EhrenamtKölner helfen Kindern in indischen Slums

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Projektgründerin Anouradha Bakshi (Mitte)

Projektgründerin Anouradha Bakshi (Mitte)

Köln – Dass in den Slums der indischen Megametropole Delhi in diesen Tagen deutsche Weihnachtslieder erklingen, daran ist Claudia Hütwohl nicht ganz unschuldig. Die 45-jährige Wahl-Kölnerin leitet den deutschen Ableger der internationalen Hilfsorganisation „Project WHY“. „WHY“ steht für „We Help You“ (dt.: Wir helfen dir).

Hilfe leistet der Verein für die Ärmsten der Armen in Indien: die Kinder in den riesigen Slums. Ihnen fehlt es an allem, was in Deutschland selbstverständlich ist: Manu (10) braucht eine Brille, weil er ohne sie nichts auf der Schultafel erkennen kann. Ein Mädchen leidet an einer Hautkrankheit, ihre Eltern haben kein Geld für die Behandlung. Woran es allen Kindern gleichermaßen mangelt: Bildung. In den staatlichen Schulen Delhis kommt auf 130 Kinder nur ein Lehrer. „Sie können sich vorstellen, wie viel Wissen man als Lehrer so vermitteln kann“, erzählt Hütwohl und zuckt mit den Schultern.#

Mehr als 800 Slum-Kinder haben das Glück, dass sie ihre Freizeit in einer der fünf Anlaufstationen des Projekts verbringen können. Dort helfen ihnen angestellte Lehrer, die durch Spenden finanziert werden. Außerdem gibt es viele Freiwillige, die mit den Kindern Lieder einüben, Kinderlieder und manchmal eben auch Weihnachtslieder. Die mit ihnen spielen und sie von der Härte ihres Lebens ablenken. Meist sind es junge Menschen, die nach ihrem Abitur einige Monate lang Gutes tun und Auslandserfahrungen sammeln möchten – viele davon aus Deutschland.

Faszinierende Gründerin

Seit 2012 leitet Claudia Hütwohl den deutschen Ableger von Project WHY. Die langjährige Erfahrung in der PR-Branche kommt ihr bei dem Ehrenamt zugute. Hütwohl sitzt in Deutz in den Räumen des Kölner Reiseunternehmens Tour Vital, es hat den deutschen Ableger 2007 initiiert. 140 Mitglieder gibt es bislang. Bevor Hütwohl zum Projekt stieß, reiste sie auf eigene Faust zum ersten Mal in ihrem Leben nach Indien und lernte die faszinierende Gründerin des Projekts kennen: die Inderin Anouradha Bakshi. Im Jahr 2000 gründete sie das Projekt, das heute von Vereinen in vielen Ländern unterstützt wird. Claudia Hütwohl erlebte während ihrer ersten Reise nach Delhi vieles, das sie bewegte: Wie die Kinder ihr Essen mit Spielkameraden teilten, die hungrig waren. Wie behinderte Kinder, die von ihren Familien in Indien oft verstoßen werden, durch Zuneigung aufblühten. Wie junge Frauen, die von ihren Männern misshandelt wurden, durch eine Ausbildung zur Kosmetikerin oder Näherin in ein neues Leben starten konnten. „Ich war zu Tränen gerührt und habe mein Herz verloren“, sagt die Mutter von drei Töchtern. Ein Fakt, für den sie in Indien übrigens zuweilen bemitleidet wird. „Dort gelten Söhne viel mehr.“ Hütwohl kehrte nach Deutschland zurück, arbeitet seitdem an drei Tagen wöchentlich für den Verein. Jedes Jahr reist sie nach Indien: „Das gibt mir den Anreiz, weiterzuhelfen“. Zuletzt hat sie die Slums im Frühjahr besucht, gemeinsam mit ihrer 16-jährigen Tochter. „Die war so begeistert, dass sie nach ihrem Abitur unbedingt auch eine Zeit lang im Projekt arbeiten möchte“, sagt die gebürtige Frankfurterin. Was die deutsche Projektleiterin manchmal frustriert? Der Kampf gegen die indischen Behörden. Die sind vom Engagement wenig begeistert, machen strenge Auflagen. „Weil sie der Meinung sind, dass die an den staatlichen Schulen vermittelte Bildung ausreicht.“

Kinder müssen nicht betteln

Was ihr die Kraft gibt, weiterzukämpfen? „Wir sind stolz, dass die Kinder nicht auf der Straße betteln und die meisten von ihnen einen Schulabschluss machen und zur Universität gehen können“, sagt Hütwohl resolut. Normalerweise seien diese Privilegien jenen Kindern vorbehalten, deren Eltern reich genug sind, um sie auf private Schulen zu schicken. Auch die Brille für Manu hat Claudia Hütwohl mit einer Flohmarktaktion finanziert. „Diesen Jungen glücklich zu sehen, das war einfach wundervoll.“

Weitere Informationen zu Project WHY Deutschland e.V. gibt es auf der Vereins-Internetseite. www.p-why.de

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