Herbol-WerkPolitiker kämpfen um Bickendorfer Kleinod

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Das Gebäudeportal und die kunstvolle Metall-Einfriedung an der Vitalisstraße.

Das Gebäudeportal und die kunstvolle Metall-Einfriedung an der Vitalisstraße.

  • Bis 2015 gehörte das Gebäude zum niederländischen Konzert Akzo-Nobel.
  • Die Segro AG möchte das Fabrikgelände zu einem Gewerbepark umrüsten.

Bickendorf – Die Erinnerung an das Herbol-Werk – ein Stück Bickendorfer Industriegeschichte – soll bewahrt werden. Die Bezirksvertretung Ehrenfeld kämpft mit politischen Mitteln für den Erhalt des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der früheren Lackfabrik Herbig-Haarhaus. Doch das 1937 fertiggestellte Gebäude – ein industriegeschichtliches Kleinod – ist vom Abbruch bedroht. Das britische Unternehmen Segro AG will das gesamte frühere Fabrikgelände zu einem Gewerbepark mit Gebäuden nach einem einheitlichen architektonischen Konzept umgestalten. Bis auf eine kleinere Lagerhalle wurden schon sämtliche Produktionsgebäude niedergelegt. 80.000 Tonnen Beton- und Ziegelbauschutt fielen dabei an, außerdem Berge von Metallschrott und 11.000 Quadratmeter Asbestzementplatten. Das ehemalige Herbol-Werk war nach mehreren Besitzerwechseln (unter anderem BASF) bis April 2015 im Eigentum des niederländischen Konzerns Akzo-Nobel, das dort auch Marken wie Glasurit und Sikkens produzierte. Die Bezirkspolitiker beantragten jetzt mit großer Mehrheit einen Aufschub des Abbruchvorhabens. Aufmerksam wurden sie durch einen Bericht im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Darin hatte Andreas Fleischer, der für Segro die Geschäfte in Nordeuropa führt, erklärt, dass der Erhalt nicht wirtschaftlich sei. Nun wollen die Bezirksvertreter Gespräche zwischen Eigentümer und Stadtverwaltung herbeiführen – mit dem Ziel, das Gebäude zu erhalten.

Um die Möglichkeiten eines Erhalts besser erörtern zu können, soll ein Ortstermin stattfinden.Die Verwaltung soll auch prüfen, ob gegen den von der Segro AG beantragten Abbruch Rechtsmittel eingelegt werden können.

CDU enthielt sich

Während sich die CDU-Fraktion der Stimme enthielt, plädierten die übrigen Politiker zum Teil vehement für den Erhalt des Gebäudes, dem jedoch nach Einschätzung der Stadtkonservators „keine hinreichende Bedeutung im Sinne des Denkmalschutzgesetzes“ zukommt. Zur Begründung wurden Veränderungen am Gebäude in der Nachkriegszeit genannt. Jedoch heißt es auch: „Ungeachtet dessen kann das Gebäude als ortsbildprägend und erhaltenswert eingestuft werden.“

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Ähnlich argumentieren die Ehrenfelder Politiker. Zusätzliche Motivation haben sie durch die eher zurückhaltende Informationspolitik des Unternehmens Segro. „Wir sind von denen doch regelrecht gelackmeiert worden“, sagte Grünen-Bezirksvertreter Ralf Klemm. So habe das Unternehmen auch den Erhalt von Bäumen angekündigt, um dann doch Fällgenehmigungen zu beantragen. „Schon um unserer Selbstachtung willen sollten wir jetzt auf umfassende Informationen bestehen, was genau geplant ist“, so Klemm. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Bossinger fügte hinzu: „Es sollte nicht Schule machen, dass Investoren der Bezirksvertretung einfach Märchen erzählen.“

Gedenktafel für Zwangsarbeiter

Das NS-Dokumentationszentrum wurde um Prüfung gebeten, ob an dem Gebäude eine Gedenktafel angebracht werden kann, falls in der Zeit zwischen 1938 und 1945 in der Lackfabrik Zwangsarbeiter eingesetzt worden waren. „Davon kann man getrost ausgehen“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Martin Berg und verwies darauf, dass das NS-Dok hierzu bereits seit längerem Erkenntnisse habe. Diese sind sogar öffentlich zugänglich. In einer Dokumentation über Zwangsarbeiterlager im Stadtgebiet sind für die Herbig-Haarhaus-Fabrik zwei Lager genannt. Eines für 130 ukrainische Arbeiter befand sich auf dem Gelände an der Vitalisstraße. Es wurde 1943 durch einen Bombentreffer zerstört. Ein weiteres für etwa 30 Arbeiterinnen war an der Widdersdorfer Straße in der Nähe des Gaswerks.

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