Abo

Ein Abend am RheinuferSo arbeitet der Kölner Ordnungsdienst

Lesezeit 5 Minuten
Sie arbeiten da, wo andere zur Erholung hinkommen: Carina und Marc auf ihrer Patrouille an den Rhein-Terrassen.

Sie arbeiten da, wo andere zur Erholung hinkommen: Carina und Marc auf ihrer Patrouille an den Rhein-Terrassen.

Köln – Jugendliche sitzen auf erhitzten Betonstufen und blinzeln in die Abendsonne. Familien schieben Kinderwagen, Touristen posieren für ein zwei, drei, vier Selfies mit Domkulisse. Auf dem Wasser schießen Jetski-Fahrer vorbei.

Wen es am frühen Abend zum Rheinboulevard zieht, der hat den anstrengenden, den arbeitsreichen Teil des Tages in der Regel hinter sich. Irgendwo in diesem Gewusel aber, da bewegen sich zwischen den Selfie-Sticks und trägen Menschentrauben zwei Gestalten in gelben Warnwesten am Ufer entlang. Manch einer der jüngeren Umstehenden fühlt sich berufen, ihnen ein schnelles „oh oh, das gibt Ärger“ hinterherzurufen, um sich danach kichernd hinter den Freunden zu verstecken.

„Die Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf uns“

Dabei ist es eigentlich genau andersherum: Erst kommt der Ärger, dann kommen die Menschen mit den gelben Westen – in diesem Fall Carina und Marc, die ihre Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchten. Die beiden sind „Ermittler im Ordnungsdienst“. So lautet die korrekte Berufsbezeichnung derjenigen, die im Alltag eher schlicht als „das Ordnungsamt“ bezeichnet werden.

Alles zum Thema Hohenzollernbrücke

„Die Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf uns“, erzählt Marc. „Man verbindet uns oft mit Knöllchen. Nach dem Motto: »Wenn das Ordnungsamt kommt, dann kostet das Geld.« Aber vor allem Familien sind in der Regel sehr dankbar, dass wir da sind.“

Gerade scheinen die Besucher auf dem Rheinboulevard eher in Urlaubs- als in Krawallstimmung. Eine Jugendschutzkontrolle hier und da, ein paar schiefe und ein paar freundliche Blicke, alles im grünen Bereich. „Die Situation ist längst nicht mehr so schlimm wie in der Anfangszeit. Früher hatten wir das Problem, dass sich hier verschiedenste Klientel angesammelt und den Ort quasi zu Privatgebiet erklärt hat.“

Keine aggressiven Jugendlichen und dichter Shisha-Qualm mehr

Seitdem hat sich einiges geändert. Große Verbotsschilder säumen den Boulevard; sie untersagen Wasserpfeifen, Grillen, laute Musik. Und es patrouillieren Menschen, die die Einhaltung dieser Verbote kontrollieren. „Die verbesserte Lage ist also auch der verstärkten Präsenz des Ordnungsamts zuzuschreiben“, sagt Carina. Von den eskalierenden Kontrollen früherer Zeiten, von aggressiven Jugendlichen und dichtem Shisha-Qualm ist heute nichts zu spüren.

Stattdessen: bestes Panorama; Altstadtblick und Domspitzen. „Der Ausblick ist natürlich fantastisch – vor allem bei Sonnenuntergang“, bemerkt Marc. Er schätzt die Schicht am Rhein; Bewegung und frische Luft, die Tatsache, dass Menschen, die Erholung suchen, meist freundlich gestimmt sind. Die Route führt weiter, der Rheinboulevard fällt zurück, es geht unter der Hohenzollernbrücke hindurch in Richtung Rheinpark. Eine Polizeistreife läuft in einiger Entfernung vorüber; Hände werden zum Gruß gehoben, man kennt sich.

Viele laden die Ermittler zum Grillen ein oder feilschen um Bußgelder

Das gilt nicht nur für die Kollegen bei der Polizei – das gilt auch für andere, die sich regelmäßig auf dieser Strecke aufhalten. Carina tritt an einen Obdachlosen heran, der auf einer Bank nahe dem Beachclub „KM 689“ vor sich hindöst. „Wie geht’s Ihnen? Haben Sie denn auch mal ein bisschen Wasser getrunken?“, fragt sie. Die Sonne knallt immer noch vom Himmel.

