Keine Kooperation unter RadverleihernKVB und Ford starten Konkurrenzkampf

Lesezeit 5 Minuten
Mit einem „Flashmob“ am Dom wirbt Ford für sein neues Leihfahrradangebot.

Mit einem „Flashmob“ am Dom wirbt Ford für sein neues Leihfahrradangebot.

Köln – Mit einem „Flashmob“ auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs hat Ford sein neues Leihfahrrad-Angebot gestartet. Ford-Vize Wolfgang Kopplin und die Chefin des Leihfahrradpartners Deutsche Bahn Connect, Sylvia Lier, radelten mit Mitarbeitern öffentlichkeitswirksam durch die Stadt.

Ford konkurriert mit der KVB

Mit 2000 schicken neuen Rädern betritt Ford ein neues Geschäftsfeld und leistet einen Beitrag für ein besseres Mobilitätsangebot. Was im PR-Rummel ein wenig unterging: Der Kölner Autobauer tritt in direkte Konkurrenz zum städtischen Unternehmen KVB, das mit einem ähnlichen Angebot seit zwei Jahren in Köln aktiv ist. Versuche, das Angebot aufeinander abzustimmen und zu kooperieren, hat es offensichtlich keine gegeben. 

Die KVB hätte solche Gespräche gerne geführt, doch Ford soll wenig Interesse gezeigt haben. Man habe eine andere Zielsetzung, arbeite an einem bundesweiten Angebot, so Ford-Chef Gunnar Herrmann. Eine Kooperation mit einem kommunalen Anbieter sei nicht naheliegend. Die Stadt hätte eingreifen und vermitteln können. Doch die Initiative, mit einer konzertierten Aktion einen echten Fortschritt bei der Förderung des Radverkehrs zu koordinieren, blieb aus.

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Andere Städte sind deutlich weiter als Köln

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt Verkehrsdezernentin Andrea Blome nur: „Ein aufeinander abgestimmtes Angebot bedarf künftiger Verhandlungen und Gespräche.“ Einen Grund, vorher aktiv zu werden, sah sie nicht. Die Stadt kooperiere erfolgreich mit ihrer Tochter KVB. Dass Ford ein zusätzliches Angebot mache, sei zu begrüßen. 

Andere Städte sind deutlich weiter als Köln: Sie steuern nicht nur das Leihfahrrad-Angebot im Stadtgebiet, sie sind auch mit öffentlichen Zuschüssen eingestiegen. Vorreiter ist Hamburg. Dort kann jeder Bürger jeden Tag eine halbe Stunde kostenlos ein Fahrrad leihen. Das lässt sich die Stadt rund 2,6 Millionen Euro pro Jahr kosten. Das Angebot „Stadt-Rad-Hamburg“ sei ein Baustein der Verkehrspolitik der Hansestadt, „ein Beitrag zur angestrebten Erhöhung des Radverkehranteils“, wie ein Stadtsprecher sagt.

Schüler von Freifahrten ausgeschlossen

In den vergangenen Jahren habe man das Geschäftsgebiet immer weiter ausgebaut, die Zahl der Ausleihen sei kontinuierlich gestiegen. 2016 habe man über drei Millionen Fahrten registriert. Zum Vergleich: Bei der Kölner KVB liegt die Zahl der Ausleihen deutlich unter einer Million pro Jahr.

Auch in Stuttgart oder Lüneburg gibt es ein ähnliches Angebot wie in Hamburg. In Köln können nur die Besitzer einer KVB-Monatskarte eine halbe Stunde kostenlos fahren, Schüler mit Monatsticket wurden ausgeschlossen. Sie müssen wie alle anderen Nutzer für eine halbe Stunde auf dem Leihfahrrad einen Euro zahlen.

Kostenloses Leihfahrrad-Angebot scheint abwegig

Die Tarife beim neuen Ford-Angebot sind komplizierter und unterm Strich zumindest für Gelegenheitsnutzer teurer: Zahlt man einen Jahresbeitrag von 49 Euro, bekommt man die erste halbe Stunde pro Fahrt kostenlos. Alternativ bezahlt man einen „Basis-Tarif“ von drei Euro pro Jahr. Dann zahlt man wie bei den KVB einen Euro pro halbe Stunde.

Warum macht es Köln nicht wie Hamburg? Bislang gibt es keinerlei Initiative aus der Politik. Auch im für Verkehr zuständigen Dezernat ist vorerst nichts Ähnliches geplant, so Blome. Die Förderung des Radverkehrs steht zwar in allen Forderungspapieren, doch auf die Idee eines kostenlosen Leihfahrrad-Angebots ist offenbar noch keiner gekommen.

