KunstmesseWildpinkler bei der Kölner Liste im Dock One

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Künstlerin Kerstin Arnold ist eindeutig besser gekleidet als ihre Modelle.

Künstlerin Kerstin Arnold ist eindeutig besser gekleidet als ihre Modelle.

Köln – Der Kerl hat keinen Anstand. Steht am Eingang von Dock One neben der Treppe und pullert gegen die Wand. Wildpinkler sind in Köln wahrlich keine Seltenheit, aber in einer Ausstellungshalle?

Sandro Porcu (Galerie Flox, Kirschau) hat die provokative Figur geschaffen, zu verkaufen für 90.000 Euro – inklusive Pumpe. „Ein Ausreißer“, versichern die Organisatoren der „Kölner Liste“, der kleinen Kunstmesse parallel zur Art Cologne, die zum zweiten Mal in Mülheim stattfindet. Ausreißer bezieht sich auf die Preisspanne, die ansonsten von 500 bis 7500 Euro angegeben wird, eben um sich von der großen Messe abzusetzen.

38 Aussteller präsentieren 200 bis 300 Künstler, erstmals wird der Harbour Club als Ausstellungsfläche mitgenutzt, dort haben Kurator Peter Funken und Direktor Jörgen Golz einige Galerien einquartiert sowie die Ausstellung Format X, in der sich 14 Künstler vorstellen können.

Schnell wird klar: Hier gibt’s jede Menge interessante Menschen zu sehen, nicht nur die Galeristen und Künstler in ihrem klassischen Kleidungsstil – streng schwarz und lässig bequem –, sondern in der Kunst. Das Porträt ist zurück, als Fotografie, fotorealistische Malerei, Holzskulptur oder als bemalter, inszenierter und dann fotografierter Mensch.

Kölner Liste 2015, Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst; 16. bis 18. April, geöffnet 13 bis 21 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr; Dock One, Hafenstraße 1, und Harbour Club, Hafenstraße 4; Eintritt inklusive Katalog 13/neun Euro; für fünf Euro mehr gibt’s Sonntag 10 bis 13 Uhr Frühstück im Harbour Club.

Leonardo da Vincis „Mädchen mit dem Hermelin“ wird von Mariano Vargas (Galerie Klose, Essen) fotografisch als junge Frau mit Roboterhund zitiert; der Däne Poul R. Weile bittet die Besucher um ein Lächeln, das er scannt und an die Wand pinnt. Kerstin Arnold, Ausstellerin bei Format X, zitiert malerisch Lucio Fontana (bzw. seine zerschnittenen Leinwände) und porträtiert Zeitgenossen nicht gerade liebevoll: Ein Touristenpärchen steht mit Schlappen und Shorts (sie) und oben ohne (er) an einer Uferpromenade.

Ein harter Kampf sei es gewesen, die Dymchuk Gallery aus dem ukrainischen Kiew nach Köln einzuladen, berichtete Jörgen Golz. Und zumindest Igor Gusev dürfte eine Entdeckung sein, sein Gemälde „In den Archiven der Zukunft“ zeigt Kinder oder Puppen, deren Kleider sich in scheinbar endlosen Farbverläufen verlieren, wie Spuren auf dem Computer oder am Fernseher.

Der Herr mit dem menschlichen Bedürfnis hinterlässt keine Spuren, er hat eine eingebaute Umwälzpumpe.

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