Der Mann braucht ein paar Sekunden, um sich zu orientieren, dann bedenkt er Carina auch schon mit Komplimenten. Erzählt, dass er auf seinen Kollegen wartet. Reibt sich träge die Augen. „Dat ihr hier immer für Ordnung sorgen müsst…“ „Wir schauen nur, wie es Ihnen geht“, sagt Carina. Damit gibt der Mann sich zufrieden. Zum Abschied wünscht er Marc und Carina noch einen ruhigen Dienst. „Er sitzt jeden Tag hier“, sagt Carina. „Hat immer ein nettes Wort auf den Lippen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Ein nettes Wort auf den Lippen haben viele, die an das Ordnungsamt geraten. Wenn auch meist aus einer ganz anderen Motivation: Sie versuchen zu verhandeln, laden die Ermittler zum Grillen ein oder wollen um Verwarn- und Bußgelder feilschen – vielleicht nur 15 statt 35 Euro? „Wir hören auch nur 80er und 90er!“, versucht es ein Mann, dessen Musik vom Rheinufer in den Park hinaufschallt.

Es läuft nicht immer so harmonisch

Carmelo, der trotz des Verbots Shisha-Kohle erhitzt, diktiert den Ermittlern geduldig seine Personalien. Frau Oepen lässt sich erklären, dass sie ihren Hund auf Kölner Stadtgebiet nicht frei herumlaufen lassen darf – auch nicht im Park. „Jetzt weiß ich Bescheid“, sagt sie, nimmt „Joker“ an die Leine und wedelt mit der linken Hand. „Auch, was den Bereich dahinten angeht. Das hätte ich vorher ganz anders eingeschätzt.“ Derart harmonisch läuft es nicht immer. Übergriffe auf Ermittler kommen vor, auch wenn darüber an diesem Abend niemand so recht sprechen mag. Selbstverteidigung ist nicht umsonst ein Teil der Ausbildung.

Stattdessen erzählen Marc und Carina, während der Weg wieder zurück in Richtung Hohenzollernbrücke führt, von absurden Fällen; von dem berühmten Hausschwein Amanda, das sie ab und an nach Hause schicken müssen; von einem betrunkenen Überfallopfer, das die Kollegen nackt auf einer Brücke auflasen. Und von Ermessensspielräumen.

Marc denkt nach, sucht ein Beispiel. „Wenn jemand ein Bonbonpapier fallen lässt, dann wird er natürlich nicht sofort verwarnt“, sagt er. „Wir sind nicht das Ungeheuer, das alles verknollen muss. Wir bitten dann darum, dass es aufgehoben wird.“ Was im Übrigen nicht bedeutet, dass sie sich selbst aus der Verantwortung stehlen können. Manchmal müssen auch die Ermittler ein Bußgeld bezahlen. „Ich wurde letztens geblitzt“, erzählt Marc. „Mit dem Dienstwagen.“

Was sind eigentlich die Aufgaben des Ordnungsamts?

Die Aufgaben des Ordnungsamts sind in Köln auf zwei Sachgebiete verteilt: den Verkehrs- und den Ordnungsdienst. Die Ermittler im Ordnungsdienst arbeiten dabei auf Grundlage des Polizei- und des Ordnungsbehördengesetzes. Sie sind unter anderem für Jugendschutz, Gaststätten-, Gewerbe- und Grünflächenkontrollen verantwortlich.

Mit Parkknöllchen haben sie aber zum Beispiel nichts zu tun. Die Befugnisse der Ermittler im Ordnungsdienst ähneln in Teilen denen der Polizei. Die drei wichtigsten Unterschiede: Sie greifen nicht in den fließenden Verkehr ein, sie dürfen nicht ohne Anlass Kontrollen durchführen, und sie benutzen keine Schusswaffen.

KStA abonnieren