Gerecht verteilt?Wo Flüchtlinge in Köln leben

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Symbolbild

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  • Besonders viele Flüchtlinge leben in Deutz, Kalk, Ossendorf, Weiden und Junkersdorf.
  • In den so genannten besseren Stadtteilen wie Klettenberg, Marienburg und Hahnwald sind kaum Asylbewerber untergebracht.

Köln – Lange galten die Zahlen als geheime Verschlusssache: Wie viele Flüchtlinge in welchem Stadtteil leben, wollte die Stadtverwaltung lieber nicht so genau aufschlüsseln. Zu groß war die Sorge vor einer Neiddebatte. Doch die ist längst entbrannt.

Die Frage, ob es denn nun wirklich gerecht zugeht bei der Verteilung der Flüchtlinge und der damit verbundenen Lasten, treibt viele Bürger und Bezirksvertretungen um, spätestens seit die ersten Turnhallen gesperrt wurden. Nun hat das Wohnungsamt die Zahlen auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ doch herausgerückt.

In diesen Veedeln leben kaum Flüchtlinge

Sie zeigen zweierlei: Tatsächlich gibt es Veedel, in denen kaum ein Flüchtling untergebracht ist, und dazu zählen auch die so genannten besseren Stadtteile wie Hahnwald, Marienburg, Lindenthal, Braunsfeld, Müngersdorf und Klettenberg. Die Verwaltung begründet dies mit den fehlenden Flächen: „Es gibt dort keine geeigneten Areale, die groß genug und im Besitz der Stadt sind“, sagt Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig. So habe man etwa ein Grundstück im Hahnwald geprüft, das aber wegen des Lärms der nahen Autobahn ausschied. Andere Flächen schieden aus, weil sie im Landschaftsschutzgebiet liegen. Ludwig verweist darauf, dass auch sozial schwachen Stadtteile wie etwa Vingst oder Meschenich keine Flüchtlinge zugeteilt wurden. „Wir haben darauf verzichtet, um sie nicht noch mehr zu belasten.“

Zum anderen zeigen die Zahlen, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt. Stadtteile, die derzeit nur unter ferner liefen notieren, können durch den Bau neuer Unterkünfte schnell in den zweistelligen Prozentbereich geraten. Beispiel Lind: Derzeit sind dort 20 Flüchtlinge untergebracht, knapp 0,6 Prozent der Einwohnerschaft. Sollte dort, wie es derzeit geprüft wird, eine Einrichtung für 400 Menschen entstehen, würde der Prozentsatz mit einem Schlag auf 11,7 Prozent springen.

Auch die Ossendorfer befürchten, künftig über Gebühr belastet zu werden. In einer Bürgereingabe an den Beschwerdeausschuss der Stadt haben sie vorgerechnet, dass der Flüchtlingsanteil künftig bei zehn Prozent liegt, wenn die geplanten Unterkünfte erst mal fertig sind.

„Hundertprozentige Gerechtigkeit wird es nicht geben“

Tatsächlich sind in den Zahlen der Stadt nur die Unterkünfte erfasst, die am 8. September belegt waren. Allein bis Ende des Jahres werden aber 1.600 Plätze neu hinzukommen. Nicht enthalten sind die 950 unbegleiteten Minderjährigen sowie die 900 Menschen in der Landesunterkunft an der Alteburger Straße in Bayenthal.

Neue Nahrung erhielt der Streit um die Flüchtlingsverteilung zuletzt, als die Verwaltung weitere Flächen für den Bau von Containern oder Leichtbauhallen vorschlug. Alle elf Areale, die derzeit geprüft werden, liegen im Rechtsrheinischen oder im Norden Kölns. „Die ganze Stadt muss hier ihren Beitrag leisten“, monierte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Paetzold.

Flüchtlingskoordinator Hans Oster hält dagegen die Verteilung für vergleichsweise ausgewogen und verweist auf das Ruhrgebiet. So habe Essen alle Flüchtlinge im armen Norden angesiedelt. Auch Duisburg nutze seine Wohnungsleerstände, um Asylbewerber in sozialen Brennpunkten wie Marxloh unterzubringen. „Eine hundertprozentige Gerechtigkeit“, das macht Amtsleiter Ludwig klar, „wird es nicht geben können.“

Mehr Container-Siedlungen

Die Stadt rückt offenbar von ihrem Konzept der Leichtbauhallen ab. Wie Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig am Dienstag sagte, gebe es Überlegungen, stattdessen verstärkt auf den Bau von Container-Siedlungen zu setzen.

Ursprünglich war geplant, an mindestens zehn Standorten Leichtbauhallen zu errichten. Sie sollten als Ersatz für die Turnhallen dienen. Bislang war die Verwaltung davon ausgegangen, dass die mobilen Hallen am schnellsten zur Verfügung stehen können.

Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden. „Wir prüfen zurzeit, ob wir nicht genauso schnell und vielleicht sogar günstiger Container aufbauen können“, so Ludwig. Container böten nicht nur mehr Privatsphäre. Sie hätten zudem den Vorteil, dass die Flüchtlinge selbst kochen könnten und nicht mehr auf die Gemeinschaftsverpflegung angewiesen wären.

Voraussichtlich zur Ratssitzung im November will die Verwaltung eine Vorlage präsentieren.

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