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Erzbistum KölnKommunikationsdirektor gibt sein Amt nach Twitter-Panne auf

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Ansgar Mayer (1)

Ansgar Mayer

Köln – Stühlerücken in der Führungsspitze des Erzbistums Köln: Kommunikationsdirektor Ansgar Mayer gibt überraschend sein Amt auf. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus sicherer Quelle vorab erfuhr, soll das Beschäftigungsverhältnis des 1972 geborenen promovierten Medienwissenschaftlers zum 31. Dezember enden. Mayer habe der Bistumsleitung seinen Kündigungsentschluss vor wenigen Tagen übermittelt.

Umstrittene Tweets

Hintergrund sind offenbar umstrittene Kurzmitteilungen Mayers auf der Nachrichtenplattform Twitter zum Ausgang der Bundestagswahl. Auf Anfrage wollten sich weder Mayer noch das Erzbistum zu der Kündigung äußern.

Allerdings wurde  eine ursprünglich erst  für Mittwoch bzw. Donnerstag geplante interne Information der Mitarbeiter vorgezogen und am Montagnachmittag auch eine entsprechende Pressemitteilung versandt. In dieser hieß es lapidar, Mayer wolle sich auf neue Aufgaben in Hamburg konzentrieren. Dort hat seine Familie ihren Lebensmittelpunkt.

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

Dem Vernehmen nach hatte sich Kardinal Rainer Woelki, der Mayer 2016 nach Köln holte, zwar verstimmt über dessen Tweets geäußert, war aber entschlossen, seinem obersten Öffentlichkeitsarbeiter die Stange zu halten.

„Das stehen wir gemeinsam durch“, soll Woelki zur Kritik gesagt haben, die sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in der kirchlichen Öffentlichkeit sowie auf rechtsgerichteten Internetplattformen laut wurde.

Auf Distanz gegangen

Einen von Mayer angebotenen Rücktritt habe der Kardinal zunächst abgelehnt, sich der Kündigung am Ende aber auch nicht mehr widersetzt. Andere einflussreiche Kräfte in der Bistumsleitung seien in den vergangenen Wochen so deutlich auf Distanz zu Mayer gegangen, dass dieser das für seine Aufgabe nötige Vertrauensverhältnis als nicht mehr gegeben angesehen habe, hieß es.

So habe Generalvikar Dominik Meiering, Woelkis rechte Hand und Chef der Bistumsverwaltung, den Kommunikationsdirektor mit dem dringenden Wunsch konfrontiert, seine Accounts auf Twitter und Facebook künftig nicht mehr zu nutzen.

Zudem soll Mayer nicht damit einverstanden gewesen sein, dass ihm im Zuge von Sparmaßnahmen bereits vor dem aktuellen Konflikt eine mehr als zehnprozentige Kürzung seines Etats auferlegt wurde, die den Handlungsspielraum seiner Hauptabteilung im Generalvikariat deutlich einschränkt.

Millionen für die Öffentlichkeitsarbeit

Für Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit im Erzbistum soll derzeit ein Gesamtvolumen im höheren einstelligen Millionenbereich zur Verfügung stehen. Erst in der vorigen Woche hatte das Erzbistum in seiner Bilanz für das Wirtschaftsjahr 2016 einen Gewinn von 37 Millionen ausgewiesen. Das Gesamtvermögen auf Ebene des Bistums stieg um 126 Millionen auf 3,6 Milliarden Euro.

Meiering war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Er hält sich derzeit im südeuropäischen Ausland auf. In der vom Erzbistum versandten Mitteilung wird er mit den Worten zitiert: „Es tut uns leid, dass Dr. Mayer uns verlässt. Mit ihm ist es uns gelungen, namentlich mit dem Newsdesk eine Unternehmenskommunikation auf der Höhe der Zeit aufzubauen.“

Mayer war nach Tätigkeiten unter anderem in der Journalistenausbildung des Axel Springer Verlags, bei „Computer Bild“ sowie in der Unternehmensberatung Anfang 2016 nach Köln gekommen.

„Newsdesk“ als wichtigstes Projekt

Der erst vor kurzem eröffnete „Newsdesk“ als zentrale Steuerungseinheit für alle Informationen über die katholische Kirche in der Region war eines seiner wichtigsten Projekte. Aus dem Transport eines Flüchtlingsboots von Italien nach Köln machte Mayer ein öffentlich weithin beachtetes, aber auch scharf kritisiertes Medienereignis.

Mit Interviews und Kolumnen, unter anderem im „Stern“, positionierte er Woelki – zusammen mit dem domradio -  regional und überregional als deutlich vernehmbare Stimme in der Flüchtlingspolitik.

Empörung weit über die Bistumsgrenzen hinaus löste nach der Bundestagswahl am 24. September besonders ein Tweet aus, in dem Mayer auf das starke Abschneiden der AfD in Sachsen Bezug nahm und dem benachbarten Tschechien vorschlug, den dort produzierten Atommüll doch gegen den Freistaat einzutauschen.

Außerdem brachte Mayer AfD-Chef Alexander Gauland wegen dessen Äußerungen mit den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen gegen NS-Größen nach dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung.

Polemische Formulierungen

Mayer bedauerte später, dass solche nach eigenem Bekunden satirisch gemeinten und – wie er einräumte – auch polemischen Formulierungen viele Leser verärgert und verletzt habe, besonders in der betroffenen Region.

Ihm wurde überdies vorgeworfen, die von ihm selbst für die öffentliche Kommunikation von Mitarbeitern des Erzbistums erstellten Regeln zu einem respektvollen Umgang im Internet missachtet zu haben.

Klare Position gegen Rechtspopulismus

Im Grundsatz beharrte Mayer aber darauf, dass auch und gerade die katholische Kirche mit deutlichen Worten und klaren Positionen  gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus Stellung beziehen müsse. Hierüber, so hieß es, seien Mayer und Woelki einer Meinung. Mayer wolle mit seiner Kündigung weiteren Angriffen auch auf den Kardinal die Grundlage entziehen. „Da begann sich ein Stellvertreterkrieg zu entwickeln, der mit dem Ausscheiden Mayers aus dem Bistumsdienst hoffentlich beendet sein wird“, sagte ein Insider.

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