Güterbahnhof EhrenfeldVom Umschlagplatz zum neuen Veedel

Lesezeit 4 Minuten
Einst Ort für kreative Märkte und Festivals: die Reste der „Jack in the Box“-Halle

Einst Ort für kreative Märkte und Festivals: die Reste der „Jack in the Box“-Halle

Köln-Ehrenfeld – Die Zwischennutzung durch Graffiti-Sprayer ist in den früheren Hallen von „Jack in the Box“ überall sichtbar. Die bunten Motive bilden im Zusammenspiel mit den bizarr anmutenden Gebäuderesten ein Gesamtkunstwerk. Von vergänglicher Art: Der Abbruch der Gebäude steht kurz bevor.

Bevor auf dem ehemaligen Gelände des Ehrenfelder Güterbahnhofs, der bis Anfang des 21. Jahrhunderts in Betrieb war, ein neues Stadtviertel mit 450 Wohnungen entsteht, muss kräftig aufgeräumt werden.

Die Räumlichkeiten seien von Mietern und Nutzern in teilweise verheerendem Zustand hinterlassen worden, verriet ein Sprecher der Gesellschaft Aurelis Asset, der das Areal gehört. Viel Arbeit und hohe Kosten verursachte außerdem das illegale Abkippen von Müll und Schrott auf dem Grundstück.

Dies nahm zu, als das Gelände zum größten Teil ungenutzt war, nachdem Gewerbetreibende, Musikbands sowie das Arbeitslosenprojekt „Jack in the Box“ weggezogen waren. Von einem hohen sechsstelligen Betrag ist die Rede, der nötig ist, um die zum Teil im großen Stil auf das Gelände gebrachten Hinterlassenschaften zu beseitigen.

Baugebiet in Köln-Ehrenfeld wird erschlossen

Im August beginnen die Arbeiten zur Erschließung des Baugebiets. Die Gesellschaft Aurelis Asset besitzt das Gelände und vermarktet es. Das Plangebiet wird über eine neue Erschließungsstraße, über den Maarweg und die Vogelsanger Straße an das umliegende Straßennetz angebunden.

Zunächst rücken die Abbruchbagger an: Abgerissen wird die frühere Lagerhalle, in der „Jack in the Box“ Arbeitslosen Beschäftigung bot und zugleich ein Betätigungsfeld schuf für innovative Märkte. Erste Streetfood-Festivals fanden hier statt, Nachtflohmärkte, die Design-Messe Öko-Rausch hatte ihre Anfänge hier und gern nutzte die Architektur-Biennale „Passagen“ den Ort.

Ob die Bagger auch dem Wohnhaus im westlichen Teil des Geländes nahe dem Maarweg zu Leibe rücken, ist noch nicht beschlossen. Zurzeit ist noch eine Wohnung belegt. Ehrenfelder Politiker sähen es gern, wenn das Gebäude erhalten werden könnte. So preisgünstig wie jetzt würde es sich jedoch nie mehr darin wohnen lassen.

Eine Sanierung wäre aufgrund des schlechten Zustands sehr aufwendig und auch dann wäre nicht sicher, ob überhaupt Menschen darin wohnen könnten. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Bahnlinie wären Lärmschutzrichtlinien kaum erfüllen, sodass nur Gewerbe zulässig wäre. Die momentane Wohnnutzung genießt noch Bestandsschutz.

Ehemalige Güterhalle bleibt erhalten

Definitiv vom Abriss verschont bleibt dagegen die ehemalige Güterhalle nahe der Grundstückszufahrt an der Vogelsanger Straße. Hier soll Kultur in Zukunft einen Platz finden. Darüber freuten sich besonders die Ehrenfelder Bezirksvertreter, als sie vor wenigen Tagen dem Bebauungsplan für das Gelände ihre Zustimmung gaben.

„Die Grundstückseigentümer haben uns schriftlich erklärt, dass sie für die ehemalige Güterhalle im östlichen Teil des Gebiets die Nutzung durch ein sozio-kulturelles Projekt wünschen“, berichtete SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Bossinger. Wie die aussehen wird, steht jedoch noch nicht fest. „Ja, wir wollen das, aber zum aktuellen Zeitpunkt gibt es noch keine konkreten Pläne für die Form der kulturellen Nutzung. Wir sind gespannt, welche Nutzer sich für den Standort interessieren werden“, sagte ein Sprecher der Gesellschaft Aurelis-Asset auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Mit dem „Ja“ zum Bebauungsplan durch Bezirksvertretung und Stadtrat ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem neuen Quartier auf dem Areal vollzogen. Den Plan hatte das Stadtplanungsamt in Zusammenarbeit mit dem Grundstückseigentümer Aurelis erarbeitet. Der Entwurf der beiden Planungsteams Lorenzen Architekten mit Becht Landschaftsarchitekten sowie Trint und Kreuder Architekten mit Lill und Sparla Landschaftsarchitekten bildete die Grundlage für den jetzt verabschiedeten Bebauungsplan.

Das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Ehrenfeld ist eine rund sieben Hektar große Fläche am westlichen Rand von Ehrenfeld zwischen Vogelsanger Straße, DB-Bahntrasse und Maarweg. Die geplante Wohnsiedlung erhält eine viergruppige Kindertagesstätte und einen öffentlichen Spielplatz. Außerdem werden unter anderem auch Dienstleistungs- und Nahversorgungsangebote sowie Kleingewerbe auf dem Areal entstehen.

Vor drei Jahren gingen die Überlegungen los

Die konkreten Überlegungen für das Gelände begannen vor drei Jahren. Vier Planungsteams mit Fachleuten aus Landschaftsarchitektur und Stadtplanung waren von März bis Mai 2014 aufgefordert, ein städtebauliches und freiraumplanerisches Konzept als Grundlage für die weitere Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofs Ehrenfeld zu erstellen.

Aufgrund der Größe des Grundstücks hatten Politiker und Bürger stets die große Bedeutung für die weitere Entwicklung des gesamten Stadtteils Ehrenfeld betont. Angestrebt wird, dass das Viertel eine ausgewogene Mischung aus Wohnen und Gewerbe erhält. Außerdem war es eine Vorgabe, möglichst viel Grün auf das Gelände zu bringen.

Entlang der Bahntrasse wird eine zwölf Meter hohe Lärmschutzwand errichtet. Weil eine Böschung aufgeschüttet wird, sind davon vom Plangebiet aus gesehen nur 5,50 Meter sichtbar. Zwischen der Lärmschutzwand und der Bebauung werden ein öffentlicher Grünbereich sowie private Gärten entstehen. Das daran angrenzende Wohngebiet ist in vier Blöcke aufgeteilt. Überwiegend sollen sie fünf Stockwerke hoch sein.

Bauherren für die Häuser gibt es noch keine: „Wir werden nun mit Hochdruck an der Vermarktung der Grundstücke arbeiten und bis zum Herbst vermarktungsfähige Unterlagen erstellen“, erklärt der Unternehmenssprecher von Aurelis. Der Beginn erster Hochbauarbeiten wäre dann bereits im Frühjahr 2018 möglich. Erstes Projekt wird der Bau der Lärmschutzwand sein. Die ist zwingend erforderlich, weil die Geräuschemissionen der Bahnlinie Köln-Aachen sowie von südlich davon liegenden Gewerbebetrieben so laut sind, dass ohne Abschirmung an Wohnen gar nicht zu denken wäre.

KStA abonnieren