Erste Frau in Winzer-Vorstand„Männer sitzen abends einfach mal länger an der Theke“

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Meike Näkel (l.) und  ihre Schwester Dörte in ihren Weinbergen an der Ahr.

  • Mit Meike Näkel wurde in der 100-jährigen Geschichte des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter erstmals eine Frau in den Vorstand gewählt.
  • Im Interview spricht sie über ihre neue Aufgabe im VDP-Präsidium, Veränderungen im Winzerberuf und die Vorzüge im Familienbetrieb an der Ahr zu arbeiten.
  • Außerdem stellt sie ihre Lieblingsweine vor.

Meike Näkel führt mit ihrer Schwester Dörte das Weingut Meyer-Näkel an der Ahr. Sie hat an der Hochschule Geisenheim Weinbau studiert und ist vor 15 Jahren in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Sukzessive hat sie mit ihrer Schwester die Verantwortung in Weinberg und Keller übernommen. Im Juni diesen Jahres wurde Meike Näkel als erste Frau in das Präsidium des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) gewählt.

Damit ist sie die erste Frau im Vorstand in der über 100-jährigen Geschichte des renommierten Verbandes. Der VDP vereint 197 deutsche Spitzenwinzer. Mit einer eigenen Klassifikation und vielen innovativen Neuerungen ist der VDP der Taktgeber für Qualitätsweinbau in Deutschland. Wir treffen Meike Näkel an einem Freitagnachmittag im Weingut in Dernau, zwischen zwei Terminen. Sie kommt gerade von einer Schulaufführung ihrer mittleren Tochter und gleich danach geht es in den Keller. Die Ernte ist abgeschlossen und der neue Jahrgang will auf die Fässer gezogen werden.

Frau Näkel wie wird man Präsidiumsmitglied beim VDP?

Es gibt in unserer Satzung keine Vorgaben hierfür. Im Turnus von drei Jahren werden Präsident und Präsidium von der Mitgliederversammlung neu gewählt. De facto machen sich Vorstand und Präsident vorab Gedanken, mit wem man sich eine konstruktive Zusammenarbeit vorstellen kann, wen man für das Ehrenamt in VDP begeistern kann, sich mit seinen Visionen und Stärken einzubringen. Und aktuell spielte auch das Thema Verjüngung bzw. nächste Generation eine Rolle.

Was sind die Aufgaben des VDP Präsidiums?

Die sechs Vizepräsidenten unterstützen im Vorstand den Präsidenten. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Regionen, damit bereits in diesem Gremium die unterschiedlichen Bedürfnisse der Regionen immer mitgedacht werden können.

Wir entwickeln den Verband weiter und arbeiten an unseren Qualitätsstandards, Arbeitskreise werden gegründet. Derzeit geht es zum Beispiel um ein VDP-Sekt-Statut. Viele Winzer beschäftigen sich mit der Erzeugung erstklassiger Schaumweine.

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Meike Näkel hat mit ihrer Schwester das Weingut des Vaters übernommen.

Wir wollen innerhalb des Verbandes eigene Standards und Klassifizierungen dafür definieren, um auch bei diesem Thema qualitative Vorreiter zu sein. Außerdem gibt es auf politischer Ebene die Bestrebungen das deutsche Weingesetz zu reformieren.

Hier freuen wir uns als VDP, dass das Thema Herkunft zukünftig eine große Rolle spielen wird und unterstützen gerne mit unseren Ideen auf dem Weg dorthin. Im VDP arbeiten wir schon über 20 Jahre an der Klassifizierung der besten Weinberge.

Ein Viertel der Betriebe ist ökologisch zertifiziert

In Zeiten des Klimawandels spielen da Umweltthemen auch eine Rolle

Natürlich! Es sind ja mittlerweile ein Viertel der knapp 200 VDP Betriebe ökologisch zertifiziert. Viele weitere arbeiten daran. Aber auch für die, die aus verschiedenen Gründen nicht auf biologische Anbauweise umschwenken möchten oder können, wollen wir eigene Nachhaltigkeitsstandards definieren.

Nachhaltigkeit ist ja mittlerweile so ein leeres Wort wie Wellness... 

Wir wollen auf keinen Fall irgendeine Augenwischerei betreiben. Wir sind dabei ein VDP-eigenes Wertversprechen zum Thema Nachhaltigkeit zu erarbeiten. Angefangen beim Pflanzenschutz bis hin zur Mitarbeiterführung. Dabei ist uns übrigens besonders wichtig, dass auch soziale Aspekte zum Thema Nachhaltigkeit gehören, genauso wie Meilensteine, die große Auswirkung auf die Umwelt haben.

„Heute gibt es viel mehr Frauen in der ersten Reihe als noch vor 20 Jahren“

Jetzt sind Sie in der über 100-jährigen Geschichte die erste Frau im Präsidium. Warum hat das so lange gedauert?

Keine Ahnung (lacht). Es werden ehrlich gesagt nicht zu oft Plätze im Vorstand frei. Ich konnte nachrücken, weil langgediente Mitglieder in den Ruhestand gingen. Aber es gibt schon auch einen Wandel in den Betrieben. Heute gibt es viel mehr Frauen in der ersten Reihe als noch vor 20 Jahren. Daher ist es an der Zeit gewesen eine Frau zu berufen.

