Kölner UferidylleSo schön ist es am Höhenfelder See

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„Klein, aber mein“, sagt Caro aus der Südstadt über ihre halbschattige Bucht. Auch Begleiter Michael ist mit dem Lakenplatz glücklich.

„Klein, aber mein“, sagt Caro aus der Südstadt über ihre halbschattige Bucht. Auch Begleiter Michael ist mit dem Lakenplatz glücklich.

Köln – Wer in Dünnwald schläft, braucht keinen Wecker. Ein elektronisch erzeugter Summton wäre geradezu eine Beleidigung für all die ambitionierten Musiker, die irgendwo in den Zweigen von Buchen, Eichen und Ahornbäumen sitzen und alles geben. Noch während die Verkehrslärm gewohnte Großstädterin darüber staunt, dass so viele unterschiedliche Kehlen ein derart harmonisches Klangbild erzeugen, beginnt gefühlt links oben eine stimmgewaltige Taube mit ihrem monotonen Morgenruf und übertönt den restlichen Chor.

Kaum Abkühlung in der Nacht

Jetzt bin ich hellwach. Es ist 5.42 Uhr. Ich liege im Hochbett meines Campingbusses, der sich im Laufe der Nacht kaum abgekühlt hat. Wenn ich mich auf den Bauch drehe und ein Stück vorrobbe, blicke ich in die hellwachen Augen meines etwa ein Meter tiefer auf der Rückbank liegenden Hundes. Der Blick sagt alles: Bloß raus, bevor die große Hitze kommt.

Während wir vom Kalkweg die wenigen Minuten durch den Wald bis zum Ufer des Höhenfelder Sees schlendern, stellen wir fest, dass wir nicht die einzigen Frühaufsteher sind. Ein paar Jogger, die sich ihre eigene Musik ins Ohr spielen, sind bereits in flottem Tempo unterwegs, ohne dem Gewässer Beachtung zu schenken, das unter einem nahezu wolkenlosen Himmel klar und verlockend daliegt.

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Hunderte suchen Abkühlung

Hunderte Abkühlung suchende Menschen aus Köln und den benachbarten Städten Bergisch Gladbach und Leverkusen werden im Laufe des Tages noch hier einfallen und vor allem eines tun: die Warnschilder „Betreten und Baden verboten. Lebensgefahr. Absturzgefahr“ ignorieren.

In Anbetracht der zu erwartenden Temperaturen werde ich den Teufel tun und meiner Berner Sennenhündin verbieten, sich den schwarzen Pelz zu erfrischen. Fast faustgroße, bunt schillernde Libellen schwirren durch die Luft. Links des Weges verdeckt dichtes Gestrüpp ein schmales, fast zugewuchertes Gewässer. Wir stoßen auf eine abgekühlte Feuerstelle und einen Stamm, der aufgrund seiner geschnitzten Spitze wie ein Totempfahl wirkt. Perfekt getarnt in seinem schilfgrünen Boot gleitet ein Angler über den See, eskortiert von Tausenden winziger Insekten, die auf der Wasserfläche Fangen spielen.

Überall Badelaken in den Buchten

Wenig später ist Schluss mit der frühmorgendlichen Idylle. Auf sämtlichen Wegen und gut getarnten Trampelpfaden nähern sich Badegäste mit zum Teil großem Gepäck. Günter Krahn und seine Frau Waltraud gehören auch dazu. Das Ehepaar aus Holweide kommt „regelmäßig zweimal in der Woche“ an den See und hat diesmal Enkel Fabian (5) mit dabei, der stolz verkündet: „Oma, ich hab ’ne Fibelle gesehen, ’ne grüne!“

Überall in den Buchten werden Badelaken ausgebreitet, Vorratstaschen deponiert, Grills justiert und dann alle viere von sich gestreckt. Es ist 11.20 Uhr, als sämtliche Menschen am Ufer von einem Schrei aufgerüttelt werden: „Hilfe, ich kann nicht mehr!“, brüllt ein Schwimmer auf der anderen Seite des Sees. Er scheint einen Arm in die Höhe zu recken, genau kann man es nicht erkennen. Den Beobachtern bleibt schier das Herz stehen; insbesondere, als der Mann seinen Hilferuf wiederholt. Eine junge Frau im Schlauchboot versucht, schneller in seine Richtung zu paddeln. Doch der Mann dreht plötzlich offenkundig sicher schwimmend in die entgegengesetzte Richtung ab.

„Der hat uns verarscht“, meint ein Beobachter kopfschüttelnd. Eine Frau, die soeben die Polizei verständigt hat, gibt Entwarnung. Wenige Minuten später erscheint ein muskulöser Mann von etwa Anfang dreißig mit nassen Badeshorts barfuß auf dem Uferweg. „Waren Sie das, der eben gerufen hat?“, fragt eine junge Frau und stutzt den nickenden Schwimmer zurecht, bis der ganz kleinlaut bekennt: „Han isch nit drüvver nohjedach!“ Offenbar sollte das Ganze zur Belustigung der Kumpels am Ufer dienen.

Stunden später: Die Musiker Phry und Tobi haben gemeinsam mit ihren Freunden David, Lina, Victoria, Caro und Oliver in einer schattigen Bucht an anderer Stelle des Sees die perfekte Ecke zum stundenlangen Chillen geschaffen, indem sie zwei Hängematten an Baumstämmen befestigt, zwei Luftmatratzen aufgepumpt und mit Hilfe einer Zange Kokosnüsse geköpft haben, die nun als Cocktailbehältnisse dienen. Stangeneis hält das Getränk angenehm kühl. Ebenfalls an einem Stamm baumelt vorbildlich eine Mülltüte. Ehrensache, dass der Abfall wieder mit heimgenommen wird.

Die jungen Leute verkörpern gute Laune und sommerliche Leichtigkeit pur. Das Bild der fröhlichen Truppe könnte geradezu als Werbung herhalten, hätte die Mülheimer Bezirksvertretung vor sieben Jahren nicht einen Beschluss des Sportausschusses vereitelt, den ehemaligen Baggersee in einen Badesee zu verwandeln. Dabei seien Kölner Schwimmbäder und auch das nahe gelegene Waldbad bei solch einem Wetter total überlaufen, meint der Kölner Michael, der sich mit der Südstädterin Caro ein Laken und Sonne satt teilt. Frei nach dem Motto „klein, aber mein“ sind die beiden glücklich über ihre halb schattige Mini-Bucht, wo es sich bis in die Abendstunden gut aushalten lässt. Später droht Mückenalarm.

Es ist Tagesschau-Zeit und noch kein unliebsames Getier in Sicht. Meine Hündin Fanny dürfte heute einen Rekord im Wassertreten aufgestellt haben, und der zwölfjährige Emil resümiert nach seinem ersten Schnorchel-Tauchgang am Höhenfelder See: „Kein Fisch in Sicht.“ Aber tief sei es an manchen Stellen. Und es gebe ganz viele Algen. „Bestimmt zwei Meter hoch. Die habe ich an meinem Bauch gespürt.“

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