Gewalttat am Kölner DomZivilpolizisten hatten die Hooligans beobachtet

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Krasniqi Hbf Hooligans

Polizei vor dem Hauptbahnhof.

  • Sechs Hooligans wurden nach der Gewalttat in Köln dem Haftrichter vorgeführt.
  • Die angetrunkenen Fans befanden sich auf der Rückreise von der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich.

Innenstadt – Ohne das Einschreiten der Polizei hätten die russischen Hooligans am Donnerstagabend wohl noch Schlimmeres angerichtet. Da ist sich zumindest Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn sicher. „Die waren noch nicht fertig, die sind von der Polizei an weiteren Taten gehindert worden.“

Zum Verhängnis wurde zwei jungen Männern aus Madrid, die derzeit eine ebenfalls aus Spanien stammende Kölnerin besuchen, ein linksgerichteter Aufkleber. „Die drei waren auf dem Weg vom Bahnhof zum Rhein zum Spazierengehen“, berichtet ein Bekannter der 41-Jährigen. Als einer der jungen Männer im Vorbeigehen  auf der Domplatte den Sticker einer antifaschistischen Gruppe aus Spanien hinterließ, gerieten sie ins Visier einer sechsköpfigen Hooligan-Gruppe aus Russland.

Ultras auf der Rückreise

Die zwischen 26 und 30 Jahre alten Ultras –  möglicherweise Anhänger einer rechtsradikalen Hooligan-Gruppe – fühlten sich von dem Aufkleber provoziert und traten beziehungsweise schlugen ohne Vorwarnung die 20 und 24 Jahre alten Köln-Touristen krankenhausreif. Waffen wurden nicht eingesetzt, auch Trikots trugen die Angreifer nicht. Allerdings hatten sie Utensilien zur Vermummung und zum Schutz der Zähne dabei, wie sie in der Hooligan-Szene oft verwendet werden. Die 41-Jährige blieb unversehrt. Die beiden Opfer – der eine erlitt einen Nasenbeinbruch, der andere wurde leicht verletzt – sind mittlerweile wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden.

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Die angetrunkenen Fans befanden sich auf der Rückreise von der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich, wo sie vermutlich die Spiele der russischen Nationalmannschaft gegen England und die Slowakei gesehen hatten. Entsprechende Tickets trugen sie jedenfalls bei sich. Ob sie auch an den blutigen Ausschreitungen am vergangenen Samstag in Marseille beteiligt waren, wird derzeit von der französischen Polizei geprüft.

Die russische Truppe war am 10. Mai mit dem Flugzeug von Moskau nach Marseille und am Donnerstagmittag mit dem Zug von Brüssel nach Köln gereist. Schon kurz vor dem Angriff war sie Zivilpolizisten durch Pöbeleien im Bereich des Hauptbahnhofs aufgefallen. Einem Polizeisprecher zufolge riefen die Beamten deshalb Hundertschafts-Kräfte zur Verstärkung.  Als sie eintrafen, hatten die Russen ihre Gewaltorgie bereits begonnen, wurden aber schnell gestoppt. „Wenn das nicht gewesen wäre, wäre noch etwas ganz anderes passiert“, so Willuhn. Auf der Domplatte nahm die Polizei am Donnerstag nur fünf Hooligans fest, der sechste konnte zunächst fliehen, wurde aber später am Kölner Flughafen gerade noch rechtzeitig angetroffen: Der 30-Jährige  wartete gerade auf seinen Flieger nach Ibiza. Alle sechs Russen wurden am Donnerstag in Gewahrsam genommen. Bei dem 30-jährigen ist noch nicht geklärt, ob er an der Tat beteiligt war, seinen fünf Freunden droht  Untersuchungshaft: Sie wurden am Freitag wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung dem Haftrichter vorgeführt.

Auslieferung droht

Bis zu einer Anklage können nun Wochen vergehen. Ein beschleunigtes Verfahren kommt laut Ulf Willuhn nicht in Frage, dazu müsste unter anderem das zu erwartende Strafmaß bei weniger als einem Jahr Gefängnis liegen. „Das ist hier nicht zu erwarten.“ Sollte sich zudem eine Beteiligung an den Fan-Krawallen in Marseille bewahrheiten, droht den Russen zusätzlich die Auslieferung nach Frankreich. Unterdessen sucht die Polizei weitere Zeugen des Vorfalls.  Insbesondere bittet sie Passanten,  eventuelle Smartphone-Aufnahmen  zur Verfügung zu stellen. Hinweise nimmt die Polizei unter ☎ 0221/229-0 entgegen.

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