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Blumenladen in Köln-Merheim„Blumen Schramm“ muss nach 86 Jahren schließen

Lesezeit 4 Minuten
Noch sitzt Andrea Schramm-Schöter in ihrem Blumenladen.

Noch sitzt Andrea Schramm-Schöter in ihrem Blumenladen.

Merheim – Noch gut fünf Wochen stehen Andrea Schramm-Schröter (47) und ihre Tochter Nina (24) in ihrem Blumenladen am Kieskaulerweg 68 (Spezialität: Freiland-Rosen). Dann werden die Türen dieses Traditionsgeschäfts zugemacht – für immer.

Nach 86 Jahren und vier Generationen endet die Geschichte von „Blumen Schramm“ in Merheim. Das rund 2300 Quadratmeter große Grundstück mit Haus und Ladenlokal ist inzwischen verkauft und soll künftig mit Wohnungen bebaut werden.

„Es hat sich zuletzt einfach nicht mehr gerechnet“, sagt Schramm-Schröter. Als vor drei Jahren auf dem angrenzenden Gelände der ehemaligen KVB-Wendeschleife die Baustelle für einen umfangreichen Häuserkomplex eingerichtet wurde, sei ein Drittel der Kundschaft ausgeblieben. „Nach Fertigstellung der Häuser wollte ich die Entwicklung noch ein Jahr lang abwarten. Aber es hat sich nichts gebessert.“

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Mit der Aufgabe des Geschäfts liege sie gegenwärtig im Trend. „In Köln hat in den vergangenen drei Jahren jeder zweite Blumenladen dicht gemacht. Vor allem wegen der Konkurrenz durch die Supermärkte. Für die Preise, für die die Blumensträuße und Topfpflanzen verkaufen, kann ich die Ware nicht einmal im Großmarkt einkaufen.“

Aus ähnlichen Gründen hatte sie auch den hauseigenen Gärtnerei-Betrieb vor einigen Jahren aufgegeben. „Selbst Blumen zu säen und bis zum Verkauf zu pflegen, lohnte sich nicht. Da zahlte man drauf.“

Erste Gärtnerei in Merheim

Das war in früheren Jahrzehnten noch ganz anders. Ihr Großvater Anton Schramm hatte in Merheim im Jahr 1930 die erste Gärtnerei mit angeschlossenem Blumengeschäft gegründet.

Angeboten wurden vorrangig Topf- und Schnittblumen sowie Balkonpflanzen aus den eigenen Beeten, die hinter dem Laden um ein zweistöckiges Häuschen lagen. Genauso wirtschaftete bis zu seinem Tod im Jahr 2009 auch dessen Sohn Willi Schramm, der im Veedel als ein Original galt.

Denn neben Blumen und Pflanzen galt seine ganze Liebe den Tieren. So hatte er stets einige Ponys und Pferde, die er jeweils morgens von den Stallungen auf seinem Grundstück zu einer angepachteten Weide vor der Kirche St. Gereon brachte und abends dort wieder abholte.

Mehrmals in der Woche fuhr er mit einer Kutsche durch den Stadtteil sowie die angrenzenden Felder im Merheimer Bruch und lud stets die Kinder aus der Nachbarschaft und deren Mütter zum Mitfahren ein.

Auch bei Schul- und Pfarrfesten, bei Kindergeburtstagen und am Nikolaustag war er mit der Kutsche regelmäßig ehrenamtlich im Einsatz. Das Engagement für die Tiere hat er wohl an Tochter Andrea vererbt. „Ich bin wie mein Vater – ein bisschen verrückt.“

Sie kümmert sich heute um vier größere und vier kleine Ponys, zwei Ziegen und zwei Schafe, zehn Hühner, vier Hunde und fünf Katzen. „Die meisten habe ich gerettet. Die Pferde und die Ponys kriegen zum größten Teil bei mir das Gnadenbrot, die beiden Schafe habe ich mit der Flasche großgezogen, und die Katzen sind mir zugelaufen.“

Aber ihr Versuch, das gesamte Ensemble als „Gnadenhof“ laufen zu lassen, hatte die Stadtverwaltung abgelehnt. Das war neben Forderungen des Finanzamtes und der Aufstellung von Erschließungskosten durch die Stadt ein weiteres Argument für den Verkauf von Laden, Haus und Grundstück.

Inzwischen hat Schramm-Schröter ein kleines Haus im Bergischen Land erworben und auch schon eine feste Anstellung als Floristin gefunden. „Ich lebe ab November diesen Jahres in Much, mit 1700 Quadratmetern Grundstück und 6000 Quadratmetern Wiese und Stallungen. Alle Tiere ziehen mit um.“

Das passiert nun auf dem Areal

Denn auf dem Merheimer Areal, das in diesen Tagen schon umfangreich vermessen wurde, werden alle Aufbauten abgebrochen. Dort plant die in der Südstadt ansässige Projekton Immobilien GmbH, die das Gelände gekauft hat, den Bau von 25 bis 30 Neubauwohnungen.

„Da sind wir noch in Verhandlungen mit den Stadtplanern“, sagt Projekton-Sprecher Jochen Bäcker. „Auch ob es Miet- oder Eigentumswohnungen werden, ist noch unklar.“

Auch auf den derzeit verwaisten Wiesen im Landschaftsschutzgebiet vor St. Gereon sollen künftig weiterhin Pferde weiden. Schramm-Schröter: „Ich bringe in diesen Tagen meine Tiere wieder dorthin zurück. Ich hatte sie zuletzt wegen allzu vieler Mücken und Wespen im Stall auf dem eigenen Grundstück gelassen.“

Nach ihrem Umzug soll eine Bekannte die Weiden mit übernehmen, von der schon einige Pferde auf den angrenzen Wiesen stehen. „Pferde und Schafe vor der Kirche, das ist schon ein Erscheinungsbild, das den ländlichen Charakter dieses alten Teils des Veedels wachhält“, weiß auch Peter Heyduck, der Vorsitzende des Merheimer Geschichtskreises.

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