Obdachlose„Wenn Leute besoffen rumgrölen, geht kein Mensch gern in das Geschäft“

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Vor diesem Geschäftseingang campieren oft Obdachlose.

Vor diesem Geschäftseingang campieren oft Obdachlose.

Deutz – Sie belagern den Hauseingang, trinken, rauchen, betteln bei Passanten um Almosen und hinterlassen jede Menge Dreck: In einem überdachten Hauseingang auf der Deutzer Freiheit hat sich eine Gruppe Obdachloser ausgebreitet.

Tagsüber halten sie sich vor dem Eingang des Rewe-Supermarktes auf, abends ziehen sie sich mit ihren Habseligkeiten unter das Vordach des Nachbarhauses zurück. Dort führte Karin Gilbers 70 Jahre lang ein Haushaltswarengeschäft, heute vermietet sie ihr Ladenlokal an einen anderen Händler. „Da halten sich schon seit ewigen Zeiten Obdachlose auf und solange es nur ein oder zwei sind, ist das kein Problem“, sagt sie. Die Zahl der Menschen sei aber im vergangenen Jahr massiv gestiegen: „Da sind ständig sieben, acht Leute mit ihrem ganzen Gepäck.“

Gilbers vermietet auch die Wohnungen über dem Geschäft und bekommt ständig Beschwerden von Mietern, die morgens die Fäkalien der Obdachlosen aus dem Hauseingang beseitigen müssen. Mit der Interessengemeinschaft Deutz, deren Vorsitzende sie 30 Jahre lang war, hat sie sich bereits mit dem neuen Leiter der Polizeiwache Deutz, Robin Coers, getroffen. Dieser habe das Problem verstanden und angekündigt, verstärkt Polizeistreifen durch die Straße zu schicken, doch aufgrund von Personalmangel könne er derzeit sonst nichts tun.

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Regelmäßige Kontrollen

„Grundsätzlich ist das Betteln und Übernachten im Freien natürlich nicht verboten“, sagt Jürgen Laggies von der Kölner Polizei. Nur wenn dabei aggressiv vorgegangen oder die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werde, könne man einschreiten. „Wir können aber leider nicht immer dort sein.“ Situationen, die viele als belästigend empfinden, seien nicht unbedingt strafrechtlich relevant, beeinträchtigten aber natürlich trotzdem das Sicherheitsgefühl der Bürger. „Wir versuchen, eine Balance zu finden und raten den Bürgern, bei Belästigungen und Fällen von Hausfriedensbruch die Polizei zu rufen“, sagt Laggies.

Auch das Ordnungsamt der Stadt Köln weiß von der Situation und schaut nach Beschwerden und bei Streifgängen ein- bis zweimal in der Woche vorbei. „Sofern die Obdachlosen aggressiv betteln, den Gehweg enorm versperren, Müll auf den Gehweg werfen oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, gehen die Kollegen dagegen vor“, erklärt Carolin Krause vom Ordnungsamt.

Kein ungewöhnliches Problem

Die Betreiber des Supermarktes sehen die Situation vor der Filiale auf der Deutzer Freiheit nicht als ungewöhnliches Problem. „Als Shoppingmeile ist das nun mal ein hochfrequentierter und zentraler Bereich und somit auch ein natürlicher Anziehungspunkt für Wohnungslose“, sagt Rewe Group-Sprecher Thomas Bonrath. Auch an anderen Orten wie der Fußgängerzone in der Innenstadt campierten Personengruppen und Obdachlose in windgeschützten Bereichen vor Geschäftseingängen.

Karin Gilbers sucht weiter nach einer Lösung. Sowohl für die Bewohner als auch das Geschäft im Erdgeschoss ihres Hauses sei die Situation unerträglich. „Wenn da Leute vor dem Schaufenster liegen und besoffen rumgrölen, dann geht kein Mensch mehr gerne in das Geschäft“, meint sie. Sie hat schon mit den Obdachlosen gesprochen und versucht, sie über Hilfsprojekte zu informieren, aber die hätten sie nicht annehmen wollen. Derzeit weiß sie sich und ihren Mietern nicht mehr zu helfen.

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