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Künstler Philipp GeistDiese Wörter kommen in der Silvester-Show am Dom vor

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Philipp Geist

Philipp Geist

Köln – Herr Geist, sind Sie der Held, der Licht ins Kölner Dunkel bringt?

Ich bin kein Held. Ich versuche mit dem Projekt aber schon, den Kölnern Licht zu bringen, Inspiration, positive Gefühle. Mir ist wichtig, ein wunderschönes Kunstprojekt an einem schönen Ort umzusetzen. Wie die Besucher reagieren, was sie daraus machen, habe ich nicht in der Hand.

Hätte das Projekt denn anders ausgesehen, wenn es diese Kölner Silvesternacht nicht gegeben hätte?

Ja, da die Kölner Wörter eingereicht haben, die einen Bezug zu den Ereignissen nehmen. Zwar auf eine sehr positive, optimistische Art, aber sie nehmen einen starken Bezug.

Hätte es das Projekt überhaupt ohne die Ereignisse gegeben?

Ich denke schon, dass die vergangene Silvesternacht die Motivation der Stadt war, aber dazu kann ich eigentlich nichts sagen. Es gibt verschiedenste Anlässe, weshalb man ein Lichtprojekt anfragt.

Friedensprojekt in Teheran

Hatten Sie jemals einen so bedeutungsschwangeren?

Ich habe in Teheran ein Projekt zum Thema Frieden und Freiheit gemacht. Weltpolitisch ist es wahrscheinlich noch wesentlich brisanter. Aber hier kann man das gleiche Level an internationaler und nationaler Aufmerksamkeit sehen.

Welche Verbindung haben Sie persönlich zu Köln und dem Dom?

Als Kind war ich mal beim Kölner Karneval. Immer wenn ich hier bin, gehe ich natürlich zum Dom. Sein Ensemble, die Farblichkeit und Struktur sind wunderschön. Der Dom ist ein toller Ort und ich werde dort noch eine Kerze anzünden. Diesen Beitrag zum Thema „Licht“ muss ich noch bringen.

Domglocken läuten in der Soundcollage

Wie beziehen Sie den Dom in die Lichtcollage ein?

Die Architektur des Doms und seines Umfelds spielt natürlich eine Rolle. Auch die Akustik. Martin Gretschmann, der den Sound entwickelt hat, hat mit den Domglocken gearbeitet, sie verfremdet, mal hörbar, mal weniger hörbar, komplett verzerrt oder klar.

Und die echten Glockenschläge sind darauf abgestimmt?

Nein. Ich mag Zufälle, die sind sehr bereichernd. Im öffentlichen Raum gibt es viele Fragezeichen. Wie das Wetter wird, wie die Leute reagieren, wie sie sich bewegen. Auch wie der Wind den Nebel über den Platz weht. Ich kann das alles nur teilweise planen.

Diese Wörter haben sich die Kölner gewünscht

Sie haben mit den Wörtern gearbeitet, die Ihnen die Kölner geschickt haben. Was kamen für Begriffe?

Wörter wie „Unbeschwertheit“, „Anstand“, „Segen“, „Sicherheit“, „Gemeinschaft“, „Pflicht“, „Verantwortung“, „Stille“, „Kölsch“, „Jeföhl“.

Das sind vor allem positive Wörter. Gab es auch negative Einsendungen?

Die gab es, aber nur wenige. Darunter war auch ein Wort, dem ich keine Plattform geben möchte.

Ihr Projekt nennt sich „Time Drifts Cologne“, Zeitverwehung. Geht es auch darum, dass Zeit Wunden heilt?

Man kann sagen, dass Wunden mit der Zeit vergehen. Zeit gibt auch die Chance für einen Neustart. Sie ist nicht greifbar, bewegt sich. Deshalb projiziere ich auch Wörter in den Nebel. Sie sind da und dann wieder weg.

Ich würde Ihnen gerne Wörter vorgeben und sie sagen mir spontan, was Ihnen dazu einfällt: Köln.

Offenheit.

Dom.

Überwältigend.

Licht.

Wärme.

Silvester.

Jahreswechsel.

Ist Silvester so unbelastet für Sie?

Silvester mit einem schlimmen Ereignis gleichzusetzen, ist ein Fehler. Ich will nichts kleinreden, aber wichtig ist, dass man sich nicht in seiner Art, wie man das Leben genießt, einschränken lässt. Es geht um eine positive Grundeinstellung. Es gibt viele Schrecken in der Welt und es ist wichtig, dass man sie bespricht und angeht. Aber man sollte in allen Dingen seine Lebensfreude, Offenheit, Inspiration und Zuversicht behalten. Wenn man das nicht macht und nur noch Angst regiert, schränkt man sich ein. Ein positives Symbol gegen etwas Schlimmes zu setzen, ist die beste Antwort. Nicht Hass darf als Antwort gegeben werden, nur Liebe. Hass heilt Wunden nicht, Hass bringt weitere Wunden. Ich freue mich auf Silvester und hoffe, dass auch da Wunden heilen.

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