Kölner Luxor„Die Pogues wollten 20 Kisten Bier“

Lesezeit 8 Minuten
Peter Debüser (r.) und Angel Schrödter sind die Macher des Luxor.

Peter Debüser (r.) und Angel Schrödter sind die Macher des Luxor.

Herr Debüser, das Luxor ist seit Generationen in Köln berühmt und als Konzert-Location weltweit bekannt. Wie schafft man es, dass Musiker und Bands seit Jahrzehnten in den Club kommen?

Debüser: Man muss eine Booking-Abteilung haben, die gut mit den Agenturen zusammenarbeitet, die diese Künstler im Angebot haben. Bei uns im Haus gibt es den klassischen Booker nicht mehr, der mit im Büro sitzt. Richard Bölle ist unser Booker, der bei der Konzert-Agentur Prime Entertainment nicht nur für das Luxor, sondern auch für andere Locations in Köln und im Kölner Umland bucht.

Das Luxor gibt es seit 1983. Wer stand zur Premiere auf der Bühne?

Debüser: Das waren die Bläck Fööss. Die Ausrichtung war eine ganz andere als heute. An dem Abend ging es darum, dass die Bude voll wurde. Als lokale Band waren die Bläck Fööss damals die Band, die die meisten Leute für solch eine Eröffnung zog. Der Laden war ausverkauft.

Wie hat Ihre Geschichte mit dem Luxor angefangen?

Debüser: Ich war in den 80ern Zappes im Chlodwigeck, außerdem Roadie bei BAP und kannte Karl Heinz Pütz, einen der damaligen Betreiber. Die Luxor-Leute fragten mich, ob ich ihnen nicht beim Aufbau des neuen Clubs helfen wollte. Wollte ich. Ich wurde sofort als Booker angestellt, habe mich um das Konzertprogramm gekümmert, und auch andere Stationen im Laden durchlaufen: als Thekenfachkraft, als DJ.

Schrödter: Bei mir ging es mit dem Luxor ähnlich los, nur etwas später. Ich war auch im Chlodwigeck und als BAP-Roadie zugange, daher kennen Peter und ich uns. Fest angestellt war ich zu der Zeit in der Frachtabfertigung bei der Lufthansa.

Beschreiben Sie mal Ihre Aufgabenbereiche. Was macht man als Geschäftsführer, was als Betriebsleiter?

Debüser: Als Geschäftsführer kümmere ich mich um alle Belange, die den Club betreffen. Wir haben Gastro, wir haben eine technische Abteilung und Security, das ganze Personal muss organisiert und gepflegt werden. Ich bin zuständig für die Außendarstellung des Ladens, kommuniziere mit Ämtern der Stadt Köln und der Gema und versuche, den Überblick über den Laden zu behalten, was das große Ganze angeht. Als Geschäftsführer des Luxor pendelst du zwischen gehobenem Management und Mädchen für alles.

Schrödter: Ich mache auch einiges vom dem, was Peter macht. Hauptsächlich kümmere ich mich aber um Konzerte. Da geht es um Personaldisposition und vor allem darum, dass die Bands glücklich sind und glücklich bleiben, wenn sie im Laufe des Tages hier ankommen, um abends ein Konzert zu spielen. Weil ich auch bei Prime Entertainment angestellt bin, kümmere ich mich als Produktionsleiter nicht nur um die Durchführung von Konzerten im Luxor, sondern auch in anderen Locations.

Von 1997 bis 2008 lief das Luxor unter dem Namen Prime Club, den Laden gibt es an dieser Stelle seit mehr als drei Jahrzehnten. Welche Zyklen gelten für einen Club?

Debüser: Im Grunde sollte man alle zehn Jahre etwas verändern. Wir können natürlich im Luxor die Bühne nicht woanders hin stellen, aber man kann andere Dinge tun. Die Wände in einer anderen Farbe streichen, die Toiletten renovieren, in neue Technik für Sound und Licht investieren. All das sind Möglichkeiten, um sich zu bewegen.

