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Foodsharing-Station in KölnEin Herz für Torten und Brötchen

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Pfarrerin Eva Esche und DJ Christian Horsters kämpfen gemeinsam gegen die Verschwendung von Lebensmitteln.

Pfarrerin Eva Esche und DJ Christian Horsters kämpfen gemeinsam gegen die Verschwendung von Lebensmitteln.

Innenstadt – Christian Horsters ist nicht gerade ein Frühaufsteher. Als „DJ der guten Laune“ ist er eher abends aktiv. Trotzdem klingelt sein Wecker seit einigen Wochen jeden Dienstag um Viertel nach drei. Nur wenn der 59-Jährige sich so früh aus dem Bett quält, kommt er rechtzeitig bei den Bäckereien an, die zu dieser Uhrzeit ihre vom Vortag übrig gebliebene Ware aussortieren. Der DJ ist seit zwei Jahren ehrenamtlich als Lebensmittelretter aktiv. Er und rund 450 weitere Kölner holen aus Supermärkten und Bäckereien Gemüse, Obst, Milchprodukte und Backwaren ab, die sonst in der Mülltonne landen würden, und bringen sie zu Foodsharing-Stationen. 15 dieser Anlaufstellen gibt es bereits in Köln, eine weitere besteht jetzt in der Thomaskirche.

Jeden Dienstag zwischen 10 und 15 Uhr können Interessierte in der Thomaskirche im Agnesviertel Backwaren abholen.

Die Adresse: Thomaskirche, Neusser Wall 63/Ecke Lentstraße, 60670 Köln. Ansprechpartnerin ist Pfarrerin Eva Esche unter der Telefonnummer 0221/ 733573. (mmg)

Dort nehmen Pfarrerin Eva Esche und zahlreiche Gemeindemitglieder wenige Stunden später rund 350 Kilogramm Backwaren von Christian Horsters entgegen. Mehrere Paletten voller Tortenstücke und Säcke voller Brötchen werden auf Tischen angerichtet. Seit vier Wochen beliefert Horsters die Kirche im Agnesviertel, jetzt wurde die Foodsharingstation auch offiziell eröffnet. Mittlerweile kommen jeden Dienstag knapp 200 Leute, bedienen sich an Roggenbroten, Ciabattastangen oder Körnerbrötchen und verweilen bei Kaffee und „geretteten“ Kuchen zum Gespräch. „Das Brot zu teilen, ist ja eine christliche Tradition. Für uns ist Foodsharing eine Möglichkeit, die Schöpfung zu bewahren“, erläutert Pfarrerin Esche.

Bei Foodsharing geht es nicht um Bedürftigkeit, sondern darum, keine Lebensmittel zu verschwenden. Vor allem Senioren und Studenten nehmen das Angebot in Anspruch. „Es kommen sicher auch einige vorbei, die bedürftig sind“, ist sich Pfarrerin Esche sicher. „Aber wir fordern die Leute auf, etwas Gutes zu tun, indem sie das Brot vor dem Müll retten. Daher ist die Hemmschwelle niedrig.“ Nach kurzer Zeit sind Teller und Körbe leer; Christian Horsters steigt ins Auto und holt Nachschub.

Knapp zehn Prozent aller Lebensmittel wandern bundesweit in den Mülleimer, bevor sie auf den Tellern landen. Da die Regale der Bäckereien bis zum Ladenschluss gefüllt sein sollen, ist der Anteil bei Backwaren sogar noch größer. „Mir wird ganz anders, wenn ich daran denke, dass allein in Köln jeden Monat eine halbe Million Brote weggeworfen werden“, so Horsters. „Ich wünsche mir, dass die Nahrungsmittelindustrie eines Tages gar nichts mehr wegwirft. Die Foodsharingaktion in der Thomaskirche ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“

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