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HomestoryZu Besuch beim designierten Kölner Dreigestirn

Lesezeit 4 Minuten
Die Prinzen-Familie: Der designierte Karnevalsprinz Stefan Jung mit Lebensgefährtin Martina Mahne und seinen beiden Kindern, der 18-jährigen Laura (l.) und dem zwölfjährigen Liam.

Die Prinzen-Familie: Der designierte Karnevalsprinz Stefan Jung mit Lebensgefährtin Martina Mahne und seinen beiden Kindern, der 18-jährigen Laura (l.) und dem zwölfjährigen Liam.

Köln – Das kann ja ein heiterer Männerchor werden, dieses Dreigestirn, das heute im Rathaus seinen Vertrag unterzeichnet, bevor es auf dem Heumarkt erstmals öffentlich vor die Jecken tritt. Mit insgesamt vier Kindern gilt das Sessionsmotto „Wenn mer uns Pänz sinn, sin mer vun de Söck“ für sie seit Jahren täglich. Und sie schlagen jetzt schon ungewöhnliche Töne an.

Prinz singt unter der Dusche

Der künftige Prinz Stefan I. (Stefan Jung, 47) singt lauthals kölsche Lieder. Am liebsten unter der Dusche, wie Lebensgefährtin Martina Mahne beim Plausch mit der Presse im Alten Brauhaus an der Vringsstroß verrät.

Beim Bauern Andreas Bulich (39) ist „Op däm Maat“ die Familienhymne, weil er auf einem Bauernhof zwischen Ferkeln groß geworden ist.

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Ganzjährig hört er mit Ehefrau Angela und Sohn Christopher (5) jecke Saache. „Nur kurz unterbrochen von Weihnachten.“

Die Jungfrau Stefanie in spe (Stefan Knepper, 46) ist jeck auf Hörspiele der ???-Reihe („Ich habe alle 184 Folgen auf meinem Smartphone.“) und „ihre“ Lieblingsfolge heißt „Der sprechende Totenkopf“. Was komisch klingt, weil „sie“ Bestatter ist.

Das ist Prinz Stefan I.

Eine schöne Bescherung gibt es hingegen für die Studierenden des Fachs Steuerrecht an der Rheinischen Fachhochschule Köln: Weil ihr Studiengangleiter nun Prinz wird, müssen alle Klausuren noch vor Weihnachten geschrieben werden.

Der gebürtige Remscheider war schon als Kind bekloppt auf Karneval. Mit seinen Eltern fuhr Jung regelmäßig zu den Schull- und Veedelszöch.

1983 stand er als Zwölfjähriger erstmals am Rande des Rosenmontagszuges. „Als der damalige Prinz Kurt Ludes an mir vorbeifuhr, hat es schon gekribbelt.“

Aber es war kein Traum, Tollität in Köln zu werden: „Bei mir ist es eher gelaufen wie im Märchen. Den Euro-Jackpot zu knacken war für mich realistischer.“

Nach abgebrochenem Wehrdienst („Als der erste Golfkrieg anfing, kamen mir Zweifel, ob das alles richtig ist.“), pflegte er seine kranke Oma, wurde Zivi in einer HNO-Klinik und reiste durch Asien, Australien und die USA.

Der Vater von zwei Kindern – Tochter Laura (18) ist gerade in ihre erste eigene Wohnung gezogen, Sohn Liam (12) besucht das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium – ist geschieden und lebt mit seiner neuen Partnerin in Sülz. Die zog 2006 von Westfalen ins Rheinland und ist „noch in der zehnjährigen Akklimatisierungsphase“. Doch die Prinzenpläne ihres Liebsten akzeptierte sie sofort.

Der hat eine karnevalistische Blitz-Karriere hingelegt. Seit gerade einem Jahr ist er Senator bei der Kölner-Narren-Zunft. Dorthin gelockt hatte ihn der kommende Bauer. Dieser hatte während eines berufsbegleitenden Wirtschaftsstudiums an der FH beim Prinzen sein Examen abgelegt. „Schnell war uns klar, dass wir gleich ticken.“

Das sind Bauer Andreas und Jungfrau Stefanie

Bulich hatte früh gemerkt, dass Treckerfahren oder mal bei der Ernte helfen zwar Spaß macht, er aber lieber Fußball spielte und mit Freunden umherzog. Ins Poesiealbum schrieb er damals den Berufswunsch Bankdirektor. Trotzdem kam für ihn die Prinzenrolle nie infrage. „Der Bauer hat einfach das viel schönere Ornat.“ Den elterlichen Hof in Niederkassel bewirtschaftet heute sein Bruder.

Ob der Inhaber einer Versicherungsagentur in Siegburg den Rosenmontagszug versichern würde? „Da würde ich nicht nein sagen“, entgegnet er. „Das ist nur eine Frage der Risikoeinschätzung. Aber das Festkomitee ist schon in guten Händen.“

Seine Frau lernte Bulich bei der Sparkasse Köln-Bonn kennen, wo beide beschäftigt waren. „Das war nicht »Bauer sucht Frau«, das war »Banker sucht Bankerin«.“ Über die Müllemer Junge kam er 2009 zur Narren-Zunft.

Zum Zweitberuf am 11.11.

Da war die kommende Jungfrau Stefan Knepper schon fünf Jahre in der KG und schwärmte bereits von der Rolle im edlen Kleid. Nun hat es für den einzigen gebürtigen Kölner im Trifolium – er lebt mit Frau Heike, Tochter Marja (7) und zwei Katzen in Vogelsang – gepasst.

Der Speditionskaufmann und Logistikchef kam 2008 quasi „wie die Jungfrau zum Kinde“ zum Zweitberuf Bestatter. Menschlich im alten Job enttäuscht, hatte er sich auf eine neutrale Anzeige beworben. „Aber ich bin behutsam angelernt und vorbereitet worden. Tod gehört einfach zum Leben dazu.“

Die Bestatter-Prüfung legte er – natürlich – an einem Elften im Elften ab. „Das war schon ein Omen“, findet er. Nur eins bedauert er: Dass er nächstes Jahr erstmals seit 1982 den Niehler Veedelszoch verpassen wird, den er mit organisiert. „An dem Tag habe ich wohl andere Termine.“

Neben den drei Fragezeichen aus seinem Lieblingshörspiel, das er zum Einschlafen abends im Bett hört (Sie: „Zum Glück mit Kopfhörern“), gibt es mit seiner bevorstehenden Amtszeit als Ihre Lieblichkeit nun eine vierte große Unbekannte in seinem Leben: die Session als Mann im Kleid.

„Ich freue mich und bin stolz. Aber ich hab auch Bammel.“ Seit Jahren werde er vom Männergesangsvereins Vogelsang bekniet, mitzusingen. An seine bevorstehenden Bühnenauftritte denkend, bereut er nun: „Wär ich doch hingegangen.“

Echte Freundschaft ist eben selten. Auch und erst recht als künftiges Dreigestirn. „Da hat man plötzlich ganz viele Freunde“, haben Stefan Jung, Andreas Bulich und Stefan Knepper schon gemerkt. Umso mehr haben sie sich Bodenständigkeit und Teamgeist zur Devise erklärt. Jung: „Wir sind nicht Prinz, Bauer und Jungfrau. Wir sind Dreigestirn.“ Und ohne Publikum nichts. „Jeder Jeck ist Dreigestirn.“

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