Liegt es vielleicht auch an den Frauen selber, dass Sie nicht nach höheren Ämtern streben? Auch wegen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Ich habe schon überlegt, ob ich das Amt annehmen soll. Ich habe drei Kinder und ein Weingut zu organisieren. Mein Mann Markus Klumpp ist zwar auch Winzer, sein Betrieb liegt aber in Baden, was die Sache noch sportlicher macht.

Man kann also durchaus von der „Rush Hour“ des Lebens sprechen. Wir haben das in der Familie besprochen und beschlossen, dass ich für diese Aufgabe die nötige Unterstützung bekomme. Schließlich hat mich die Arbeit im VDP dann doch sehr gereizt.

Was hat Sie gereizt an der Arbeit im Verband?

Einmal die Möglichkeit mitgestalten zu können. Dann habe ich viel mehr Einblick was die Mitglieder in den einzelnen Regionen bewegt. Das finde ich sehr interessant. Außerdem habe ich jetzt die Möglichkeit den Spätburgunder, der hier an der Ahr die Hauptrolle spielt, mehr in den Fokus zu rücken.

Geht es auch um Netzwerke?

Natürlich auch. Netzwerke helfen einem immer wieder weiter.

Sind Männer die besseren Netzwerker?

Nein, ich glaube nicht. Die haben es nur in manchen Situationen manchmal einfacher. Die sitzen abends einfach mal länger an der Theke. Da bin ich schon längst wieder zu Hause bei den Kindern. (lacht)

Meike Näkels Empfehlungen

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Meike Näkels Empfehlungen.

Saftiger Spätburgunder

„Das ist mein Liebling“, sagt sie dazu. „Der Blauschiefer präsentiert für mich die Region Ahr mit ihren Schieferböden und Steillagen.“ In der Nase zeigen sich intensive Aromen von dunklen Beeren, saftigen Kirschen, Toast, Schieferwürze, und Kräuter. Am Gaumen ist der Wein sehr saftig. Die Gerbstoffe sind moderat und abgerundet. Die angenehme Säure balanciert die vollmundige Frucht und im Finish zeigt sich eine filigrane Mineralität. Es ist ein saftiger Spätburgunder, der seine Herkunft verrät und den man in großen Schlucken einfach gerne trinkt.

2017 Blauschiefer Spätburgunder trocken / 21 Euro / 13,5% vol. Alkohol

Weißwein aus roten Trauben

„Dieser Wein steht für eine Odyssee“ ,lacht Meike Näkel. „Wir waren 1988 die Ersten, die Weißwein aus roten Trauben kelterten. Das Weingesetz hat das allerdings nicht vorgesehen“, erzählt sie weiter. Mittlerweile ist der Begriff „Blanc de Noir“ geduldet und ein großer Trend an der Ahr. Es ist ein feiner Weißwein mit delikaten Aromen von roten Beeren, Steinobst, etwas Toast und Hefearomen. Am Gaumen spricht einen der feine Schmelz sofort an. Die Säure ist angenehm frisch, der Wein ist trocken ausgebaut und mittelgewichtig und verfügt über ein langes, mineralisch wirkendes Finish. Es ist ein ungewöhnlicher Weißwein, der Anspruch mit Trinkfreude verbindet.

2018 Illusion trocken / 12,50 Euro / 12,5% vol. Alkohol

Bezugsquelle: Weingut Meyer-Näkel / Friedenstraße 15 / 53507 Dernau www.meyer-naekel.de

War das eigentlich von vornherein klar, dass Sie den Betrieb übernehmen?

Ich denke mein Vater war sehr überrascht. Mit zwei Töchtern hat er nie daran gedacht, dass einer von uns den Betrieb weitermachen könnte. Jetzt arbeiten wir beide im Weingut und er findet es einfach super.

Sie sind 2005 im Weingut eingestiegen und haben nach und nach Verantwortung übernommen. Welche Akzente haben Sie gesetzt? 

Ich habe im Weinberg viel verändert. Vor allem ernten wir heute viel früher. Zu meines Vaters Zeiten hat man noch um Reife gekämpft. Da hat man sich über jedes Gramm mehr an Zucker in den Trauben gefreut. In Zeiten des Klimawandels hat sich das komplett gewandelt.

Wir schauen heute auf die Säurewerte. Außerdem habe ich die Kellerorganisation verändert. Ich habe es mir leichter gemacht. Wir sind heute so organisiert, dass man alles mit dem Gabelstapler anheben und bewegen kann. Früher hat man bei uns im Keller viel mehr Muskeln gebraucht. Als nächstes will ich an unseren Sektqualitäten schrauben. Es gibt also immer was zu tun.

„Es gibt keinen schöneren Beruf“

Ist ein Familienbetrieb von Vorteil, um Beruf und Kinder zusammenzubringen?

Wenn man als Mutter arbeiten will, ist die Selbständigkeit per se super. Auch weil man sich die Zeit einfach besser einteilen kann. Außerdem arbeiten wir als Familienverbund zusammen. Meine Mutter und meine Schwester unterstützen mich sehr bei der Kinderbetreuung, meine Schwester hat auch zwei Kinder im gleichen Alter. Unsere beiden Männer arbeiten ebenfalls selbstständig. Einer von uns findet sich immer, der die Herde beaufsichtigen kann.

Wenn Sie noch einmal wählen könnten, würden Sie wieder Winzerin werden?

Auf jeden Fall! Es gibt für mich keinen schöneren Beruf.

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