Alte Liebe rostet nichtEric Bartels' Austin Healey vertreibt jede schlechte Stimmung

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Eric Bartels würde mit seinem Austin gern nach Hongkong fahren, aber eine Ausfahrt in Köln ist auch nicht zu verachten.

Eric Bartels würde mit seinem Austin gern nach Hongkong fahren, aber eine Ausfahrt in Köln ist auch nicht zu verachten.

Köln – Mit kernigem Sound geht es durch die Innenstadt, jede Beschleunigung ein Dröhnen im Ohr. Die Sonne scheint und es ist warm: beste Voraussetzungen für eine kleine Ausfahrt in einem Austin Healey mit offenem Verdeck. So eng die Mitreisenden in dem kleinen englischen Cabrio sitzen, so weit geht die Sicht gen Himmel. Kein Wunder, dass der Wagen für Besitzer Eric Bartels nahezu therapeutische Wirkung entfaltet. Aber der Brite mit den 148 PS kann schon mal fies sein. „Man nannte das Auto auch das Schwein“, sagt Bartels: „Weil er in Kurven ein grenzwertiges Fahrverhalten hat.“ Die Ausfahrt endet ohne ausbrechendes Heck. Das Schweinchen ist heute ein Sonnenscheinchen.

Deshalb habe ich ihn:

Oldtimer haben mich schon als Teenager fasziniert, aber ich habe mir erst einen geleistet, als ich Mitte der 1990er Jahre in Oxford studiert habe. Aus Trennungskummer habe ich mir damals einen MG Midget von 1972 gekauft, um mich abzulenken. Das war eine Rostlaube, hat aber unglaublich viel Spaß gemacht. Mein Traumauto war aber immer der Austin Healey, bei dem mich vor allem die geschwungene Seitenlinie begeistert. Und der verschrobene Charakter des Autos. Viele alte englische Autos sind mit gesundem Ingenieursverstand nicht zu erklären. Für einfache Probleme wurden oft komplizierte Lösungen gefunden. Der Austin Healey hat zum Beispiel ein Vierganggetriebe mit Overdrive, das heißt, für schnelle Fahrten konnte man eine zweite Übersetzung elektrisch zuschalten. Man hätte aber auch einfach ein Fünfganggetriebe einbauen oder die bestehenden vier Gänge besser auffächern können. Das hat aber auch etwas Liebenswürdiges. Das Leben besteht schließlich nicht nur aus Vernunft.

Das kann er:

Schlechte Stimmung vertreiben und jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Er bietet zwei Leuten ausreichend Platz, vier Leuten aber schon nicht mehr. Und er bewegt sich gern bis 130 km/h, darüber verlangt seine Straßenlage viel Mut. Aber er ist – untypisch für ein englisches Auto der 1960er Jahre – überraschend zuverlässig. Im Stich gelassen hat er mich nur auf der allerersten Fahrt von Nürnberg nach Köln, wo er nach 150 Kilometern mit einem kapitalen Motorschaden lieben blieb. Bei zwei Kolbenfressern war die Weiterfahrt nur mit Hilfe des Abschleppdienstes möglich.

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Das kann er nicht:

Das Verdeck ist nicht wirklich dicht, bei Regen bleibe ich zu Hause. Besonders gut bremsen kann er auch nicht, aber wie schon Enzo Ferrari sagte: Das Auto soll fahren und nicht stehen. Steile Garageneinfahrten und Aufpflasterungen zur Verkehrsberuhigung quittiert er gerne mit knirschenden Aufsetzern. Mit seinen zehn Zentimetern Bodenfreiheit muss man höllisch aufpassen, wo man herfährt. Kaum zu glauben, dass Leute früher mit einem Austin Healey die ganze Welt umfahren haben und der Wagen auch harte Rallyes wie die Lüttich-Rom-Lüttich gewonnen hat.

Das habe ich für ihn getan:

Ich habe ihn 2007 vom Vorbesitzer in Nürnberg gekauft und es war klar, dass er viel Liebe und Arbeit in Anspruch nehmen würde. Aber dass es so viel sein würde, hat mich überrascht. Den Motor habe ich in meiner Garage selbst überholt, danach wollte ich eigentlich nur ein paar oberflächliche Roststellen ausbessern. Aber die Neulackierung lediglich einzelner Karosserieteile hätte das ganze Farbbild ruiniert. Also habe ich sämtliche Blechteile abmontiert und dann zum Lackieren gebracht. Da sich einige Teile nicht abschrauben lassen, bin ich außerdem mit dem fast nackten Fahrgestell bei Nacht und Nebel zum Lackierer gefahren. Für die wenigen Menschen auf der Straße war das ein kurioses Bild. Unterm Strich habe ich etwa ein bis eineinhalb Jahre intensiv an dem Auto gepuzzelt, vor allem an den Wochenenden. Aber die Restaurierung war für mich fast ein meditativer Ausgleich zum Beruf. Ich kam sofort auf andere Gedanken. Es gibt kaum Befriedigenderes, als etwas instand zu setzen. Das heilt auch einen selbst.

Das haben wir erlebt:

Nach der Oldtimer-Schau auf Schloss Dyck habe ich mir mit dem Besitzer eines Triumphs TR 5 ein kleines Rennen geliefert. Schließlich waren der Triumph und der Austin in den 1960er Jahren direkte Konkurrenten. Als der Triumph-Fahrer vor einer Straßeneinmündung abbremste, konnte ich nicht schnell genug in die Eisen gehen. Seine Bremsen waren offensichtlich besser als meine. Es kam zum Alptraum eines jeden Oldtimerbesitzers – einem Auffahrunfall. Aber es stellte sich heraus, dass beide Autos komplett unbeschädigt waren, trotz des deutlichen Knalls. Die archaische Technik und die dicken Bleche haben den Aufprall locker weggesteckt. Mit meinem Audi A 6 wäre ich da mit Sicherheit mit einer kaputten Stoßstange in der Werkstatt gelandet.

Das haben wir vor:

Ich würde gerne mal die Tour Hamburg-Hongkong mit dem Austin fahren. Es gibt immer wieder Veranstalter, die diese oder ähnliche Routen organisieren. So etwas dauert gut drei Monate und ist eine Herausforderung für Mensch und Technik. Aber das muss warten, bis die Kinder aus dem Haus sind und der Job es zulässt. Und bis dahin sollte meine Frau auch ihre Tendenz zur Reiseübelkeit überwunden haben. Aber sie stammt aus Hongkong und so eine Tour wäre ein außergewöhnlicher Weg, um unsere Verwandten zu besuchen.

Steckbrief Austin Healey 3000 MK III

Baujahr: 1964 Hubraum (ccm): 2912 PS: 148 Zylinder: 6 km/h (max.): 190 Verbrauch: Ca. 20 Liter Gebaute Exemplare: 1390 Neupreis: 16520 D-Mark

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