In städtischen Konzepten zur Verknüpfung der Verkehrsmittel taucht das Leihfahrrad bislang nicht auf. So wie beim Park&Ride-Angebot Straßenbahn und Auto verbunden werden, könnte man wohl auch das Leihfahrrad zur Alternative zum Stau auf den Einfallstraßen in die Stadt machen.

Ärger über versteckte KVB-Räder

Doch statt einer Koordination der Angebote beginnt nun ein Konkurrenzkampf zwischen KVB und Ford. Der Beobachter staunt noch mehr, wenn er weiß, dass Ford mit der Deutschen Bahn zusammenarbeitet, die nun für das neue gemeinsame Angebot ihr eigenes „Call-a-bike“-Angebot vom Markt nimmt. Die KVB und die Deutsche Bahn sind nämlich Partner im Verkehrsverbund Rhein-Sieg, wo die Angebote der Unternehmen eigentlich zum Nutzen der Allgemeinheit miteinander abgestimmt werden sollten.

Macht dieser Wettbewerb verkehrspolitisch wenig Sinn, so dürfte er für die bisherigen Nutzer der Leihfahrräder auch Vorteile haben: Die neuen Ford-Räder bieten eine bessere Technik als die der KVB. Vor allem aber wird das System mit virtuellen Ausleihstationen im Stadtgebiet verlässlicher und ein Beitrag gegen die Radler sein, die schamlos betrügen. Anstatt die KVB-Räder wie vorgeschrieben gut sichtbar und erreichbar am Straßenrand abzustellen, werden sie immer häufiger in Hinterhöfen, Hausfluren und Parkhäusern versteckt.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Wir sind stark daran interessiert, das zu verbessern“, sagt KVB-Sprecher Stephan Anemüller. Da der KVB und ihrem Partner Nextbike jedoch bislang nichts Wirkungsvolles gegen den Missbrauch eingefallen ist, könnte die Verärgerung der vielen ehrlichen Nutzer erst einmal dazu führen, dass sie sich in naher Zukunft lieber auf das etwas teurere Ford-Angebot verlassen.  

Weitere Anbieter aus China wollen auf die Kölner Straßen

Es dürfte nicht bei den beiden Anbietern Ford und Kölner Verkehrs-Betriebe bleiben, die in Zukunft Leihfahrräder in Köln anbieten. Die Stadtverwaltung bestätigt, dass es gleich mehrere Anfragen von „Interessenten aus dem chinesischen Markt“ gebe. Diese würden „Möglichkeiten eines Verleihsystems in Köln ermitteln“. Die Stadt befinde sich in Gesprächen mit möglichen Anbietern, Ergebnisse gebe es aber bislang noch nicht.

Die Einflussmöglichkeiten der Stadt durch Bestimmungen einen möglichen Wildwuchs zu begrenzen und Anbieter zu Kooperationen zu zwingen, sind begrenzt. Erst wenn ein Radverleiher feste Stationen im öffentlichen Straßenrand bauen will, braucht er eine Genehmigung. Eine indirekte Einflussmöglichkeit gibt es über die Werbesatzung der Stadt, falls die Fahrräder auch als Werbeflächen für Firmen vermarktet werden sollten. 

Die meisten Stadtteile profitieren nicht

Das neue Angebot Ford-Pass arbeitet im Gegensatz zum Verleihsystem der Kölner Verkehrs-Betriebe nun mit solchen Stationen, umgeht aber die Genehmigungspflicht dadurch, dass diese keine Fahrradständer oder andere Bauten benötigen. Die Stationen sind 220 festgelegte Punkte im Geschäftsgebiet, die der Kunde über sein Smartphone findet. Im Umfeld von 50 Metern kann man dann sein Leihfahrrad nach der Ausleihe abstellen.

Parkt man außerhalb einer solchen Zone muss man fünf Euro „Service-Entgelt“ zahlen. In der Innenstadt liegen die Stationen recht nahe beieinander, jenseits der City können sie einen Kilometer auseinander liegen. Das Geschäftsgebiet von Ford-Pass umfasst – wie bei den KVB-Rädern auch – nicht annähernd das ganze Stadtgebiet. Die meisten Stadtteile profitieren nicht. Bei Ford ist das Geschäftsgebiet sogar noch kleiner als bei der KVB.

www.fordpass-bike.de www.kvb-rad.de 

KStA abonnieren