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Rolltreppen außer BetriebTotalausfall am Bahnhof Deutz

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Deutzer Bahnhof

Fahrgäste schleppen ihr Gepäck die Treppen im Bahnhof herunter.

Deutz – Nicht nur für Berufspendler und Messegäste, sondern auch für ganz viele Kölner ist der Bahnhof Messe/Deutz inzwischen ein wichtiges logistisches Drehkreuz. Das belegen nicht zuletzt aktuelle Erhebungen der Deutschen Bahn: Auf der Rangliste der meistgenutzen Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen belegt die Station in Deutz mit rund 69.000 Reisenden und Besuchern pro Tag den sechsten Platz.

Im starken Kontrast dazu steht jedoch das weitgehend trostlose Bild, das der Bahnhof trotz aller Zwischensanierungen derzeit bietet. Momentan besonders auffällig: Ausnahmslos alle Rolltreppen zu den Gleisen sind defekt, auch der Fahrstuhl an den S-Bahn-Gleisen war lange außer Betrieb – und das ist der einzige im gesamten Bahnhof.

Für viele Menschen bedeutet das nahezu unlösbare Probleme, zumindest aber ein zeitaufwendiges Ärgernis. Müttern mit Kinderwagen, Reisenden mit schweren Gepäckstücken und in der Bewegung eingeschränkten Senioren oder Behinderten ist der Zugang zu den in Deutz haltenden Zügen praktisch verwehrt. 

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Deutsche Bahn reagiert ausweichend 

„Ich würde gern mehrmals wöchentlich in Deutz ein- und aussteigen, aber das geht leider nicht“, sagt Pedro Knörnschild. Er sitzt in einem Elektrorollstuhl und steht vor der Anzeigetafel am Reisezentrum der Bahn im Hauptbahnhof. „Ich muss von Deutz aus jedes Mal über die Hohenzollernbrücke fahren, um in den Zug zu kommen, der dann Richtung Siegburg fährt – mit Halt in Deutz.“

Der Zeitaufwand sowie immense Stromkosten für die Aufladung seines Rollstuhls lassen ihn regelmäßig zornig werden. Am schlimmsten findet Knörnschild jedoch, dass die Bahn auf seine mehrfachen Anregungen hin – auch gemeinsam mit anderen Betroffenen – nicht reagiert. „Köln ist eine Katastrophe, in anderen Städten funktioniert das viel besser“, sagt er.

Sauer und außer Atem ist auch Irene Busch. „Die Auskunft der Bahn hat mir mitgeteilt, dass ich sechs Minuten Zeit zum Umsteigen von der U-Bahn bis zum Bahngleis benötige. Das ist als alte Frau nicht zu schaffen, wenn alle Rolltreppen defekt sind“, empört sich die Seniorin. Es sei das erste Mal seit langer Zeit, dass sie mit dem Zug fahre – „es wird wohl auch das vorerst letzte Mal gewesen sein.“

Die Deutsche Bahn reagiert auf die Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ausweichend. Anstatt Stellung zur aktuellen Situation zu beziehen, wagt eine Bahn-Sprecherin lieber einen Ausblick in die Zukunft: „Der Bau von insgesamt fünf Aufzügen ist im Projekt »Ausbau S 11 im Knoten Köln« fest eingeplant. Der Ausbau erfolgt im Zeitraum 2020 bis 2022.“ Darüber hinaus hätten die Planungen für zusätzliche Fahrtreppen für die Bahnsteige 1/2, 4/5 und 7/8 begonnen.

Reparatur dauert zwei Monate

Der Fahrstuhl, der zu den Gleisen 9 und 10 führen soll, schließt und öffnet indes nur seine Türen – mehr passiert nicht. Ein Bahn-Techniker steht davor. „Das ist ein hydraulisches Aufzug-System. Durch den Dauerbetrieb aufgrund der ausgefallenen Rolltreppen hat sich die Motorik stark erhitzt“, erläutert der Fachmann das Problem. Durch die sommerlichen Temperaturen werde dieser Effekt noch verstärkt.

Die Techniker haben ein externes Aggregat installiert, um die Mechanik zu kühlen. Inzwischen funktioniert der Lift wieder – fragt sich nur, wie lange. Denn erst am 11. August, so verspricht es die Bahn auf Schildern im Bahnhof, sollen die Rolltreppen wieder funktionieren.

Bei diesen Worten wendet sich Albert Zingsheim schnaufend vom Fahrstuhl ab. Er deutet auf zwei Frauen, die sich direkt nebenan anschicken, einen Kinderwagen die steile Treppe hinauf zur Gleisebene zu tragen. „Das gibt’s doch nicht, wir sind doch hier nicht am Stadtrand, sondern mitten in der Kölner City“, sagt er. Als er anschließend den Damen mit Kind seine Hilfe anbietet, wendet sich Zingsheim auf der Treppe noch einmal um: „Ich muss jeden Tag von Deutz aus zur Arbeit pendeln. Hier ist mindestens ein-, zweimal in der Woche irgendetwas kaputt – da muss etwas passieren.“

Die gescheiterte Planung des „ICE-Terminal Deutz“

Große Pläne hatten Stadt, Bahn und Messe im Jahr 2000 für den Bahnhof, seinerzeit „ICE-Terminal Deutz“ genannt.

Ein 120 mal 120 Meter großes Glasdach über und ein Einkaufszentrum mit breitem Durchgang zur Messe unter den Gleisen sollten nach Plänen der Kölner Architekten JSWD neben dem denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude entstehen – ebenso wie ein neuer Haupteingang zu den Messehallen und mehrere, bis zu 150 Meter hohe Bürotürme.

Die sorgten für Streit mit der Unesco über den Welterbe-Status des Doms und stoppten letztlich auch die 1,2-Milliarden-Mark-Pläne für den Bahnhof. (mit jp)

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