Schmutz, Lärm und DrogenAnwohner beklagt in offenem Brief Zustände in Köln-Kalk

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Razzia im September diesen Jahres in Kalk.

Razzia im September diesen Jahres in Kalk.

Kalk – Auf sein Einschreiben mit Rückschein an den Dezernenten der Stadt Köln für Soziales, Integration und Umwelt, Harald Rau, hat Dieter Meier bislang keine Antwort aus dessen Büro am Willy-Brandt-Platz erhalten. Dass der Kölner Stadtteil Kalk ein sozialer Brennpunkt sei, beschreibt er darin, speziell der Bürgerpark am Odysseum. „Ich wende mich mit der Bitte an Sie, mich zu informieren, welche Maßnahmen die Stadt in dem Bereich umsetzt, um eine weitere Verschärfung der Situation zu verhindern“, schreibt Meier.

Eine Kopie seines Briefes hat er im Oktober auch dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zugeschickt. Er sorge sich um den Park exemplarisch für den gesamten Stadtbezirk Kalk.

Mehr Verschmutzung

Seit etwa sechs Monaten veränderten sich demnach die Nutzer des Parks. Waren es vorher vorwiegend Bürger ohne Migrationshintergrund, bis auf einige wenige türkischstämmige Jugendliche, die sich hier erholten, „so sind es jetzt größere Gruppen von sechs bis 20 Personen mit eindeutigem Migrationshintergrund, teilweise mit Vollverschleierung“, führt Anwohner Meier weiter aus.

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Das allein würde es zwar nicht rechtfertigen, sich zu Wort zu melden, anders sei es jedoch mit dem sich geänderten Verhalten der Parkbesucher: Die Verschmutzung habe zugenommen, Urinieren in der Öffentlichkeit sei an der Tagesordnung. Unter den Bänken seien Wodka-Flaschen, aber auch Spritzen gesichtet worden. Der Lärm dringe vor allem am Wochenende bis spät in die Nacht in die Wohnungen, so Meier weiter.

„Die Stimmung, vor allem der Jugendlichen an den Bänken, am Parkrand und im Zugang zu den „Köln-Arcaden“ ist vorrangig aggressiv, respektlos und endet nicht selten in wüsten Beschimpfungen“, schreibt der Anwohner, „Obdachlose nutzen seit neuestem die Bänke zum Schlafen oder sitzen da auch mal den ganzen Tag über.“ Verschont blieben davon auch die privaten Kleinkinder-Spielplätze nicht, auf denen Marihuana Geruch wahrzunehmen sei. Diverse Einsätze von Polizei und Ordnungsamt habe es schongegeben.

Stadtsprecherin Inge Schürmann widerspricht dem Eindruck von Dieter Meier zumindest teilweise. „Seit April 2016 wird der Bezirk Kalk im Gegensatz zur früheren stadtweiten Allzuständigkeit grundsätzlich durch die Mitarbeiter einer Dienstgruppe des Ordnungsamtes betreut.“ Das habe dazu geführt, dass sich das Gefühl der Verantwortlichkeit, aber auch die Nähe zum Bürger und den Gewerbetreibenden, wie auch die Zusammenarbeit mit Polizei und Bezirksordnungsdienst (BOD) intensiviert habe, sagt Schürmann.

„In den vergangenen Monaten fanden – vor allem in den Abend- und Nachtstunden – verstärkt gemeinsame Aktionen mit Polizei, Zoll, Gewerbe- und Gaststättenabteilung, sowie BOD in Kalk statt“, führt die Stadtsprecherin weiter aus. Sie spricht damit unter anderem die zuletzt wieder verstärkten Razzien im Bezirk an – die letzte fand Ende Oktober an der Kalk-Mülheimer Straße statt. Dabei seien neben bekannten Brennpunkten auch Gaststätten, Spielhallen, Wettbüros sowie Kneipen und Bistros kontrolliert worden – gaststättenrechtliche Verstöße und allgemeine Ordnungswidrigkeiten wurden geahndet, so Schürmann.

Auch die Polizei teilt auf Anfrage mit, dass die erweiterte Präsenz der Ordnungskräfte durch die Schwerpunktaktionen in Kalk bereits spürbar wahrgenommen werde. „Wir wollen unser Konzept der erweiterten Präsenz mit den Schwerpunktaktionen vor Ort darum auch künftig umsetzen, sagt Sprecher Benedikt Kleimann.

Die Brennpunkte des Bezirks

Als Brennpunkte sind derzeit in beiden Behörden das Bezirksrathaus Kalk, Kalk Post, der Bürgerpark, die KVB Haltestelle Ostheim und das Naherholungsgebiet Merheimer Heide bekannt. Zudem befänden sich einige Spielplätze im besonderen Augenmerk der Präsenzstreifen von Stadt und Polizei. „Im Hinblick auf die personelle Lage sind die Kontrollen nicht zu jeder Uhrzeit möglich“, erläutert Schürmann für die Stadt, eine Intensivierung sei jedoch für die Zukunft geplant.

Die Delikte-Statistik der Polizei für den Bezirk Kalk belegt den subjektiven Eindruck von Anwohner Dieter Meier ebenfalls nicht zwingend. Denn der ist für den Zeitraum von Januar bis September 2016 im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr zuvor zwar eine Steigerung etwa bei Betäubungsmittel-Straftaten, Sachbeschädigungen sowie Fahrraddiebstählen zu entnehmen. Andere Delikte, etwa Wohnungseinbrüche, Raubüberfälle und Taschendiebstahl sind dagegen jedoch rückläufig.

Ob sich die Anzahl der Personen mit Migrationshintergrund in Kalk erhöht hat und wie häufig diese Menschen im Zusammenhang mit den Straftaten stehen, ist für Ordnungsamt und Polizisten kaum festzustellen. Dass der Bezirk bei vielen Zugezogenen aufgrund der vergleichsweise geringen Mieten beliebt ist, oder weil dort bereits Verwandte leben, sei bekannt. Konkrete Zahlen können weder Stadt noch Behörde liefern.

Dieter Meier führt in seinem Brief an den Sozialdezernenten Perspektivlosigkeit, fehlende Beschäftigung und soziale Einbindung sowie Langeweile resultierend aus zu wenig Freizeitangeboten als mögliche Ursachen für seinen Eindruck vom Veedel an. „Ich frage mich zum Beispiel, wo die Sozialarbeiter oder Streetworker des Stadtteils Kalk sind?“ Meier hofft weiterhin auf eine Antwort.

Zivilfahnder sollen Ansprechpartner sein

Das Ordnungsamt hat 2016 von Januar bis September 174 Ruhestörungen bei der Leitstelle des Ordnungs- und Verkehrsdienstes registriert. 2015 sind im gleichen Zeitraum 121 Ruhestörungen bei der Leitstelle eingegangen.

Beschwerden, die in den Nachstunden freitags und samstags eingehen, werden über die Polizei und den gemeinsam mit Mitarbeitern des Ordnungsamtes besetzten „Lärmstreifen“ aufgenommen, koordiniert und bearbeitet.

Die Polizei setzt bei ihrer Arbeit in Kalk auf Zivilfahnder sowie auf sogenannte Bezirksbeamte. Die sollen durch regelmäßige Präsenz in den Stadtteilen Vertrauen und Wiederkennungswert erzeugen und Ansprechpartner sein.

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