Kölner LeihhäuserHandys, Tabletts und teure Uhren – so wird daraus Geld

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Schnelles Geld gegen Gold, so läuft es oft im Leihhaus Köln-Süd.

Schnelles Geld gegen Gold, so läuft es oft im Leihhaus Köln-Süd.

  • Das Kölner Branchenverzeichnis listet zehn klassische Pfandleihäuser auf
  • Der Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes hat deutschlandweit 250 Mitgliedsbetriebe
  • Jährlich werden mehr als 630 Millionen Euro an Krediten ausgezahlt

Innenstadt – Marten Schridde leitet das Leihhaus Köln-Süd. Der 40-Jährige zündet sich auf der anderen Seite der Panzerglasscheibe eine Zigarette an und erzählt über seinen ungewöhnlichen Job, der irgendwas ist zwischen Sozialarbeiter, Kriminalist und hart kalkulierendem Geschäftsmann. Er selbst sehe sich eher in der Helferrolle, sagt der Chef, der mal Betriebswirtschaftslehre studiert hat und über seine Freundin in die Branche kam.

Er helfe Leuten in einer ausweglosen Situation. Alten Menschen zum Beispiel, die von der Bank nichts mehr zu erwarten hätten. Oder selbstständigen Handwerkern, deren Auftraggeber nicht zahlen und nun den Lohn für ihre Mitarbeiter durch die Verpfändung ihrer Rolex reinholen. Alte und Selbstständige kämen immer häufiger zu ihm, sagt Schridde. Meistens gehe es um die Überbrückung kurzfristiger finanzieller Engpässe.

630 Millionen Euro werden jährlich ausgezahlt

Zehn klassische Pfandleihhäuser listet das Kölner Branchenverzeichnis auf. Der Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes hat deutschlandweit 250 Mitgliedsbetriebe, die jährlich mehr als 630 Millionen Euro an Krediten auszahlen. Anders als bei einem Bankkredit spielen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers keine Rolle, auch ein Schufa-Eintrag interessiert niemanden.

„Ein Leihhaus ermöglicht jedermann, sich einen Kredit zu beschaffen“, sagt Wolfgang Schedl, Geschäftsführer des Zentralverbands. Ihr Schmuddelimage hätten Pfandleihhäuser längst abgelegt. Die Kundschaft reiche „quer durch die Bevölkerung“.

So finanzieren sich die Pfandhäuser

Das schnelle Geld hat seinen Preis. Pfandleihhäuser finanzieren sich über die Kosten für die Darlehen, die sich aus einheitlich einem Prozent Zinsen und äußerst unterschiedlichen Gebühren zusammensetzen. Wie hoch die Gebühren für Beträge unterhalb 300 Euro sind, regelt die Pfandleiherverordnung. Bei einem Betrag von 15 Euro betragen die Gebühren zum Beispiel einen Euro pro Monat, dazu kommen ein Prozent Zinsen, insgesamt also 1,15 Euro. Die Kosten für Darlehen oberhalb der 300 Euro werden frei vereinbart. Das Leihhaus Köln-Süd rechnet insgesamt vier Prozent pro Monat oben drauf.

Was die Kunden für technische Geräte bekommen, ermitteln der Chef und sein einziger Mitarbeiter Klaus Müller mit Hilfe von Vergleichswerten. „Wir nehmen einen gesunden Mittelwert aus Ebay-Erlösen und denen aus unseren Versteigerungen“, sagt Müller, ein zurückhaltende Mann mit Wuschelhaaren. An der Wand hängt eine Liste mit Darlehen für Handys. Für ein iPhone 7 zum Beispiel gibt es maximal 350 Euro, neu kostet es locker das Doppelte.

Schutz vor Diebesgut

Wer Telefone oder Tablets bringt, muss die Original-Verpackung beziehungsweise Rechnungen mitliefern. So will das Leihhaus verhindern, dass Diebesgut verpfändet wird. Von der Polizei werden bei Kontrollen solche Waren ersatzlos einkassiert.

Für die beiden Leihhaus-Mitarbeiter ist Menschenkenntnis unerlässlich. Bei Goldschmuck lässt sich meistens nicht belegen, ob der Verpfänder auch der rechtmäßige Besitzer ist. Hier hilft das Bauchgefühl weiter. Ein 20-Jähriger, der einen Brillantring versetzen will, hat schlechte Karten. Wer sich unsicher verhält, ebenfalls. Menschenkenntnis ist wichtig, ein gesundes Misstrauen ebenfalls. Er erlebe viel Elend, aber auch „böse“ Leute, sagt Schridde.

Versteigerung unter Aufsicht des Gerichtsvollziehers

Viermal im Jahr versteigert das Leihhaus Köln-Süd unter Aufsicht eines Gerichtsvollziehers nicht ausgelöste Gegenstände. Der Mindestpreis setzt sich aus dem gezahlten Darlehen plus aufgelaufener Zinsen und Gebühren zusammen. Bietet niemand diese Mindestsumme, kommt der Gegenstand in die nächste Versteigerung. Liegt das Gebot über der Mindestsumme, steht die Differenz (abzüglich einem Betrag für die Kosten der Versteigerung) dem Eigentümer des Gegenstandes zu. Drei Jahre hat er Zeit, das Geld abzuholen, danach fließt es an das Land NRW.

www.leihhauskoeln.de

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