Kommentar zur DitibAbsage an einen liberalen und deutschen Islam

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Die Moschee in Köln-Ehrenfeld.

  • Die Türkisch-Islamische Union Ditib hat kein Interesse, die Kölner Moschee fertig zu bauen, behauptet Lale Akgün in einem Interview.
  • Das Verhalten der Behörde ist ein fatales Signal.

Köln – Es ist ein bedrückendes Signal, das die Türkisch-Islamische Union (Ditib) aussendet. Die offizielle und schriftliche Ausladung der Integrationsministerin Aydan Özuguz (SPD) vom Fastenbrechen ist ein Affront, wie es das Kanzleramt zurecht nennt. Aber das ist allein die politische Dimension. Dahinter muss man eine Haltung befürchten, die für etwas ganz anderes und Fundamentales steht: Es ist die Absage an einen deutschen, an einen liberalen Islam. Der Name der Integrationsministerin spiegelt die türkischen Wurzeln dieser deutschen Politikerin, die als Mensch und handelnde Person für das steht, was heute in dieser Gesellschaft angestrebt wird – Integration nämlich, Wandel, die Absage an Parallelgesellschaften.

Die Ausladung kann ein Akt von grober Gedankenlosigkeit oder Wut und Zorn sein. Bereits das wären fatale Signale einer Behörde, die praktisch der verlängerte Arm der Regierung in Ankara ist. Man kann es aber auch sehr wohl als ein „Wir wollen euch nicht“ werten, als eher kühle Zurückweisung einer deutschen Ministerin in einer deutschen Stadt von einer türkischen Institution. Irrwitz und Anmaßung, die sich dahinter verbergen, sind in jedem Fall Besorgnis erregend. Sie werfen einen Schatten auch auf alles, was es an Anstrengung zu einem Miteinander gibt.

Zentralmoschee, die doch keine ist und langsam verfällt

Vor diesem Hintergrund auch wird die These der SPD-Politikerin Lale Akgün verständlich, die der Ditib und damit der türkischen Regierung vorwirft, an der Fertigstellung des weithin sichtbaren Kölner Moschee-Baus überhaupt kein Interesse zu haben.

Dieses Gotteshaus versinnbildlicht ja, von einem ausgewiesenen deutschen, katholischen Kirchenarchitekten geplant, in all seiner Transparenz und harmonischen Formengebung einen solchen Islam, der sich einfügt und nicht streng osmanisch ist. Jeden Tag fahren Tausende von Menschen an der Zentralmoschee vorbei, die doch keine ist und langsam verfällt.

Die Moschee in Köln hätte eine Attraktion sein können, ein Symbol für den Brückenschlag, für Integration und Miteinander. Nun ist sie auch ein Symbol – doch in allem steht sie für das Gegenteil all dessen, was man positiv mit ihr verbinden möchte. Es wäre an der Ditib, Bewegung in das Projekt zu bringen. Doch mit jedem Tag mehr an Tatenlosigkeit und Nicht-Kommunikation verfestigt sich auch bei Gutmeinenden der Eindruck, dass Veränderung gar nicht gewünscht ist. Als ginge es nicht um Köln und die Verantwortung, die man der Stadt und ihren Bewohnern gegenüber wahrzunehmen hat, sondern um ganz etwas anderes.

Zurzeit geben die Verantwortlichen den Kritikern von damals recht, die in der Moschee den Ausdruck eines Machtanspruchs sahen. Wenn die Kölner Moschee Sinnbild für den Stand der Integrationsbemühungen ist, dann steht es schlecht darum.

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