Schrödter: Zehn Jahre sind ungefähr eine Ausgeh-Generation. Das betrifft das Partygewerbe mehr als die Konzertveranstaltungen, da kommt es doch eher darauf an, welche Band auf der Bühne steht. Eine Band, die man mit Mitte 20 gut gefunden hat, kann man auch noch mit Mitte 30 gut finden.

Warum nutzt sich das Partygewerbe schneller ab?

Debüser: Das ist schwer zu sagen. Früher konnten es sich die Studenten eher erlauben, unter der Woche Party zu machen. Heutzutage studieren die viel ernsthafter. Der Fokus geht mehr aufs Wochenende, und es wird einfach nicht mehr so oft bis in die Puppen gefeiert.

Schrödter: Die komplette Ausgehkultur hat sich verändert. Du kannst Party mitten auf der Straßen machen, du musst dafür nicht mehr in einen Laden gehen. Büdchen hat Köln ja genug. Du sieht das auf der Zülpicher: Die Läden sind leer, die Straße ist voll, die Party findet draußen statt.

Debüser: Das Ausgehverhalten hat sich verändert, und auch das Verhalten innerhalb eines Clubs. Dadurch, dass heute jeder ein Smartphone besitzt, hat sich auch die Verabredungskultur noch einmal verändert. Wenn irgendwo nicht genug los ist, kann man schneller denn je kommunizieren und rausfinden, wo vielleicht mehr abgeht. Sich wirklich verabreden und an einem Ort treffen – das ist durch.

Das Partygeschäft ist also schwieriger als das Konzert-Gewerbe.

Debüser: Konzerte funktionieren, weil wir da seit vielen Jahren eine Linie verfolgen. Auf der Luxor-Bühne werden nie Schlagerstars stehen. Unser Kerngeschäft ist, mit ein paar Abweichungen, Indie- und Alternativemusik. Beim Partygeschäft fischt man viel eher im Trüben. Es kann eine Reggae- oder auch eine Metal-Party sein, die dir als Club gerade was bringt. Im Laufe der Jahre haben wir natürlich viele Erfahrungen gesammelt. Letztendlich muss man aber einfach ausprobieren, ob eine Party-Reihe läuft oder nicht.

Was im Luxor eine Konstante ist: Wenn nach einem Konzert noch eine Party stattfindet, gibt es einen kompletten Publikumsaustausch. Wie kommt das?

Schrödter: Wir versuchen das in den Griff zu kriegen, indem wir darauf achten, dass die Party danach zu dem Konzert davor passt. Das klappt aber nicht immer, weil es eben zweierlei Interessen gibt: einmal die des Konzertveranstalters, einmal die des Partyveranstalters. Als Club muss es unser Anspruch sein, den Laden den ganzen Abend hindurch vollzukriegen. Man kann sagen, das wir zweimal aufmachen.

Viele große Karrieren haben im Club auf der Luxemburger Straße ihren Anfang genommen. R.E.M., Blur, Moby, Lenny Kravitz und viele andere Bands und Künstler waren auf der Luxor-Bühne. Welche Rolle spielt der Luxor als 500er-Club heute?

Debüser: Das Luxor war in mehr als 30 Jahren ein Sprungbrett für viele Künstler, und in dieser Funktion sehe ich den Club auch jetzt noch. Natürlich schaffen das nicht alle – aber man kann hier ganz gut klein anfangen, die nächsten Schritte machen und später groß rauskommen. Philipp Poisel zum Beispiel stand auf der Luxor-Bühne, und im Frühjahr 2017 spielt er in der Lanxess-Arena.

Was erlebt man an Schönem und Skurrilen mit Bands, wie geht man mit Profi-Exzentrikern und Sonderwünschen der Musiker um?

