Lanxess-ArenaKölner Team „SK Gaming“ gewinnt Counter-Strike-WM

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Köln – Das Publikum ist in Ekstase. „Aaah“, hallt es durch die Ränge, dicht gefolgt von kollektivem Aufatmen. Jugendliche in bunten Trikots stimmen Sprechchöre an. Einige versuchen sich am isländischen EM-Jubel: „Huh“, rufen sie klatschend. „Huh, Huh, Huh“, während zwei Kommentatoren über den Fortgang des Spiels reden.

Das Spiel – es ist kein Fußballspiel. Keine Rasenfläche, keine Bälle. Stattdessen sitzen auf der Bühne der abgedunkelten Lanxess-Arena zweimal fünf Jungs und starren auf ihre Computer. Die Ästhetik erinnert an Kraftwerk, Großleinwände zeigen ihre virtuellen Alter Egos in einer alten Militärbasis. 14000 Augenpaare verfolgen gebannt, wie sich im Ego Shooter „Counter Strike – Global Offensive“ Terroristen und Anti-Terroristen bekämpfen, den Live-Stream im Netz sehen Millionen. Es ist Halbfinale bei der „ESL One Cologne“, die Arena ist an diesem Samstag ausverkauft, wie auch an den anderen beiden Tagen.

Auf der Bühne findet „SK Gaming“ im Spiel gegen „Virtus.pro“ gerade nach einem misslungenen Start zurück ins Spiel. Nicolas Di Giacomo Guerra springt von seinem Sitz auf, als sie den Ausgleich erzielen. Der Siebzehnjährige reiste extra aus Brasilien an, um „SK“ zu unterstützen. Das deutsche Team sitzt in Köln, nahm aber kürzlich eine brasilianische Besetzung unter Vertrag.

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500.000 Dollar Preisgeld

Auch das ist Profi-Gaming – der Transfermarkt floriert. Kölner und Brasilianer können sich nun also gleichermaßen freuen. „Das hier ist wie ein wahrgewordener Traum“, schwärmt Nicolas. „Ich liebe E-Sports. Ich bin mir sicher, SK gewinnt. Sie sind bescheiden, total nett.“ Und wenn sie gewinnen, vor allem auch eins – sehr reich: Bei einem Turniergewinn winkt ihnen ein Preisgeld von 500.000 Dollar. Insgesamt wird eine Million Dollar ausgeschüttet – das Fünffache im Vergleich zum Vorjahr: „Die Preisgelder wachsen“, stellt ESL- PR-Manager Christopher Flato fest: „E-Sports erleben gerade einen Boom. “

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In diesen Positionen treten die Teams gegeneinander an - links ist der Pokal zu sehen.

Diesen Boom spürt man in der Arena deutlich. Nicolas ist nicht der einzige Weitgereiste – polnische, schwedische, amerikanische Flaggen säumen den Zuschauerrang. Spieler werden wie Helden gefeiert, geben Autogramme. Der Dresdner Lorenz wartet mit seinen Freunden geduldig in der Schlange. „Wir sammeln Unterschriften aller Teams“, erklärt er. Auf seinem mitgebrachten Plakat findet sich bereits eine stattliche Sammlung. Er trägt ein Trikot von „Virtus.pro“, über den Fernseher im Wartebereich verfolgt er den Spielverlauf. Trotz der drohenden Niederlage genießt er das Turnier: „Dieses Gefühl bekommt man nur einmal im Leben. Du schreist für dein Team, für deine Spieler.“

Und die Gewalt im Spiel? Es spritzt Blut, Leichen pflastern den Weg zum Sieg. Vor Ort sieht man das gelassen: „Ich bin selbst Pazifistin“, sagt Carolin Wehebrink. „Das hier ist nur ein Spiel.“ Silas Mentler stimmt ihr zu: „Es geht einfach um’s Adrenalin. Ich habe mal gehört, dass der Dopamin-Ausstoß von professionellen Counter Strike-Spielern vergleichbar mit einem Kokainrausch ist.“ Im realen Leben sei alles ganz friedlich: Keine Rivalitäten, Applaus für alle. „Man gönnt den Sieg auch den Anderen, wenn sie gut spielen“, sagt er.

Im Finale am Sonntag gehört der Sieg schließlich „SK Gaming“. Das Kölner Team setzt sich gegen „Liquid“ aus den USA durch und holt den Weltmeister-Titel. Ein letztes „Aaah“ tönt durch die Halle. Die Spieler wischen sich den Schweiß von der Stirn. Fast wie nach einem Fußballspiel.

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