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Kölner KlagemauerDebatte um das Erbe von Walter Herrmann

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Walter Hermann vor der Klagemauer

Walter Hermann vor der Klagemauer

Köln – Walter Herrmann, im Juli gestorbener Initiator der Kölner „Klagemauer“, hat mit seiner von jeher umstrittenen Installation auch über den Tod hinaus Furore gemacht. Er hinterließ die 50.000 bis 70.000 Papptafeln mit ihren teils anti-israelischen und antisemitischen Inhalten dem Kölner Stadtmuseum und dem Historischen Archiv.

Das löste eine heftige politische und gesellschaftliche Debatte aus: Gehört die „Klagemauer“ in das kollektive Gedächtnis der Stadt? Ist sie als Teil der Kölner Historie bewahrenswert, trotz ihrer – gerade in der Schlussphase – anstößigen und sogar gerichtsanhängigen Bilder und Aufschriften? Sollen die teils offen antisemitischen Tafeln womöglich ausgestellt werden?

IHK-Geschäftsführer Ulrich Soénius, Historiker und Chef des Kuratoriums der „Stiftung Stadtgedächtnis“, verwahrte sich vehement dagegen, Herrmanns Vermächtnis anzunehmen. „Die angebliche Mahnwache des Herrn Herrmann bestand aus agitatorischen Vorwürfen gegen den Staat Israel, den er abgründig in seiner antisemitischen Haltung hasste“, argumentierte Soénius und warnte vor einem bleibenden Imageschaden für die Stadt. Politiker von CDU, SPD und FDP wurden noch deutlicher: Das Zeug gehöre in die Tonne, Depotflächen seien dafür zu schade.

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„Teil der Protestkultur“

Archiv-Chefin Bettina Schmidt-Czaja dagegen bezeichnete die Klagemauer als Teil der „Protestkultur in Köln“ und sagte: „Dass wir damit nicht übereinstimmen, ist nicht relevant. Man muss es dokumentieren, sonst wäre es ja Zensur.“

Von einem „historischen Dokument – auch mit dem, was sie zuletzt zeigte“, sprach auch Mario Kramp, der Direktor des Stadtmuseums. Er stellte aber auch klar, dass sein Haus nicht die Absicht habe, den gesamten Nachlass Herrmanns zu übernehmen oder ihm „eine große Bühne zu bereiten“. Stattdessen sollten „ausgewählte Teile“ in die Sammlung des Museums übernommen werden.

Was folgte, war ein klassischer Kompromiss auf Vorschlag der Verwaltung: Das Historische Archiv sollte demzufolge bis zu drei Umzugskartons mit Herrmanns Papptafeln füllen – ausgewählt nach dem Zufallsprinzip. Das Stadtmuseum bekundete kein Interesse mehr.

Damit sind die entscheidenden Fragen der Debatte aus dem Sommer aber nicht erledigt: „Der Erinnerung wert? Walter Hermann, die Klagemauer, der Antisemitismus und die Aufgabe historischer Archive“, heißt deshalb der Titel einer Diskussion in der Karl-Rahner-Akademie.

Teilnehmer sind: Volker Beck (religionspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag), Udo Behrendes (Polizeidirektor a.D.), Mario Kramp (Direktor des Kölnischen Stadtmuseums), Gisela Fleckenstein (Archivarin am Historischen Archiv), Miguel Freund (Stellv. Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit), Pfarrer Franz Meurer (alternativer Ehrenbürger) und Martin Stankowski (Publizist). Der Abend wird moderiert von KStA-Chefkorrespondent Joachim Frank.

„Der Erinnerung wert?“, Dienstag, 15. November, 19 Uhr in der Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, Köln. Eintritt: 8 Euro (ermäßigt 4). Anmeldung erbeten unter Tel. 0221/80 10 78-48

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