Flughafen Köln/BonnBund will seine Anteile loswerden

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Der Flughafen Köln/Bonn bei Nacht.

Der Flughafen Köln/Bonn bei Nacht.

Köln – Die Nachricht hatte gehörige Sprengkraft. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass der Bund seine Anteile von knapp 30,1 Prozent am Flughafen Köln/Bonn verkaufen will (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete). Hintergrund ist, dass sich Berlin von Beteiligungen trennen möchte, an denen kein zwingendes Interesse mehr besteht, wie eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums bestätigte. Schließlich soll der Staat nur noch dort tätig sein, wo er unbedingt gebraucht wird.

Was kann passieren?

Die Pläne eröffnen ein politisches Minenfeld, denn die Anteilseigner haben ganz unterschiedliche Interessen. Zudem ist der Verkauf rechtlich brisant. Und auch für die Zukunft des erfolgreichen Airports würde die Veräußerung Unsicherheiten mit sich bringen. Folgende Szenarien sind denkbar:

Grundsätzlich bekunden Stadt und Land, dass beide kein großes Interesse daran haben, dass der Bund als Anteilseigner aussteigt. „Wir sind der Auffassung, dass für den Flughafen als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge die bisherigen Eigentumsverhältnisse die richtigen sind“, sagte Martin Börschel, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kölner Rat und Abgeordneter des Landtages. Viele Ratspolitiker sind zudem der Auffassung, dass der Bund seine Anteile nur mit der Zustimmung Kölns veräußern darf, sprich Stadt oder auch Land haben ein Vetorecht.

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Köln und NRW haben zugestimmt

In Berlin sieht man das anders. Hintergrund ist eine Erklärung, die der ehemalige Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) zusammen mit dem damaligen NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) im Jahr 2009 abgegeben hat und um deren rechtliche Belastbarkeit seitdem gestritten wird. Demnach stimmen Köln und NRW einem Verkauf bis 2019 zu, allerdings unter der Voraussetzung, dass beiden ein Vorkaufsrecht bei den Bundesanteilen eingeräumt wird.

Ob Veto oder nur Vorkaufsrecht – wenn der Bund unbedingt verkaufen will und sich Köln querstellt, wird ein Gericht die Frage klären müssen, was nun gilt. „Die damalige Vereinbarung durch Oberbürgermeister Schramma ist nicht rechtmäßig zustande gekommen. Deshalb plädieren wir im Ernstfall dafür, dies auch juristisch anzugreifen“, sagt Martin Börschel. Eine Einschätzung, die auch Jörg Frank, Grüne-Fraktionsgeschäftsführer im Rat, teilt, aber eher für unwahrscheinlich hält. Die Folge wäre vermutlich ein längerer Rechtsstreit.

Der Wert des Flughafen steigt

Voraussetzung für einen Verkauf ist die Klärung der Frage, was die Bundesanteile wert sind. Auch hier zeichnet sich ein möglicher Konflikt ab. Der Bund möchte dem Vernehmen nach eine Investmentbank mit dem Gutachten beauftragen. Das Land hingegen will eine Einschätzung durch einen Wirtschaftsprüfer, weil man befürchtet, dass erstere den Wert höher beziffert. Bereits vor einigen Jahren wurde versucht, den Wert der Anteile zu ermitteln. Damals wurde er auf rund 150 Millionen Euro taxiert. Mittlerweile dürfte er aber weiter gestiegen sein.

Sollte der Bund Druck machen, um einen Verkauf noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr über die Bühne zu bringen, kann er formal ein Verkaufsverfahren einleiten. Ab diesem Zeitpunkt würde eine Frist von vier Monaten beginnen. Auch dies wurde in dem Schramma-Wittke-Papier festgelegt.

Die Stadt Köln und das Land könnten von ihrem Vorkaufsrechts Gebrauch machen. Wer allerdings wie viel bekommt, ist vertraglich nicht festgelegt, sondern nur, dass die Anteile vollständig verkauft werden sollen. Das heißt, Stadt und Land müssten sich einigen.

