RosenmontagQueridas Sturz befeuert Debatte um Tierquälerei – auch Vorfälle in Region

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Das gestürzte Pferd wurde an Ort und Stelle von Spezialisten behandelt und dann abtransportiert.

Das gestürzte Pferd wurde an Ort und Stelle von Spezialisten behandelt und dann abtransportiert.

Welche Zwischenfälle mit Pferden hat es gegeben?

Es war etwa 16 Uhr und der Kölner Rosenmontagszug in vollem Gange, als auf der Nord-Süd-Fahrt in Höhe der WDR-Arkaden die 19-jährige Stute Querida einen Kreislaufkollaps erlitt. Das Tier war für das Reitercorps der Bürgerwehr Nippes im Einsatz, es gehört zu einer Reitanlage in Langenfeld und wurde von der Bürgerwehr nur ausgeliehen. „Querida ist mit dem Hinterteil langsam runtergegangen“, sagt Reitercorps-Führer Hellmut Schüßler, der direkt hinter Querida auf seinem Pferd unterwegs war.

Weil der Asphalt zu glatt war, sei die Stute nicht mehr hoch gekommen. Auch beim Bonner Rosenmontagszug gab es einen Vorfall mit Pferden. Zwei Pferde, die eine Kutsche der Ehrengarde zogen, gingen durch. Das Gefährt kollidierte daraufhin mit zwei geparkten Autos und fuhr auf einen anderen Karnevalswagen auf. Zwei Männer wurden leicht verletzt. Der Zustand der Pferde sei „stabil“, erklärte die Polizei.

Wie wurde Querida behandelt?

Vorneweg: Dem Tier geht es wieder gut, auch dem Reiter ist nichts passiert. Bis Dienstagnachmittag blieb Querida zur Beobachtung in der Pferdeklinik Leichlingen, wohin das Pferd nach seinem Zusammenbruch transportiert wurde. Danach wurde es zurück nach Langenfeld gebracht. Eine Tierärztin verabreichte der auf dem Boden liegenden Stute zunächst ein Beruhigungsmittel, damit es sich auf dem Transport Richtung Klinik nicht verletzt. Laut Experten ein durchaus übliches Verfahren.

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Dann wurde es von mehreren Helfern auf eine Trageplane für Pferde gedreht und mit Hilfe einer Seilwinde in den Tiertransporter gezogen. Dem Tier sei es schon bei seiner Ankunft wieder gut gegangen, so Matthias Krebs von der Pferdeklinik Leichlingen: „Alle Werte sind im Normalbereich.“

Wie werden die Pferde kontrolliert?

Insgesamt waren im Rosenmontagszug rund 500 Pferde unterwegs. Vor dem Start werden sie von Tierärzten der Stadt untersucht. Auffällige Tiere werden nicht zugelassen. Auch die Vereine setzen Veterinäre ein. Die fünf Tierärzte der Stadt entnehmen vor und nach dem Zug zudem einigen Pferden Blutproben. Geprüft wird so, ob verbotenerweise Beruhigungsmittel verabreicht wurden. Insgesamt sollen in diesem Jahr 30 Tiere getestet worden sein. Die Stadt konnte am Dienstag nicht klären, ob auch Querida darunter war. Laut Bürgerwehr Nippes sei dies nicht der Fall gewesen.

„Wir treten aber den Beweis an, dass unsere Tiere nicht gedopt wurden“, so Hellmut Schüßler. Deshalb habe der Verein am Dienstag eine nachträgliche Blutprobe durch das Veterinäramt veranlasst. Ein Ergebnis wird erst in einigen Tagen erwartet. Noch kurz vor dem Start habe zudem eine eigene Veterinärin die Tiere der Bürgerwehr begutachtet, es hätten keine Probleme bestanden. Aber ein Beruhigungsmittel ist nur eine mögliche Ursache für den Kollaps. Denkbar ist etwa auch, dass Querida zu wenig getrunken oder gefressen hatte.

