Abo

FlüchtlingeKölner Turnhallen bleiben zunächst Unterkünfte

Lesezeit 4 Minuten
Turnhalle

Die Turnhalle des Schul­zen­trums Weiden.

Sind überhaupt schon Hallen geräumt worden?

Ja. Die Stadt hat im Juli drei Hallen freigegeben: die Halle der Grundschule Görlinger Zentrum in Bocklemünd, die des Hans-Böckler-Berufkollegs in Deutz sowie zuletzt am  Montag die Halle der Ursula-Kuhr-Schule in Heimersdorf.

Die beiden ersten Hallen waren Reserve-Unterkünfte, die die Stadt zwar eingerichtet, aber nie belegt hat. Auch die Halle in Heimersdorf stand in den vergangenen Monaten leer und war nur zeitweise von bis zu 50 Flüchtlingen bewohnt.

Sind die Hallen wieder uneingeschränkt nutzbar?

Teils, teils. Während die Halle in Heimersdorf ab sofort wieder voll zur Verfügung steht, bestehen in den beiden anderen  Beschränkungen. Sie  gehören zu den 79 Kölner Turnhallen, in denen die sogenannten „Sauerkrautdecken“ verbaut wurden. Sie gelten inzwischen als Sicherheitsrisiko und waren deshalb vor der Sperrung entfernt worden.

Eine Sanierung ist erst für die Herbstferien geplant. Bis dahin sind alle Ballsportarten inklusive Tischtennis verboten. Für Klaus Hoffmann vom Stadtsportbund ist das überaus unbefriedigend: „Die Probleme mit den Sauerkrautdecken sind seit zehn Monaten bekannt. Warum dauert die Sanierung so lange und warum konnte die Stadt sie nicht zeitgleich mit der Räumung angehen?“.

In der Deutzer Halle droht zudem noch eine weitere Sperrung: Dort muss nach Angaben der Gebäudewirtschaft der schon länger sanierungsbedürftige Boden ausgetauscht werden; die Arbeiten sind für die Osterferien 2017 geplant.

Gibt es einen Plan, wann  die übrigen Hallen freigegeben werden, und was kostet der Rückbau?

Die Stadt hat eine Rangfolge entwickelt, welche Hallen sie zuerst räumen will (siehe nächste Seite). Was den konkreten Zeitplan angeht, legt sich die Stadt weiterhin nicht fest. „Wann wir weitere Hallen freigeben können, hängt von den Flüchtlingszahlen ab – und davon, ob unsere neuen Unterkünfte wie geplant fertig werden“, sagt Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig. Frühestens Mitte August, wenn der zweite Standort für Leichtbauhallen in Mülheim bezugsfertig sei, könne man über weitere  Räumungen nachdenken. Eine Gewähr gebe  es dafür aber nicht.

Immerhin hat die Stadt bereits im Vorgriff  die ersten drei Hallen auf der Rangliste besichtigt und eine Kostenkalkulation für den Rückbau erstellt. Demnach rechnet die Verwaltung für diese drei sowie für die  bereits geräumten Hallen mit Kosten in Höhe von 95.000 Euro. Die Sanierungen sollen jeweils innerhalb von drei bis vier Wochen abgeschlossen sein.

Was bedeutet das für Schulen und Vereine?

„Dass wir keinen Zeitplan haben, macht die Situation für die Vereine extrem schwierig“, sagt etwa Lars Görgens vom DJK Wiking aus Chorweiler. „Wenn wir Kurse verlegen oder ganz absagen müssen, warten die Mitglieder  eine Weile. Doch wenn sie nicht wissen, wie es weitergeht, treten sie irgendwann aus.“ Der Verein hatte laut Görgens im vergangenen Halbjahr rund 25 Prozent mehr Austritte zu verzeichnen als üblich.

