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Ernährungsrat in KölnWerbung für Lebensmittel aus der Region

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Ein 30-köpfiger Ernährungsrat tagt künftig in Köln und befasst sich mit ernährungspolitischen Fragen.

  • In Köln soll künftig ein Gremium aus 30 Mitgliedern bezüglich ernährungspolitischer Themen zusammenkommen.
  • Es liegen bereits erste Konzepte vor, die umgesetzt werden sollen. Zum Beispiel der Aktionsmonat „Köln is(s)t“ für den kommenden September.

Köln – Köln bekommt einen Ernährungsrat. Das Gremium mit 30 Mitgliedern soll die Verwaltung bei Fragen in ernährungspolitischen Fragen beraten und Maßnahmen vorschlagen. Zu den Mitgliedern – zehn kommen aus der Wirtschaft, zehn aus der Zivilgesellschaft und zehn aus Verwaltung und Lokalpolitik – zählen unter anderem Wissenschaftler und Ernährungsexperten, Landwirte, Vertriebler, Gastronomen, Mitglieder von Ernährungs- und Gesundheitsinitiativen und Bildungseinrichtungen und Stadtentwickler. Die Namen werden am Montag im Rahmen der offiziellen Gründungsveranstaltung mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Landesumweltminister Johannes Remmel im Rathaus bekannt gegeben.

Vorbild in den USA

Der erste Ernährungsrat gründete sich 1982 im amerikanischen Knoxville. Mittlerweile gibt es in den USA und Kanada rund 200 solcher Gremien. Der Trend setzte sich zunächst im angelsächsischen Raum fort: Ein Gremium in London richtete etwa anlässlich der Olympischen Spiele 2012 an 2012 Orten in der Stadt Gemeinschaftsgärten ein, in denen Bürger selbst säen und ernten können. 2013 gründete sich in Rotterdam der erste niederländische Ernährungsrat.

Alles zum Thema Henriette Reker

Seine offizielle Gründung feiert der Kölner Ernährungsrat bei einer geschlossenen Veranstaltung am Montag, 7. März, ab 18.30 Uhr in der Piazzetta des Historischen Rathauses. Zum Auftakt spricht Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Mehr Anbauflächen in der Stadt

Bereits seit rund einem Jahr tagen vier Ausschüsse zu den Themen „Regionale Direktvermarktung“, „Ernährungsbildung und Schulverpflegung“, „Zukunft der Lebensmittelproduktion in der Stadt“ und „Veranstaltungen“. In den Ausschüssen sind je rund 30 Personen aktiv.

Oberstes Ziel des Ernährungsrates sei es, die regionale Landwirtschaft zu stärken – etwa indem mehr Anbauflächen in der Stadt geschaffen werden – das soll „die Lebensqualität der Bürger steigern“, sagt Initiator Valentin Thurn. Der 52-jährige Kölner Filmemacher hat sich 2011 in der Dokumentation „Taste the Waste“ kritisch mit der globalen Ernährungsindustrie und dem Thema Lebensmittelverschwendung auseinandergesetzt – und wollte etwas dagegen tun.

Woher die fehlende Wertschätzung für Essen kommt

2014 gründete er den Verein Taste of Heimat e.V. , der unter anderem die Plattform Foodsharing ins Leben gerufen hat. Mit Hilfe der Internetseite können Händler und Privatpersonen bereits abgelaufene, aber noch genießbare Lebensmittel verschenken. Im Zuge dessen habe er sich die Frage gestellt, woher die oft fehlende Wertschätzung für Essen komme, so Thurn.

Die Ursache sieht er in der globalisierten Lebensmittelproduktion, die „vom Menschen weggerückt ist“ und in der Standardisierung und Überzüchtung von Lebensmitteln, die zwar „schön aussehen, aber nach nichts schmecken.“ Dabei könne eine regional angebaute Aubergine, „die vielleicht nicht aussieht wie aus dem Bilderbuch“ viel schmackhafter sein als ein pralles, makelloses Exemplar.

Darum geht es dem Ernährungsrat

Ihm und den rund 200 weiteren Menschen, die sich für den Ernährungsrat engagieren gehe es um Geschmack – und Vielfalt. „Es gibt Hunderte Tomatensorten, im Supermarkt findet man um die sechs“, sagt er. Das soll sich in Köln ändern. Der Ausbau des Vertriebs regional produzierter Lebensmittel ist ein Hauptanliegen des Ernährungsrates. Schätzungen zufolge stammen knapp fünf Prozent der Produkte in Supermärkten aus regionaler Produktion, so Thurn. „Es wäre schön, wir könnten diese Zahl in Köln verdoppeln“, sagt er.

Genauso wie sich die Lebensmittelproduktion globalisiert habe, spiele sich auch die Ernährungspolitik „immer weiter oben“ – auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene ab. Der Ernährungsrat wolle die kommunalen Kompetenzen bestmöglich nutzen. Etwa in puncto Flächenplanung: Das Gremium werde sich dafür einsetzen, in der Stadt und im Umland Anbauflächen zu erhalten und zu schaffen, sagt Thurn. „Ich kann mir vorstellen, dass es bald schon viel mehr urbane Nutzgärten, auch auf Hausdächern, gibt.“ Dazu müssten etwa Bauvorschriften angepasst werden. Ein weiteres Ziel des Ernährungsrates sei, eine gesunde und regionale Essensversorgung in Großküchen zu etablieren.

Aktionsmonat geplant

Die konstituierende Sitzung des Ernährungsrates fand bereits im März 2015 statt – kurz darauf fanden unter anderem auch in Berlin und Kassel ähnliche Initiativen zusammen. „Aber wir waren in Deutschland die ersten“, sagt Thurn. Henriette Reker sprach dem Projekt bereits während ihres Wahlkampfes ihre Unterstützung aus. Die Stadt habe dem Verein Taste of Heimat im ersten Jahr eine Koordinationsstelle auf Minijob-Basis finanziert, so Thurn. Wenn am Montag die offizielle Gründung stattfindet, dann lägen deshalb schon einige Konzepte vor, die bald umgesetzt werden sollen.

Der September etwa solle zum Aktionsmonat „Köln is(s)t“ ausgerufen werden, sagt Thurn, der den Ausschuss „Veranstaltungen“ leitet. Zur Eröffnung sollen sich auf einem „Markts der Möglichkeiten“ auf dem Rudolfplatz Initiativen aus der Stadt und dem Umland vorstellen und in Dialog mit den Bürgern, den Konsumenten, kommen. Man fange in Köln nicht bei Null an, sagt Thurn, „es gibt schon viele gute Initiativen, wir wollen sie sichtbarer machen.“

www.ernährungsrat-köln.de

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