HandelKaufhof schließt nach 83 Jahren

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Die letzten Schnäppchen-Jäger an der Kalker Hauptstraße: Seit Tagen lockten Schilder mit Nachlässen von bis zu 80 Prozent.

Die letzten Schnäppchen-Jäger an der Kalker Hauptstraße: Seit Tagen lockten Schilder mit Nachlässen von bis zu 80 Prozent.

Kalk – Die Menschen werden zwar weiterhin mit Einkaufstüten über die Kalker Hauptstraße laufen, der Verkehr wird fließen wie bisher, und in der Traditionsbäckerei Hesterbrink werden wie in den zurückliegenden 65 Jahren Brotspezialitäten über die Theke gehen. Trotzdem markiert dieser Samstag das Ende einer Ära: Der Kaufhof schließt nach 83 Jahren. Alle 36 Mitarbeiter haben nach Auskunft einer Kaufhof-Sprecherin einen Arbeitsplatz in einer anderen Filiale gefunden. Für viele Kunden bleibt indes eine Riesenlücke. „Ich finde es unmöglich“, sagt Adelheid Schmitz. „Erst machen sie die tolle Cafeteria zu und jetzt schließen sie ganz. Bald gibt es hier nur noch Billigläden, und für Leute in meinem Alter ist nichts mehr da“, entrüstet sich die Frau, die nach eigenen Worten auf die 70 zugeht und in den Köln-Arkaden nichts für ihren Bedarf findet. „Ganz entsetzlich“, beschreibt es eine Kundin, die seit 30 Jahren „in den Kaufhof“ kommt. Auf der Straße gebe es von wenigen Ausnahmen abgesehen „gar keine Qualität mehr, sondern nur noch Ramsch“. Wirtschaftlich könne er es verstehen, kommentiert der Passant Friedrich Kierdorf die anstehende Schließung. Menschen anderer Nationalitäten träfe man dort ohnehin nicht. „Die kaufen doch nur in den Ein-Euro-Läden.“ „Ein Konkurrent weniger, das ist gut“, hört man im benachbarten Schreibwarenladen. Freudige Stimmen bleiben jedoch die Ausnahme. Ute Friedler findet es „sehr, sehr schade.“ Es sei so ähnlich wie in Porz. „Da macht auch ein Laden nach dem anderen zu.“ Für Gaby Bachem verblasst mit dem Ende des Hauses ein Stück Erinnerung. Sie sei schon als kleines Kind an der Hand der Großmutter dort gewesen. „Erst ging man einkaufen, dann aß man im Kaufhof zu Mittag.“ Diesen Zweck erfüllen längst die Imbiss-Läden an der Kalker Hauptstraße. Aus Sicht der Kundin Iris Bestel hat das Unternehmen die ungünstige Geschäftsentwicklung selbst zu verantworten. „Gehen Sie doch mal rein und sehen sich diese Oma-Abteilungen an.“ Hier hätte man in den letzten Jahren richtig investieren müssen. Aber nichts sei passiert.

Ausverkauf in der Schlussphase In der Schlussphase ziehen vor allem die unzähligen orangefarbenen Ausverkaufschilder die Leute an. Eine junge Frau durchwühlt das Angebot auf den Büchertischen, eine andere mokiert sich über den Modeschmuck, den sie „unmöglich“ findet, weil er ihrer Ansicht nach mit „Kaufhof-Qualität“ nichts zu tun habe. Nur wenige Kunden kommen bis ins Untergeschoss, wo Teppiche verkauft werden. Zwei Mitarbeiter sind dort damit beschäftigt, das Inventar zusammenzupacken. „Wir dürfen nichts sagen, leider.“ Rainer Kreke von der Stiftung „Kalk gestalten“ findet den Anblick traurig. „Das kommt einem ein wenig wie Leichenfledderei vor.“ Kalk verliere einen weiteren Magneten, und das sei besonders „ein Verlust für die ältere Generation“, meint Andreas Schröder. Da einen adäquaten Ersatz zu schaffen, sei sicher nicht leicht. Einen weiteren Niveauverlust befürchtet er dennoch nicht. Schröder leitet seit sechs Jahren die Filiale der Sparkasse Köln-Bonn auf der Kalker Hauptstraße und sagt, die vielzitierten Ein-Euro-Läden habe es damals schon gegeben. „Es liegt leider in der Mentalität der Kalker, alles schwarz zu sehen.“ Der Kaufhof habe „schon lange entschieden, die kleinen Formate, die nicht so recht in das Galeria-Konzept passen, abzustoßen“, erläutert Dirk Kranefuss, Geschäftsführer der Standort-Gemeinschaft Kalk e.V., die sich intensiv um die Belange der Kalker Hauptstraße kümmert. Dieser Schritt sei „nachvollziehbar, aber trotzdem traurig“, zumal die Mitarbeiter unendlich gekämpft und zuletzt auch gute Zahlen erwirtschaftet hätten. Die Auswirkungen der Schließung seien noch überhaupt nicht absehbar. Er hoffe nur, dass es der Metro gelinge, da sehr schnell eine neue Nutzung herbeizuführen, die nach Wunsch von Bezirksbürgermeister Markus Thiele (SPD) eindeutig mit einer Image-Anhebung einhergehen müsste. Mit Auslaufen des Mietvertrages zum 30. Juni dieses Jahres werden die 5100 Quadratmeter Verkaufsfläche besenrein an den Eigentümer, die „Metro Properties“ (das Immobilienunternehmen der Metro Group) übergeben. Nach Auskunft von Unternehmenssprecherin Christine Bossak werden momentan „intensive Gespräche mit Projektentwicklern über ein optimales Nachnutzungskonzept“ geführt. Auch wenn die Schließung des Kaufhof „kaum Auswirkungen für die Köln-Arkaden“ habe, ist es auch aus Sicht von deren Geschäftsführer Sascha Twesten „von höchster Wichtigkeit, dass da kein langfristiger Leerstand entsteht“. Mit den „Galeria Kaufhof“-Filialen auf der Hohe Straße, in Weiden und Nippes bleibt das Unternehmen aber weiterhin in Köln vertreten.

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