Von einer 30-köpfigen Judo-Kindergruppe seien gerade einmal acht Kinder übrig, eine Tanzgruppe musste ganz geschlossen werden. Vor allem Kinder könnten den Umzug in eine Halle im benachbarten Stadtteil häufig nicht mitmachen. Hinzu kommen gesunkene Beitrittszahlen in ähnlicher Größenordnung. „Für uns sind aber hohe Mitgliederzahlen überlebenswichtig, nur so können wir unsere niedrigen Beitragssätze halten.“ Ähnliches berichten viele der rund 100 betroffenen Kölner Sportvereine.

Andere Städte haben ihre Turnhallen längst wieder  freigegeben. Warum klappt das in Köln nicht?

Zwar kommen deutlich weniger Flüchtlinge nach Köln als  noch in den Wintermonaten 2015/16 – derzeit bringt die Stadt 13700 Menschen unter. Dennoch, so argumentiert die Verwaltung, stellt sich  die Situation hier anders dar  als in anderen Kommunen. Weil die Stadt ihre Zuweisungsquote im vergangenen Jahr nicht erfüllt  hat, besteht noch immer ein  erheblicher Nachholbedarf.

Laut einer Vereinbarung mit der Bezirksregierung muss Köln deshalb  noch bis September pro Woche 150 Neuankömmlinge aufnehmen. Die Stadt geht davon aus, dass dann das Defizit abgebaut ist. Anschließend würde wieder der reguläre Zuweisungsschlüssel von 5,46 Prozent aller in NRW ankommenden Flüchtlinge zum Tragen kommen.

Wie geht es weiter?

Der Bau der Leichtbauhallen, die die Plätze in den Turnhallen ersetzen sollen, geht nur schleppend voran. Von den mindestens zehn geplanten Standorten ist erst einer fertig. Die Bauarbeiten am Luzerner Weg in Mülheim sind immerhin weit fortgeschritten, die Hallen können Mitte August bezogen werden.

Am dritten Standort am Butzweilerhof in Ossendorf haben dagegen gerade erst die Kanalarbeiten begonnen. Die Stadt rechnet mit einer Fertigstellung „noch in diesem Jahr“. Die Verwaltung hat zudem sieben Flächen für Leichtbauhallen und weitere vier für den Bau anderer Unterkünfte vorgeschlagen, die nun aber erst noch auf ihre Eignung hin geprüft werden müssen.

In dieser Reihenfolge sollen die Turnhallen freigegeben werden

In der Prioritätenliste der Stadt sind einige Plätze zwei Mal vergeben. In diesen Fällen liegen die Hallen in der zugrundeliegenden Punktewertung gleich auf.

  • 1. Herler Ring , Buchheim (200 Plätze)
  • 2. Heerstraße, Zündorf (345 Plätze)
  • 3. Niehler Kirchweg, Nippes (200 Plätze)
  • 4. Kolkrabenweg , Vogelsang (200 Plätze)
  • 4. Vogelsanger Straße, Neustadt-Nord (200 Plätze)
  • 6. Reitweg, Deutz (196 Plätze)
  • 7. Ostlandstraße, Weiden (200 Plätze)
  • 8. Kantstraße, Kalk (120 Plätze)
  • 9. Dorotheenstraße, Porz (200 Plätze)
  • 9. Westerwaldstraße, Humboldt-Gremberg (200 Plätze)
  • 11. Am Portzenacker, Dünnwald (66 Plätze)
  • 12. Beuthener Straße, Buchheim (200 Plätze)
  • 13. Nesselrodestraße, Niehl (72 Plätze)
  • 14. Soldiner Straße, Lindweiler (160 Plätze)
  • 15. Burgwiesenstraße, Holweide (200 Plätze)
  • 16. Escher Straße, Bilderstöckchen (200 Plätze)
  • 17. Hermesgasse, Niehl (80 Plätze)
  • 18. Mainstraße, Rodenkirchen (200 Plätze)
  • 19. Kopernikusstraße, Buchforst (130 Plätze)
  • 20. Merianstraße, Seeberg (94 Plätze)
  • 21. Rochusstraße, Bickendorf (72 Plätze)
  • 22. Im Kamp, Widdersdorf (78 Plätze)
  • 23. Lindenbornstraße, Ehrenfeld (50 Plätze)
  • 24. Schulstraße, Pesch (80 Plätze)
KStA abonnieren