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Kölner KuchentempelAber bitte mit Sahne!

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Verführerisches von Madame Miammiam.

Verführerisches von Madame Miammiam.

Köln – Während im Kölner Haushalt gespart wird, herrscht anderswo Dolce Vita. Heimische Konditoren und Tortenkünstler übertreffen einander in ihren Backstuben mit verführerischsten Kreationen. Dabei gesellen sich zu den Traditions-Betrieben neue, unkonventionelle Konditoreien, die das Angebot mit dekorativen Werken erweitern. Eine Auswahl der Kölner Zuckerbäcker:

Udo Klüppelberg kann noch so schöne Sahnetorten backen, die leckerste Birnenmousse anrühren und die tollsten Nussecken, Hefeteilchen und Rumkugeln herstellen. Die (meisten) Kunden wollen von dem Konditormeister aus Höhenberg alle nur das eine: Törtchen, Törtchen und nochmals Törtchen. Kaum jemand geht ohne aus dem 20 Quadratmeter kleinen Laden in Höhenberg mit ausschließlich Außer-Haus-Verkauf. Es reicht zu sagen: „Ich nehme zehn Stück.“ Kommt eine Rückfrage, lautet die höchstens: „Sahne dazu?“ Es wird zügig bedient in dem Traditionsunternehmen, das Klüppelbergs Großvater Hugo nach dem Ersten Weltkrieg gegründet hat und in dem sein Vater Karl Rolf 1961 begann, kleine Marzipantörtchen in Masse zu produzieren. Rund 300 der Gaumenschmeichler mit dem knallbunten Obst zum Stückpreis von 90 Cent gehen unter der Woche über die Theke, an Wochenenden – wenn die Schlange bis vor das benachbarte Geschäft reicht – „ein paar mehr“, wie der 45-Jährige nur sehr knapp antwortet. Ein Blick ins Allerheiligste, die Backstube, ist verboten. Nur so viel verrät sein Vater: „Das Geheimnis ist unser 80 Jahre alter Backofen.“ Der einzige in Köln, der noch mit Holz geheizt werde. „Dafür sind wir auch schon ausgelacht worden. Aber wir haben uns durchgesetzt. Und wir haben keine Strom- und keine Heizkosten.“ Auch eine Überdachung für die sogar bei Regen anstehenden Fans wird es unter Udo Klüppelberg nicht geben. „Das gehört einfach dazu.“ (kaz) Olpener Straße 262, Höhenberg

Erst im vorigen Jahr hat das „Café Alsen“ in Riehl eröffnet, gegründet von Immobilienmakler Frank Alsen, der jetzt im hinteren Bereich seine Agenturräume hat. Das Alsen ist gemütlich-nostalgisch eingerichtet und hat neben einigen gelieferten Kuchen auch köstliche Eigenkreationen im Angebot wie „Alsens Nougat“, „Alsens Schokotorte“ und die „Riehler Sünde“ mit viel Marzipan. Zusätzlich gibt es Plätzchen, Pralinen ebenfalls aus eigener Herstellung. Auch wer es eher deftig mag, wird im Alsen glücklich. Eine besondere Spezialität ist neben den italienischen Kaffee- und Espressosorten der „Café Ibiza“, der von den Balearen eingeflogen wird. (bes) Stammheimer Straße 102, Riehl

Das pinkfarbene Marzipan zerfließt noch auf der Zunge, da schmeckt man bereits die Mangofüllung im Boden des kleinen Törtchens. Wer königlich genießen möchte, ist im Royal Cupcakes, dem einzigen Cupcake-Café Kölns, genau richtig. Jeden Tag gibt es frisch gebackene Mini-Kuchen – mehr als 150 verschiedene Sorten haben Inhaber Kirstin Pollheim und Herre van der Most seit der Eröffnung 2008 in der Backstube „Backingham Palace“ kreiert. Alles erinnert in liebevoller Ironie an das Vereinigte Königreich. Die royalen Versuchungen können nicht nur im Café genossen werden, sondern auch mitgenommen werden. (stö)

