurf des Meineids, den der BGH für nicht ausreichend bewiesen hält, ließ der Staatsanwalt am Mittwoch vorläufig fallen. Abgesehen davon geht es in der Neuauflage des Prozesses vor der 16. Großen Strafkammer allein um das Strafmaß. Uckermanns Anwalt hofft auf eine Bewährungsstrafe. Die ist nur möglich, wenn die Haftdauer einen Zeitraum von zwei Jahren nicht übersteigt. Eine Entscheidung will die Vorsitzende Richterin Sabine Grobecker frühestens nach dem nächsten Verhandlungstermin am 12. Oktober verkünden. Zuvor will sie in einem sogenannten Rechtsgespräch mit dem Verteidiger und dem Vertreter der Anklage die Möglichkeiten einer Verständigung erörtern.

Unbestritten ist, dass Uckermann über Jahre hinweg Ratsmitgliedern zustehende Sitzungsgelder und Entschädigungen für den Verdienstausfall erschlichen hat. Er hat dem Gericht zufolge in einer Vielzahl von Fällen Anwesenheitslisten gefälscht. Auf diese Weise bereicherte er sich zu Unrecht um mehrere tausend Euro aus der Stadtkasse.

In der rechtsextremen Organisation Pro Köln soll er eigens zu diesem Zweck ein System aufgebaut haben, dass die Abrechnung etlicher Sitzungen ermöglicht haben soll. 20 Prozent der Beträge hätten die Funktionäre regelmäßig an Pro Köln gespendet, heißt es in den Gerichtsakten.

Als Beruf gab Uckermann zu Zeiten seines Mandats Bademeister und Masseur an. Beim Verlesen der Unterlagen drängte sich Zuhörern der Eindruck auf, Uckermann habe durch eine Vielzahl von Betrügereien seinen Lebensunterhalt in nicht unwesentlichem Umfang bestritten. Nicht nur die Stadt und das Finanzamt wurden durch ihn geschädigt, sondern während seiner Zeiten ohne festen Job auch die Bundesagentur für Arbeit. Uckermann hat sein Ratsmandat 2014 verloren. Pro Köln gehört er nach Angaben der Organisation nicht mehr an.

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