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Korruptionsverdacht bei WohnungsvergabeNach GAG-Razzia sind noch viele Fragen offen

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Im Waldbadviertel in Ostheim sollen illegal Wohnungen an Flüchtlinge vermittelt worden sein.

Im Waldbadviertel in Ostheim sollen illegal Wohnungen an Flüchtlinge vermittelt worden sein.

Köln – Am Tag nach der Razzia beim Amt für Wohnungswesen und bei der GAG Immobilien AG haben Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit der Sichtung der beschlagnahmten Beweismittel begonnen.

Ein GAG-Kundenbetreuer (32), seine Kollegin (53) sowie eine städtische Mitarbeiterin (51) werden beschuldigt, Flüchtlingen gegen Bestechungsgeld Wohnungen im Waldbadviertel in Ostheim beschafft zu haben – angeblich flossen 3000 Euro pro Vermittlung.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 32-Jährige, der seit vielen Jahren bei der GAG beschäftigt ist, die illegalen Geschäfte als dauerhaften Zusatzverdienst geplant haben soll.

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Sozialdezernent geht nur von vereinzelten Fällen aus

Im Waldbadviertel sind die Korruptionsvorwürfe am Donnerstag nur vereinzelt Gesprächsthema. Von illegalen Provisionen für Wohnungen haben die wenigen Bewohner, die im Bertha-Benz-Karree unterwegs sind, nichts mitbekommen. Bei der Stadt geht man zum jetzigen Zeitpunkt von einer „einstelligen oder deutlich niedrigen zweistelligen Zahl von Fällen“ aus, wie Sozialdezernent Harald Rau sagte.

Man wolle nun die weiteren Ermittlungen abwarten. „Wir wissen selbst noch nicht genau, wie die Abläufe waren“, so Rau. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, ist das absolut nicht hinnehmbar. Dann werden wir die Entscheidungsketten unter die Lupe nehmen,“

Kein Vier-Augen-Prinzip in den Strukturen

Die Frage ist, ob die bestehenden Strukturen möglicherweise für Missbrauch anfällig sind. Grundsätzlich werden die öffentlich geförderten GAG-Wohnungen im Zusammenspiel zwischen Wohnungsgesellschaft und Stadt vermietet. Die GAG schlägt mögliche Mieter vor, das Wohnungsamt prüft, ob diese ein Anrecht auf den erforderlichen Wohnberechtigungsschein (WBS) haben.

Fakt ist, dass bei der Ausstellung des WBS kein Vier-Augen-Prinzip gilt. „Das ist eine schematische Entscheidung, die ein Mitarbeiter im Wohnungsamt alleine trifft“, so Rau. Der WBS wird außerdem mit einem Rang versehen, je nachdem, wie dringlich die Versorgung ist. Anhand dessen werden dann Ranglisten der Anwärter erstellt.

Als Gegenleistung keine Miete, sondern Dienste einer jungen Frau

Dass dubiose Geschäftemacher versuchen, aus der Not der Flüchtlinge Kapital zu schlagen, ist für Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat nichts Neues. „Es lungern immer wieder Leute vor den Unterkünften herum und versuchen, den Flüchtlingen teure Handy-Verträge oder Lebensversicherungen zu verkaufen“, so Prölß.

Auch Privatvermieter hätten sich mehrfach mit unseriösen Angeboten an den Flüchtlingsrat gewandt. „Die Leute wollten als Gegenleistung keine Miete, sondern die Dienste einer jungen Frau, Hilfe bei der Gartenarbeit oder der Pflege eines Angehörigen.“

Einige schwarze Schafe unter den Helfern

Schon um die Jahreswende 2015/16, als an der „Drehscheibe“ am Köln-Bonner Flughafen mehrmals in der Woche Hunderte Flüchtlinge zur Weiterverteilung ankamen, habe es immer wieder Versuche gegeben, Flüchtlinge abzuzocken, wie die Ehrenamtlerin Tanja Schmieder berichtet, die damals die Kleiderkammer organisierte. Es habe sich dabei um einige Leute aus dem Kreis der Dolmetscher gehandelt, die die Sprache der Flüchtlinge sprechen.

„Viele Flüchtlinge wollten damals auf eigene Faust weiterreisen. Ihnen wurde von den Dolmetschern angeboten, sie für 500 Euro etwa nach Saarbrücken oder Hamburg zu fahren.“ Andere schwarze Schafe unter den Helfern hätten Sim-Karten für 30 Euro verkauft, obwohl diese Karten gespendet worden waren.

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