Alte Wallgasse 5, Innenstadt

Wer edle Schokolade will, wird bei „Hernando Cortez“ – klein und fein versteckt in der Gertrudenstraße – nicht nur fündig, sondern regelrecht inspiriert. Neben namhaften Tafel- und Pralinenherstellern wie Domori, Venchi oder Dolfin sind Trinkschokoladen die Spezialität in dem hübschen Ladenlokal mit Mini-Café. Die gibt es ebenfalls mit unterschiedlichen Kakaoanteilen von 39 bis 100 Prozent und einer Auswahl an Gewürzen, mit denen man sein Getränk verfeinern kann. Spannend sind auch die kleinen Entdeckungen, die man machen kann, etwa die weißen Trüffelpralinen aus piemontesischen Haselnüssen, die auch schokoladenlos süchtig macht. (don) Gertrudenstr. 23, Innenstadt

Rückzugsraum an einer der meistbefahrenen Straßenkreuzungen der Stadt bietet das Café Bonnen. „Unsere Konditorei zeichnet sich durch ihre große Produktvielfalt aus“, sagt Inhaber Bernd Bonnen. Richtig bekannt ist die Lindenthaler Konditorei für ihren Margaretenkuchen, jene üppige Kreation aus Butter, Mandelmasse und Marzipan. Nichts für Kalorienzähler sind auch eigene Kreationen wie die Erdbeer-Champagner-Sahne mit Baumkuchenringen oder die winterliche Calvados-Apfeltorte mit karamellisierten Walnüssen. Eine weitere Besonderheit: das „Torten-Taxis“, mit dem der Meister persönlich Torten zu Feierlichkeiten ausliefert. (Rös) Melatengürtel 2, Lindenthal

Inhaberin Anne Schultes erschafft seit 2007 in Köln ihre süßen Kunstwerke. Bevor sie in London eine Ausbildung zur Konditorin machte, studierte Schultes bildende Kunst. „Mich hat schon im Studium essbares Material wegen seiner Vergänglichkeit fasziniert“, erzählt sie. Den künstlerischen Hintergrund sieht man ihren Köstlichkeiten an: Filigranes, kunterbuntes Zuckerdekor ist ihr unverkennbares Markenzeichen. Das Besondere an ihren Kuchen-Kreationen ist dann auch, dass sie nicht nur gut schmecken, sondern auch ungewöhnlich gut aussehen. Besonders empfehlenswert: Petits Fours und Florentiner. (jfl) Antwerpener Straße 39, Innenstadt

Die Nierentisch-Ära ist im Café Franck noch lange nicht vorbei. Mit seinem gemütlichen Retro-Interieur punktet das Café am Ehrenfeldgürtel, wo es seit 1937 an der Kreuzung zur Eichendorffstraße zu finden ist. Umrahmt von Gründerzeitarchitektur, ist es Treffpunkt für Liebhaber süßer Spezialitäten. Jahrzehntelang war der Name Franck buchstäblich in aller Munde, wenn es um feine Konditor-Erzeugnisse und um Pralinen ging.

Die Witwe des Gründers gab im Alter von 91 Jahren das Geschäft ab – ein Glück, dass der Name und die Tradition erhalten blieben. 2003 übernahmen Daniel und Annette Vollmer das in die Jahre gekommene Café und eröffneten es im Januar 2004 behutsam aufgefrischt wieder. Frische ist auch das Zauberwort für die große Kuchenauswahl, bei der Annette Vollmer die Vanille-Marzipan-Torte und den Russischen Zupfkuchen ebenso gern empfiehlt wie den Marmorkuchen. Als Begleiter sollten unbedingt Kaffeespezialitäten gewählt werden. Schließlich haben alle Mitarbeiter eine Baristaschulung absolviert. (Rös) Eichendorffstraße 30, Neuehrenfeld

