Milieuschutz-SatzungKölner Severinsviertel soll vor Gentrifizierung geschützt werden

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Sanierungen von Häusern könnten im Severinsviertel künftig genehmigungspflichtig sein.

Sanierungen von Häusern könnten im Severinsviertel künftig genehmigungspflichtig sein.

Innenstadt – Seit vier Jahren arbeitet die Stadtverwaltung an der Umsetzung des Plans, das Severinsviertel unter einen besonderen Schutz zu stellen. Die lange Dauer und die Aussicht, dass man mindestens ein weiteres Jahr auf das Ergebnis warten muss, zeugt einmal mehr von städtischer Personalnot. Aber auch davon, dass es sich um ein kompliziertes Verfahren handelt. Mit einer so genannten Milieuschutzsatzung greift die Stadt ins Eigentumsrecht ein. Wohnungsbesitzern wird nicht mehr alles erlaubt sein.

Die Politiker im Stadtentwicklungsausschuss haben einem Aufstellungsbeschluss zugestimmt. Nun folgt eine vertiefte Analyse mit Befragungen im Viertel, bevor dann der entscheidende Ratsbeschluss erfolgen kann. Damit wird Anfang nächsten Jahres gerechnet.

Eigentümer haben es schwer

Eigentümer, die bis dahin noch Baumaßnahmen durchführen wollen, werden es nicht leicht haben, eine Genehmigung zu erhalten, heißt es im Viertel. Zunächst müsste die Klarheit über das herrschen, was in Zukunft noch erlaubt und erwünscht sein wird. Die lange Dauer erklärt die Stadtverwaltung damit, dass hohe rechtlichen Hürden für die Einführung eines solchen Instruments zu nehmen seien. Haus- und Wohnungseigentümer könnten sich gegen Spielregeln wehren, die ihre Einnahmen begrenzen könnten.

Familien verdrängt

Das Ziel der Stadt: Das Severinsviertel soll nicht den gleichen Weg wie die jenseits des Rings gelegene Südstadt nehmen, wo der Prozess der Gentrifizierung zu einer radikalen Veränderung der Bevölkerung geführt hat. Familien mit kleinem Einkommen oder ältere Menschen sind genauso verdrängt worden wie diejenigen, die das Quartier einst zum „In-Viertel“ machten: Studenten, Künstler und Kreative können die Preise nicht mehr bezahlen, die hier für einen Großteil der Wohnungen zu zahlen sind.

Der Prozess wird verstärkt, wenn Sozialwohnungen in großer Zahl aus der Mietpreis-Bindung fallen und keine neuen gebaut werden. Eine Milieuschutz- oder Erhaltungssatzung ist kein Allheilmittel, bietet aber einige Gegenmittel, um eine soziale Mischung zu fördern und der Verdrängung von weniger wohlhabenden Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken.

Mülheimer Stegerwaldsiedlung als Vorreiter

Die Erfahrung aus anderen Städten zeigt, dass vor allem zwei Maßnahmen erfolgreich sind: Das Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie das so genannte Vorkaufsrecht. Dieses ermöglicht der Stadt im Falle eines geplanten Hausverkaufs den ersten Zugriff auf die Immobilie. Milieuschutzsatzungen können weitere Regelungen beinhalten: So kann festgelegt werden, dass Sanierungsmaßnahmen von der Stadt genehmigt werden müssen.

Das, womit sich Köln so schwer tut, hat in München bereits eine lange Tradition: Dort sind für 21 Quartiere Erhaltungssatzungen erlassen worden, in denen rund 253.000 Einwohner in 141.000 Wohnungen leben. In Köln gibt es bislang nur in der Mülheimer Stegerwaldsiedlung so ein Regelwerk, was allerdings in der Praxis bislang keine Rolle gespielt hat. Mit dem Severinsviertel könnte sich das nun ändern. Befürworter des Milieuschutzes hoffen darauf, dass weitere Kölner Quartiere benannt werden.

Die Stadtverwaltung hat bislang nur Teile von Mülheim als weitere Perspektive genannt. Sie verweist darauf, dass für die Überwachung der Einhaltung einer solchen Satzung mindestens zwei gut qualifizierte, zusätzliche Mitarbeiter pro Gebiet nötig sind. Auch das schwarz-grüne Bündnis im Stadtrat warnt vor zu hohen Erwartungen: Es sei wichtiger, das Personal zur Beschleunigung der Baugenehmigungen einzusetzen.

Man müsse sich entscheiden, sagte die Fraktionschefin der Grünen, Kirsten Jahn bei einer Diskussion über Wohnungspolitik des Sozialdienstes Katholischer Männer (SFM). Auf die Frage, warum München beides schaffe – die Überwachung der Erhaltungssatzungen und deutlich mehr Wohnungsbau als Köln –, verwies CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz darauf, dass „München besser dran“ sei und somit andere Spielräume als Köln habe.

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