Warum plädieren Tierschützer für ein Verbot?

Für Tierschützer wie Peta oder die drei Kölner Organisationen, die bei der Stadt Köln erfolglos einen Antrag auf Verbot von Pferden in Karnevalsumzügen gestellt hatten (Netzwerk für Tiere Köln, Tierrechtsinitiative Köln und der Verein Rheinvegan) ist der Einsatz von Pferden im Karnevalszug Tierquälerei. Laute Musik, tanzende und singende Menschen oder das stundenlange, langsame Gehen bedeuteten zu viel Stress für die schreckhaften Fluchttiere.

Sie behaupten auch, Karnevalsgesellschaften würden den Pferden Beruhigungsmittel verabreichen. Laut Stadt gab es in der Vergangenheit tatsächlich „einige wenige“ positive Testergebnisse – obwohl die „medikamentöse Beruhigung“ auch von der Zugleitung „strikt“ untersagt ist. Pferdehalter, die dagegen verstoßen, müssen ein Bußgeld zahlen und dürfen das Tier nicht mehr im Zug einsetzen.

Wie ist die Rechtslage?

Der Einsatz von Pferden in Karnevalszügen fällt unter das Tierschutzgesetz. Sabine Beyer von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) bringt das wie folgt auf den Punkt: „Sind Tiere, Reiter und Fahrer nicht gut auf die Anforderungen eines Umzuges vorbereitet, ist ein Einsatz nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar.“ Reiter, Fahrer und Begleitpersonen müssten sachkundig sein, was durch Vorlage eines Reit- oder Fahrabzeichens nachgewiesen werden könne, gesetzlich aber nicht vorgeschrieben sei.

Pferde mit Medikamenten zu beruhigen müsse laut TVT generell verboten werden. „Die Notwendigkeit Beruhigungsmittel einzusetzen, lässt darauf schließen, dass den Tieren Leistungen abverlangt werden, denen sie nicht gewachsen sind, was laut Paragraf drei des Tierschutzgesetzes verboten ist “, so Beyer.

Wie werden Reiter und Tiere auf den Zug vorbereitet?

Bei den meisten großen Reitercorps müssen die Reiter eine bestimmte Anzahl von Reitstunden absolviert haben – 35 im Dreiviertel Jahr vor dem Rosenmontagsumzug sind es zum Beispiel beim Reitercorps der Ehrengarde. Die Pferde würden außerdem auf kleinen Umzügen auf die Belastungen des großen Rosenmontagszug vorbereitet. Dort dürfen nur Pferde mitlaufen, die mindestens sechs Jahre alt sind. Sind sie älter als 18, haben die Vereine eine Unbedenklichkeitsbescheinigung eines Tierarztes vorzulegen.

Wie reagieren die Verantwortlichen auf den Vorfall?

Das Festkomitee Kölner Karneval wollte sich am Dienstag nicht äußern. „Wir werten diese Dinge in Ruhe aus“, so Sprecherin Sigrid Krebs. Laut Hellmut Schüßler von der Bürgerwehr Nippes werden der Zugleiter und die 13 Reitercorpsführer nun über Verbesserungen für die Tiere beraten. Da Querida auf dem Asphalt ausgerutscht sei, kämen etwa rutschsicherere Hufbeschläge in Betracht. Von einem pferdefreien Zug hält Schüßler wenig: „Für uns gehören Pferde in den Karneval.“

Immerhin seien Reitercorps seit jeher Persiflagen auf das Militär gewesen. Auch Ralf Unna, Grünen-Ratsmitglied und Tierarzt spricht sich gegen einen pferdefreien Zug aus, fordert aber verschärfte Kontrollen. Pauschal müssten zehn Prozent aller Tiere geprüft werden – und nicht, wie bisher, nur im Verdachtsfall.

In Eschweiler gab es einen ähnlichen Vorfall. Dort haben Menschen eine Petition gegen den Einsatz von Pferden im Rosenmontagszug initiiert.

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