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Spurensuche in KölnDas alte Emelka-Theater im Hansa-Hochhaus

Lesezeit 5 Minuten
Das Hansa-Hochhaus mit Emelka-Schriftzug und Theater-Café 1931.

Das Hansa-Hochhaus mit Emelka-Schriftzug und Theater-Café 1931.

Innenstadt – Als das Emelka-Theater im Hansahochhaus im Oktober 1926 seine Pforten öffnete, schrieb die „Rheinische Zeitung“ begeistert über den neuen Stern am Kölner Kino-Himmel: „Die Beziehungen des verschwenderischen Lichtes zu den hell getönten metallisch reflektierenden Wänden und dem leuchtend-roten Teppichboden sind so zauberhaft, daß man nicht sagen kann, ob man Räume von größerer Eigenart, gleicher Modernität, dabei gleicher Bescheidenheit der architektonischen Form je gesehen hat.“

Es war die erste Blütezeit des Kinos, als entlang der Ringe prächtige Lichtspiel-Theater mit bis zu 2000 Plätzen entstanden.

Auch das Emelka-Theater mit seiner vergoldeten Decke, der edlen Palisanderholz-Vertäfelung und einem Bühnenvorhang aus Goldstoff verfügte über 1200 Stühle. Und über eine technische Ausstattung, die ihresgleichen suchte. 15.000 dimmbare Lampen mit einer Leuchtkraft von 80.000 Kerzen illuminierten den Kinosaal – und waren Ausdruck der Faszination, die die Lichtarchitektur auf damalige Zeitgenossen ausübte.

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„Elektrisches Licht, etwa in Form von Straßenbeleuchtung oder Leuchtreklamen, stand für Modernität, technischen Fortschritt und ein neues Großstadt-Gefühl“, sagt Marion Kranen vom Verein „Köln im Film“. „Filme und Kinos gehörten zu dieser Urbanität auf jeden Fall dazu.“

Architekt des Hansa-Hochhauses einschließlich des Kinosaals war der Kölner Jacob Koerfer, der wenige Jahre später auch das Capitol mit 2000 Plätzen und eigenem Orchestergraben entwarf. „Koerfer war davon überzeugt, dass die Menschen nach dem Krieg wieder etwas Unterhaltung brauchten. Er hat mehrere Kinos besessen und war auch am Emelka-Theater beteiligt“, sagt Daniel Schild, Geschäftsleiter der Koerfer’schen Verwaltungsgesellschaft, die ihren Sitz noch heute im elften Stock des Hochhauses am Hansaring hat.

Im Krieg zerstört und nicht mehr aufgebaut

Der Kinosaal im rückwärtigen Teil des Gebäudes wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Heute steht an der Ecke Ritterstraße/ Maybachstraße ein schmuckloses Beton-Parkhaus.

Der Geist von Innovation und Modernität aber, aus dem heraus der Filmpalast damals entstanden war, lässt sich anhand des markanten Hochhauses und seiner Geschichte noch heute erspüren.

Der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer hatte seiner Stadt eine rasante Aufholjagd verordnet: Er wollte Köln zu einer Metropole mit weitreichender Strahlkraft machen und zu einem Welthandelsplatz für die regionale Wirtschaft: Die Kölner Frühjahrsmesse 1924, die erste Veranstaltung der neu gegründeten Messegesellschaft überhaupt, war ein Schritt, den Traum Adenauers zu verwirklichen. Als Architekt Jacob Koerfer ihm im Januar desselben Jahres seinen Plan eines Büro-Hochhauses nach amerikanischem Vorbild mit großen Ausstellungsflächen präsentierte, rannte er damit offene Türen ein.

Nur eine Woche später gab die Stadtverwaltung grünes Licht für den Bau von Kölns erstem Hochhaus – ein geradezu märchenhaftes Tempo angesichts heutiger Genehmigungsverfahren.

Beschleunigend wirkte dabei auch der eifersüchtige Blick auf die Konkurrenz: In Düsseldorf nämlich gab es mit dem 57 Meter hohen Wilhelm-Marx-Haus bereits ein Hochhaus. Keine Frage, dass Köln die Messlatte höher hängen musste: Mit seinen 65 Metern und 16 Stockwerken sollte das Hansa-Hochhaus der zumindest zeitweise höchste Wolkenkratzer Europas werden. Für Adenauer war es zudem eine Gelegenheit, das städtebaulich tote Areal an den Gleisanlagen des Hauptbahnhofs, auf dem sich zuvor nur ein Spielplatz befunden hatte, aufzuwerten.

Innerhalb von nur 14 Monaten – inklusive einer achtwöchigen Streikpause – wurde das Gebäude im Stil des Klinkerexpressionismus hochgezogen, eine Bauzeit, die noch unter der vergleichbarer amerikanischer Hochhäuser lag. Für die Fassade wählte Koerfer dunkelrote Ziegel ähnlich denen am Messeturm, die auch dem Dampf der zahlreichen Lokomotiven standhielten, die täglich auf dem Weg vom und zum nahe gelegenen Hauptbahnhof vorbeiratterten.

Im Erdgeschoss des Haupthauses, wo sich heute Saturn befindet, entstanden Ausstellungsräume der Adler-Automobil-Verkaufs-GmbH, eine Bankhalle sowie ein Theater-Café im Art-déco-Stil. Und in die Büros in den oberen Etagen des Turms führte der größte bis dahin gebaute Paternoster. 400 Personen konnte der Aufzug täglich transportieren, für die Fahrt bis in den 14. Stock benötigte er drei Minuten. Heute darf der Paternoster nur noch von Mitarbeitern benutzt werden, für Gäste des Hotels Azimut und die Öffentlichkeit ist er gesperrt.

„Koerfers Konzept war damals wirklich hochgradig innovativ“, betont Daniel Schild von der Koerfer’schen Verwaltungsgesellschaft. Dazu passte, dass das Emelka-Theater eines der ersten Kinos in Köln war, das auch Tonfilme im Programm hatte.

Im März 1932, so berichtet Marion Kranen von „Köln im Film“, gab Emelka das Kino im Hochhaus auf. „Nach einer Renovierung, die das Haus wieder in die erste Reihe der Kölner Theater stellte, wurde es 1932 unter dem Namen Hansa-Theater als Varieté- und Filmbühne wieder eröffnet.“

Alle sieben Tage wechselte nun das Programm. Die Zeitschrift „Film-Kurier“ meldete: „Großfilm, kurzes Beiprogramm und mindestens fünf große artistische Spitzenleistungen. Preise ab 0,80 bis 2,50 Reichsmark.“ Mit der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg endete die Geschichte des Kinos im Hansa-Hochhaus.

Um das Emelka-Theater geht es auch in der Ausstellung „Großes „Kino!“ im Kölnischen Stadtmuseum. Die Schau, die auf 120 Jahre Kölner Kinogeschichte zurückblickt, ist noch bis zum 6. November zu sehen.

Gemeinsam mit dem Verein „Köln im Film“ präsentiert das Museum mehr als 150 teils noch nie gezeigte Originalobjekte, Fotografien und historische Filme. Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstraße 1, dienstags 10 bis 20 Uhr, mittwochs bis sonntags 10 bis 17 Uhr; Eintritt 5 Euro.

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