Intelligentes ShoppenSo ist der Einkauf im Supermarkt der Zukunft in Braunsfeld

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Das Smartphone oder ein Tablet registriert die Person, die den Supermarkt betritt.

Das Smartphone oder ein Tablet registriert die Person, die den Supermarkt betritt.

Braunsfeld – Wir schreiben das Jahr 2025. Meine Waschmaschine bestellt selbstständig Waschmittel, mein Kühlschrank neue Milch, deren Reste ich mir grade in meinen Kaffee geschüttet habe. Meinen smarten, virtuellen Assistenten Toni frage ich, was heute ansteht. Jede Menge Termine und am Abend Essen mit Claudia und Frank. Das hätte ich fast vergessen – aber kein Problem für Robo-Toni: Die Künstliche Intelligenz empfiehlt mir Spaghetti mit Rucola-Pesto und checkt, ob alle Zutaten dafür im Haus sind. Sind sie nicht, also zeigt Toni mir, wo ich die Zutaten kaufen kann. Einen passenden Wein bestellt er auf Sprachbefehl online.

Sieht so der Alltag der Zukunft aus? Zumindest in der Vision der Firma GS1 Germany, die in Braunsfeld ihr neues „Knowledge Center“ mitsamt futuristischer Küche und Supermarkt eröffnet hat, ist dies der nächste Schritt der Digitalisierung unseres Alltags. Besonders die junge Generation hat das Smartphone bereits fest in ihren Alltag integriert. Derzeit sei gerade erst der Startschuss erfolgt, sagt Christian Eisenberg, Wirtschaftspsychologe und Manager bei GS1. „Nach und nach werden immer weitere Digitalisierungen unseren Alltag bereichern“, sagt er.

Über einen QR-Code kann die Herkunft des Produkts bis zum Erzeuger zurückverfolgt werden.

Über einen QR-Code kann die Herkunft des Produkts bis zum Erzeuger zurückverfolgt werden.

Zurück in der Zukunft mache ich mich bereit, die fehlenden Zutaten im nächsten Supermarkt zu besorgen. Ganz altmodisch mache ich mich zu Fuß auf den Weg zur Bushaltestelle, wo die nächste Konsummöglichkeit auf mich wartet: Auf der Werbetafel kann ich mit einem Klick neue Pumps, Jeans oder einen schicken Blazer bestellen. Vor dem Supermarkt steht eine gekühlte Abholstation, in der man online georderte Lebensmittel abholen kann. Am Eingang hängt eine Kamera, die registriert, wie viele Menschen am Supermarkt vorbeilaufen und wie viele ihn betreten.

Ich passiere beides und betrete den Shop. Auf meinem Smartphone erscheint ein Hinweis: 30 Prozent Rabatt auf mein Lieblingsduschgel! Ein Sensor hat mein Handy erkannt, eine künstliche Intelligenz mein Profil mit vorherigen Käufen und Vorlieben abgeglichen und den Gutschein für mich ganz persönlich ausgewählt. Was wollte ich noch gleich?

Richtig: Rucola. Auf dem Weg dahin laufe ich an einem Bildschirm vorbei, darunter ein Stand mit Schokoladenkeksen. Auf dem Bildschirm sehe ich mich selbst, über mir erscheint eine Gedankenblase: „Neues Rezept?“ Augmented Reality, also erweiterte Realität, ist ein großer Baustein moderner Technologien in Apps, Videospielen oder eben im Marketing. Ich nehme eine Packung Kekse in die Hand, ein weiterer Sensor registriert die Packung und schlägt ein Rezept mit eben jenen Keksen vor. Auf Knopfdruck wird es ausgedruckt. Aber ich habe mein Ziel kurz aus den Augen verloren– ich wollte doch nur Rucola.

Kunden wollen Transparenz

Ich entscheide mich schließlich für eine Kochbox, in der alle Zutaten für mein Gericht bereits enthalten sind. Auf der Packung kann ich einen unsichtbaren QR-Code, der durch ausgetauschte Pixel auf dem Bild auf der Packung funktioniert, scannen und die Herkunft aller Zutaten bis zum Erzeuger nachvollziehen. Zusätzlich erscheint ein Hinweis auf dem Display: In meinem Profil habe ich eine Erdnussallergie angegeben. Das Produkt könnte möglicherweise welche enthalten, warnt mich mein Smartphone.

Transparenz in der Wertschöpfungskette und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit sind auch heute schon wichtig für viele Verbraucher. Besonders bei Fisch und Fleisch lassen sich häufig Trackingcodes auf der Packung finden, mit denen das fertige Endprodukt bis zum Erzeugerhof zurückverfolgt werden kann. Einkaufen zum Erlebnis machen, das ist das große Ziel der Firma, die übrigens den Barcode erfunden hat. So soll der Einzelhandel eine Chance gegen das Online-Geschäft haben.

Im Supermarkt der Zukunft gibt es die passenden Rezepte für die Produkte, die der Kunde erworben hat.

Im Supermarkt der Zukunft gibt es die passenden Rezepte für die Produkte, die der Kunde erworben hat.

Ich shoppe weiter. Mein Duschgel ist ausverkauft – mit einem einfachen Scan kann ich aber auch das schnell lösen und bestelle es einfach in meine eigene Paketstation direkt vor meine Haustür. Endlich habe ich, was ich brauche – und irgendwie noch mehr – und kann den Supermarkt verlassen: Bezahlen funktioniert ebenfalls vollautomatisch. Ich muss nur aus dem Markt spazieren und der Betrag wird von meinem Konto abgebucht, Voraussetzung ist natürlich eine vorangegangene Registrierung. Mein Einkaufserlebnis kann ich mit bis zu fünf Sternen bewerten.

Digitalisierung in vollem Gange

Zuhause angekommen, begrüße ich meinen „Mitbewohner“ Toni, der natürlich sofort registriert, dass jetzt alle Zutaten vorhanden sind. Ich frage ihn, wie ich das Ganze denn nun zubereite, denn kochen muss ich dann doch noch selbst. Er sucht mir ein Kochvideo aus dem Internet. „Und spiele doch bitte meine Cooking-Playlist“, sage ich und Toni startet meine liebste Kochmusik. Mein Duschgel und der Wein sind inzwischen auch angekommen: Mit einem Chip öffne ich meine Abholbox, in die die Waren pünktlich geliefert wurden.

Wann und ob überhaupt unser Alltag so oder zumindest so ähnlich aussehen wird, das lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Sicher ist jedoch, dass die Digitalisierung im vollen Gange ist und auch immer selbstverständlicher wird. „Vor zwölf Jahren war es auch nur Wenigen vorbehalten, ein Smartphone zu nutzen“, erklärt Eisenberg. „Und heute hat fast jeder eins.“

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