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Baustelle in Köln-EhrenfeldDie Moschee wird zur traurigen Sehenswürdigkeit

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Die Moschee-Baustelle an der Venloer Straße in Köln

Die Moschee-Baustelle an der Venloer Straße in Köln

Ehrenfeld – Wäre alles nach Plan gegangen, würden bereits seit mehr als vier Jahren Gläubige unter der prachtvollen Kuppel beten. Ein selbstbewusstes Symbol dafür, Teil dieser Stadt zu sein – das sollte die Moschee der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib, in Ehrenfeld werden. Stolz wollte der größte Dachverband deutscher Moscheegemeinden anspruchsvolle sakrale Architektur präsentieren. Eine Sehenswürdigkeit ist die Moschee tatsächlich geworden – allerdings bislang eine traurige. Bauzäune und Gerümpel versperren die Zugänge, Wasserflecken verfärben den Beton, in der zentralen Kuppel steht weiterhin ein riesiges Baugerüst.

Die Verwaltungsräume der Deutschlandzentrale des Verbandes sind bezogen. Doch die Moschee ist weiterhin nicht nutzbar. Die Einkaufspassage ist nicht fertig; der repräsentative Platz, zu dem die breite Freitreppe führt, nicht betretbar; in die Räume, die ein Café nutzen sollte, ist ein Büro eingezogen.

Streit um Baumängel geht weiter

Ein Eröffnungstermin für das Gotteshaus ist nicht in Sicht. Die Ditib dementierte Meldungen, dass nach jahrelangem Baustopp im Sommer ein Eröffnungsfest gefeiert werde. Immerhin wird nun auf dem großen erhöhten Platz wieder gearbeitet. Riesige Wasserflächen, die nicht schnell genug ablaufen konnten, beschädigten den Bau. Es werden zusätzliche Abflüsse gelegt und der Unterbau erneuert. Sobald es wieder wärmer wird, soll der Platz dann tatsächlich fertig gebaut werden. „Wir wollen nicht mehr warten“, sagt Ditib-Sprecherin Ayse Aydin.

Die Beschaffenheit des Platzes ist genau wie die Treppen und der Kuppelbau Streitobjekt zwischen der Bauherrin und dem Architekturbüro von Paul Böhm, der bis Ende 2011 auch Bauleiter des Projektes war. Der damals neu ins Amt gekommene Ditib-Vorstand ging mit einer Mängelliste und Millionenforderungen auf Konfrontationskurs mit Böhm. Diesen Weg bezahlt die Bauherrin nun seit über drei Jahren mit einem Baustopp, der nötig wurde, damit im Streit Beweise gesichert werden konnten. Über 2000 Mängel hatte ein umstrittener Sachverständiger im Auftrag der Ditib aufgelistet, die alle überprüft werden mussten. Womit der Verband nicht gerechnet hatte, war, wie lange ein deutsches Gericht braucht, ein „selbstständiges Beweissicherungsverfahren“ zu organisieren. Fast drei Jahre vergingen, bis das vom Kölner Landgericht in Auftrag gegebene Gutachten im vergangenen November fertig wurde.

Seinen Inhalt kennen nur wenige. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll der Gutachter 70 bis 80 Prozent der reklamierten Mängel von der Liste gestrichen haben. Einer, der die Strukturen der Ditib kennt, sagt, die Ergebnisse des Gutachtens entsprächen nicht den Hoffnungen derer, die vor drei Jahren für den Konfrontationskurs geworben hatten. Böhm und die Ditib wollen sich noch nicht äußern. Sie prüfen das Gutachten zur Zeit mit ihren juristischen Beratern.

Spekulationen über Zugeständnisse

Für beide Seiten geht es um sehr viel Geld, aber auch um ihre Reputation. Für die Ditib kommt hinzu: Gelingt auf der Basis des Gutachtens keine außergerichtliche Einigung, droht die Moschee zur Bauruine zu werden. Ein Rechtsstreit vor Gericht durch mehrere Instanzen würde weitere Jahre dauern. Das könnte Böhms Verhandlungsposition stärken, allerdings ist auch seine Belastbarkeit begrenzt.

Der neue Ditib-Chef Nevzet Yasar Asikoglu verspricht eine „zeitnahe Fertigstellung“. Man wolle die außergerichtliche Einigung. Im Umfeld der Ditib wird darüber spekuliert, wie viele Zugeständnisse der Verband dafür machen kann. Mancher vermutet, dass auch der Ditib das Geld ausgegangen ist. Die Kosten für den Gebäudekomplex könnten mittlerweile auf rund 35 Millionen Euro geklettert sein. Vor Jahren hatte man mit der Hälfte gerechnet.

Unstrittig scheint mittlerweile, dass sich Versuche, beim Material zu sparen, teuer gerächt haben. Man sieht dem Gebäude von außen an, dass bei der Materialwahl oder der Bauausführung manches schlecht gelaufen sein muss. Darüber wird auch in einem zweiten Verfahren verhandelt. Die Düsseldorfer Baufirma Nuha verlangt von der Ditib ausstehenden Lohn, die Ditib verweist auf die mutmaßlichen Baumängel, für die Nuha verantwortlich sei. In dem Streit, der nun in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht ausgetragen wird, geht es auch um die spannende Frage, wie viel Verantwortung der ehemalige Ditib-Vorstand selber trägt. Nuha sagt, dass Änderungen bei der Materialwahl mit dem Vorstand abgesprochen worden seien, weil dieser Geld sparen wollte. Die Ditib bestreitet das.

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