Wunderbares Eis (sehr gut: Vanille) und die köstlichen Torten (Sensation: der schwäbische Apfelkuchen) sind die Aushängeschilder des seit mehr als 60 Jahren bestehenden Familienbetriebs in der Lindenstraße, den Peter Dinkelbach führt. Viele Rezepte der Torten, die das Café Braun herstellt, stammen aus der Lehrzeit von Dinkelbachs Vater und werden wie früher ohne jegliche Backmischungen und Fertigprodukte hergestellt. Mittlerweile sind aber auch viele neue Kreationen dazugekommen. Viel Wert gelegt wird auf die Qualität der Zutaten, was sich offenbar auszahlt – nicht von Ungefähr warten die Kunden sonntags oft in Schlangen vor der Theke. (Das) Lindenstraße 97, Innenstadt

Die Spezialität bei TörtchenTörtchen? Umwerfend elegante und originelle kleine Kunstwerke, oft basierend auf Klassikern der hohen Konditorschule, aber absolut individuell und handwerklich perfekt umgesetzt. Das Sortiment richtet sich nach den Jahreszeiten, manche Kreationen überdauern Jahre wie der modernistische gelbe Zylinder aus Passionsfrucht und weißer Schokolade, manche sind echte Trendobjekte und bleiben nur eine Saison. Die Kunst hat ihren Preis, aber der Kunde ein echtes Süß-Highlight auf dem Teller. Die erste Filiale in der Alten Wallgasse – eine Ladenminiatur in Rosa – bleibt mit den zweieinhalb Sitzplätzen Lieblingsort vieler Stammgäste. (don) Alte Wallgasse 2a, Innenstadt

Das Café Wahlen gehört zu den Traditionscafés in Köln. Seit inzwischen 100 Jahren schätzt eine große Stammkundschaft, dass hier nicht nur alles frisch hergestellt wird – inklusive der Mayonnaise für den Kartoffelsalat –, sondern auch die Zeit ein wenig stehengeblieben zu sein scheint. Rote Samt-Polsterstühle, bunte Blumentapeten und Kronenleuchter erinnern an die große, längst vergangene Zeit der Kaffeehäuser. In dieser Atmosphäre lassen sich Creme-, Sahne- oder Obsttorten vortrefflich genießen. Geheimtipp aber sind Savarins aus Eierhefeteig, der mit Sahne gefüllt und dann in Rum getränkt ist – eine echte Sensation. (aho) Hohenstaufenring 64, Innenstadt

Für die traditionelle Vanille-Rum-Torte im Café Eigel, einer auf Krokantstaub lagernden Buttercreme-Kreation im Baisermantel, wird die bedrohliche Anzeige auf der Personenwaage immer wieder gerne verdrängt. Seit mehr als zwanzig Jahren muss Backstubenleiter Roland Müller, einer der vier Meister in dem Traditionscafé im Kolumba-Quartier, dieses Tortenkunstwerk vorrätig haben, obwohl in der Theke mindestens ein Dutzend adäquater Stellvertreter mit cremigen oder schokoladigen Verzierungen locken. Fast jede Torte, auch die fruchtigen Varianten, gibt es als Petit Four noch einmal im verlockend-köstlichen Kleinformat. (she) Brückenstraße1-3, Innenstadt

Sehen und gesehen werden, das war bereits vor gut 150 Jahren ein wesentlicher Grund, um das damals an der Hohe Straße – der einstigen Kölner Flaniermeile – liegende Café Reichard zu besuchen. Hauptsächlich kamen die Herrschaften natürlich, um ein Kännchen Mokka mit einem Likörchen zu genießen und dazu ein unwiderstehliches Stück Torte zu verzehren. Bis heute hat das 1855 gegründete Haus seine Erste-Sahne-Lage mit Dom-Blick beibehalten. Mit seinem angebauten Glaspavillon gehört der inzwischen von Fritz und Heinz-Josef Betz geführte Betrieb zu den schönsten Kaffeehäusern Europas. (she) Unter Fettenhennen 11, Innenstadt

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