Schrödter: Ich werde jetzt keine Namen nennen, aber es gibt immer wieder Überraschungen. Zum einen bei Bands, von denen du schon ewig Fan bist. Und dann merkst du, dass das richtige Arschlöcher sind. Wegen komischer Anweisungen fürs Catering, oder weil sie mies mit den Stagehands umgehen. Umgekehrt passiert das genauso: Bands, die mir musikalisch völlig egal sind, erweisen sich plötzlich als total nett und laden dich nach dem Konzert noch zum Bowlen ein.

Debüser: An eine Catering-Anweisung erinnere ich mich gut. Die Pogues wollten 20 Kisten Bier. Auf der Bühne waren die zu acht, dazu kamen noch ein paar Techniker. Nach der Show waren die 20 Kisten – und wir sprechen hier von 24er-Kästen – leer. Eine stramme Leistung.

Wofür steht das Luxor heute, wofür soll es in zehn Jahren stehen?

Schrödter: Das Luxor soll weiterhin eine Anlaufstelle für Leute sein, die sich mit Musik auseinandersetzen.

Debüser: Diese Auseinandersetzung gilt für Live-Konzerte und für den Partybereich. Uns ist klar, dass dieser Anspruch im Partybereich viel schwerer umzusetzen ist. Bei Partys geht es für uns natürlich auch immer darum, einigermaßen guten Umsatz zu machen, damit wir jeden Monat die Miete bezahlen können.

Ihre besten Live-Erlebnisse im Luxor?

Debüser: Bei mir ist das Moby. Das war zu Zeiten, als der Laden Prime Club hieß. Moby war großartig, das Publikum tobte, und ich durfte dabei sein.

Schrödter: The Tubes, weil ich totaler Fan bin. Und weil sie hier auf der kleinen Bühne die gleiche Show abgerissen haben wie in der großen Philipshalle in Düsseldorf. Sehr beeindruckend.

Wie ist Ihr eigenes Ausgehverhalten, läuft da fern des Jobs noch was oder ist man einfach auch mal froh, wenn man zu Hause mit der Couch familiär werden kann?

Schrödter: Im Herbst eines Jahres bin ich immer an einem Punkt, an dem ich sogar dem Taxifahrer sage, dass er bitte das Radio ausmachen soll. An einem Abend sind manchmal drei Veranstaltungen, und irgendwann ist der Kopf bei so vielen Konzerten einfach so voll, dass man privat keinen Ton mehr hören möchte. Spätestens Mitte Januar freue ich mich aber wieder, wenn der nächste Nightliner vor der Tür steht.

Debüser: Mit dem Couch-Gedanken kann ich mich auch anfreunden. Vor allem in Zeiten, in denen alle auf Tour sind. Da bekommt man schon mal das Gefühl der Übersättigung, auch wenn Musik für uns natürlich immer Lebensfreude bleibt. Mit Freunden pokern, mal mit Freunden ein Bier trinken gehen, ins Kino – das muss dann auch mal sein.

Angenommen, es würde einen Wunschzettel für das Kölner Kulturleben geben: Welchen Wunsch würden Sie darauf ganz nach oben schreiben?

Debüser: Mittlerweile hat die Kölner Politik ein offenes Ohr entwickelt für die Belange der Clubs. Dafür ist sicher auch die Klubkomm verantwortlich, die die Bedürfnisse der Klub-Betreiber gebündelt sehr gut vertritt. Die Stadt Köln sollte noch mal an die Kioske ran. Der Bierverkauf auf der Straße ist für uns als Club natürlich nicht gut.

Schrödter: Ich wünsche mir, dass die die Fördergelder der Stadt fairer verteilt werden. Einige bekommen ganz viel, und viele bekommen gar nichts.

Zu den Personen

Peter Debüser, 55, hat ein Sportstudium abgebrochen und ist gelernter Kommunikationswirt. Seit 1997 ist er Geschäftsführer des Luxor.

Angel Schrödter, 54, ist gelernter Einzelhandelskaufmann, hat Umschulungen zum Reiseverkehrs- und Speditionskaufmann gemacht und arbeitet seit 1998 als Betriebsleiter und Veranstaltungskaufmann im Luxor. (MaW)

www.luxor-koeln.de

KStA abonnieren