Köln will die Oberhand behalten

Dass beide Seiten Interesse an einer möglichst großen Einflussnahme auf den Flughafen haben dürften und einen privaten Investor verhindern wollen, hört man sowohl aus Düsseldorf als auch aus dem Kölner Rat. „Wenn wir den Verkauf nicht verhindern können, dann müssen wir zumindest unser Vorkaufsrecht ausschöpfen“, sagt Bernd Petelkau, Partei- und Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat. „Es ist im Interesse der Stadt, die weitere Entwicklung des Flughafens maßgeblich mitzugestalten. “

Allerdings ist der Anteilskauf mit erheblichen Kosten verbunden – nicht ganz einfach bei klammer Kassenlage. Erschwerend hinzu kommt, dass auch die kleinen Anteilseigner Bonn sowie Rhein-Sieg-Kreis und Rheinisch Bergischer Kreis Ansprüche anmelden könnten, ihre Anteile aufzustocken. Da dort die Dichte an unter Fluglärm leidenden Anwohnern hoch ist, würde damit der Einfluss der kritischen Stimmen größer. Allerdings ist längst nicht klar, dass sie zukaufen könnten, denn Stadt und Land können die Kleinen laut Schramma-Wittke-Papier berücksichtigen, müssen es aber nicht.

Land und Köln müssen zusammenarbeiten

Kürzlich machten Gerüchte die Runde, dass das Land bereits in intensiven Gesprächen mit dem Bund sei, während die Stadt Köln in ihrer Blockade-Haltung verharrt. Dies will zwar niemand offiziell bestätigen, von Seiten des Landes heißt es lediglich, es liefen Gespräche.

Zu Einzelheiten, also etwa wer am Tisch sitzt, könne nichts gesagt werden. Aber wäre ein denkbar, dass das Land sich eine Mehrheit von über 60 Prozent sichert? „Sicher kann das Land hinter unserem Rücken mit dem Bund verhandeln, aber es wird die Anteile nicht ohne Köln kaufen können. Fakt ist aber, dass Vertreter der Stadtspitze an Gesprächen teilnehmen“, sagt Grüne-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank.

Denn eine Änderung des Gesellschaftervertrags des Flughafens sei nur mit einer Dreiviertel-Mehrheit möglich.

Sollten sich Land und Stadt innerhalb der Vier-Monatsfrist nicht einigen, kann der Bund seine Anteile auch privaten Investoren anbieten. Einer der Interessenten aus der Airline-Branche dürfte sicher die Lufthansa sein. Der Branchenriese hat in der Vergangenheit mit der Billigfluggesellschaft Germanwings in Köln/Bonn einen völlig neuen Geschäftszweig entwickelt und mit der Eurowings, die günstige Langstreckenverbindungen anbietet, das Engagement in der Wahner Heide noch einmal deutlich verstärkt. Der Kauf von Flughafenanteilen gehört bei der Lufthansa zum Geschäft: In München ist sie an der Terminalgesellschaft beteiligt, an der Frankfurter Flughafen AG direkt mit zehn Prozent. Dabei verfolgt die Lufthansa keine Profitmaximierungs-, sondern strategische Interessen.

Auch große Frachtunternehmen wie etwa Fedex oder UPS kommen als Interessenten in Frage. Da ihre Maschinen im Gegensatz zu den Passagierflugzeugen häufiger nachts abheben, dürfte ein Einstieg beim Airport die Lärmschützer wenig freuen. Denkbar wäre auch ein Verkauf an einen reinen Finanzinvestor, etwa einen Fonds, der dann keine strategischen Interessen verfolgt, sondern vor allem Interesse an einer ordentlichen Rendite haben dürfte, was wiederum den Druck auf den Flughafen erhöhen könnte.

Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass sich kurzfristig erst einmal gar nichts ändert. Dafür spricht in erster Linie, dass im kommenden Jahr sowohl im Land als auch im Bund gewählt wird. Da der Anteilsverkauf zahlreiche Konfliktpotenziale bietet, dürfte kaum eine Partei ein Interesse daran haben, sich mitten im Wahlkampf ein öffentliches Gezerre um den Airport zu liefern.

Köln/Bonn in Zahlen

Insgesamt 10,3 Millionen Passagiere hat der Flughafen im Jahr 2015 gezählt. Damit liegt er bundesweit auf Platz sieben. Der Umsatz lag im Vorjahr bei 297 Millionen Euro, der Gewinn bei fünf Millionen. Auf dem Airport arbeiten mehr als 13 000 Menschen, in der Region hängen etwa 26 000 Jobs vom Flughafen ab. (cos)

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