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LebensmittelrettungSo klappt das Foodsharing mit der App „Toogoodtogo“

Lesezeit 5 Minuten
5. Too Good To Go - Backwaren (Firmenbild)

Essen „too good to go“

Köln – „Wenn man das gesamte verschwendete Essen aus Köln in den Dom werfen würde, dann wäre er nach einem Jahr bis zur Decke hin voll“, so Valentin Thurn, Regisseur des Lebensmittelaufklärungsfilms „Taste the Waste“.

Mehr als 18 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jährlich in Deutschland weggeschmissen, so eine Studie der Umweltorganisation WWF von 2016. Davon schätzungsweise 250.000 Tonnen pro Jahr in Köln.

Durch Meal- und Foodsharing können diese Zahlen nachhaltig gesenkt werden. Mealsharing? Das ist nichts anderes, als übrig gebliebenes Essen mit anderen Leuten zu teilen, damit es nicht nachher im Müll landet.

Übrig gebliebenes Essen wird vermittelt

Genau das versucht das Startup „Toogoodtogo“ mit einer App jetzt auch in Köln. Nur in groß. Dabei wird übrig gebliebenes Essen von Restaurants an Kunden weitervermittelt. Die Firma kommt ursprünglich aus Dänemark, dort hat das Konzept auch bereits Anklang gefunden.

Dadurch, dass das Essen nicht weggeschmissen wird, sollen nach eigenen Angaben ebenso zwei Kilogramm CO2 pro verkaufter Portion eingespart werden. Das Essen wird dann in umweltfreundliche Tüten gepackt und kurz vor Ladenschluss an die Käufer verteilt. Die Firma hinter der App bekommt für jede gekaufte Tüte einen Euro.

Auch das Berliner Start-Up „Mealsaver“ hat dieses Ziel. Es wird ab dem 7. Februar in Köln an den Start gehen. Anderen gemeinnützigen Organisationen, wie der Tafel, wolle man bei beiden Firmen nicht das Essen wegschnappen, sondern in Zukunft auch mitunterstützen. Wie genau das laufen soll ist jedoch noch nicht klar.

Die App im Selbsttest

Ich habe die App „Toogoodtogo“ für euch getestet: Der Werbeslogan verspricht: „Günstig, einfach, lecker – Und gut für die Umwelt!“. Klingt gut, vor allem, da durch die Käufe der anfallende Müll reduziert wird. Seit Anfang 2016 ist die dänische App auch in Deutschland verfügbar, in Köln hat die Firma bisher neun Partner-Restaurants.

Appstart

Als Gast kann man sich die verfügbaren Restaurants auf einer Karte anzeigen lassen. Wer die Essenstüten bestellen will, muss sich aber anmelden – optional auch mit Facebook.

Ich lasse mir die Karte von Köln anzeigen. Eine türkische Bäckerei in Nippes fällt mir direkt ins Auge. Sie bietet drei Tüten mit Backwaren an, jeweils im Wert von 12 Euro. Zahlen muss ich allerdings nur 2,50 Euro. Abholen könne ich die Lebensmittel zwischen 19:50 – 20h, heißt es in der App. Etwas knapp bemessen, aber logisch.

Nach Ladenschluss darf nichts mehr verkauft werden, kurz davor werden dann die Reste verteilt. Wer zu spät kommt, erhält nichts, auch wenn er bezahlt hat. Ich scrolle weiter. Ein Sushi-Restaurant im Belgischen Viertel bietet für 5 Euro „so viel wie in die Box passt“ von seinem Buffet an. Aber: „Da nur überschüssiges Essen angeboten wird, kann nicht garantiert werden, dass von allem noch etwas übrig ist“. Ich entscheide mich für die türkische Bäckerei, der Hunger auf Sesamringe überwiegt.

Kaufprozess

Per Fingerdruck kaufe ich die Tüte beim türkischen Bäcker. Dafür bekomme ich einen Gutschein. Bezahlt wird ebenfalls direkt per App, wahlweise mit Paypal oder Kreditkarte. Den Coupon soll der Verkäufer per Fingerwisch auf meinem Handy entwerten. Eine Überprüfung gibt es allerdings nicht. Theoretisch kann jeder den Gutschein so ungültig machen.

Der Coupon bleibt als „Kaufbeleg“ in der App gespeichert. „Bei Fragen zu deiner Bestellung, wende dich bitte an uns und nicht an unsere Partner“, blinkt mir eine Meldung auf dem Bildschirm entgegen. Kontaktieren kann ich „Toogoodtogo“ nur per Mail, eine Telefonnummer wird nicht angezeigt.

Das Abholen

Der Weg zur Bäckerei wird direkt auf dem Smartphone gezeigt, verfehlen kann ich sie nicht. Als ich kurz vor Ladenschluss in die Bäckerei komme, ist sie fast leer. Ich zeige meinen Coupon und die Verkäuferin verteilt die übrigen Backwaren auf zwei Tüten. Auf beiden prangt das große türkisfarbene Logo von „Toogoodtogo“.

Eine für mich, die andere für eine junge Frau, die kurz nach mir gekommen ist. Sie sei Studentin, erzählt sie, nur durch Zufall habe sie von der App erfahren. Da sie nur wenig Geld zur Verfügung habe, kam ihr das Foodsharing per Handy sehr gelegen. Die Mitarbeiterin hinter der Theke wischt über mein Handy - fertig.

Fazit:

Für mich als Sesamring-Liebhaber ist die Ausbeute ein bisschen ernüchternd, nur zwei sind übrig. Dafür entschädigt der Rest: Für den Preis von 2,50 Euro hat es viel anderes leckeres Gebäck in die Tüte geschafft. Das ist wohl Teil des Risikos. Was am Ende drin ist, ist reiner Zufall.

Das Bestellen und Abholen war unkompliziert. Der Zufallsfaktor, was für Essen man letztendlich bekommt, ist definitiv etwas für Experimentierfreudige. Außerdem wird die Umwelt durch die Vermeidung von unnötigen Abfällen geschont. Der Preis für die Essenstüten beginnt bei 2 Euro – sehr günstig für die Portionen. Allerdings ist die aktuell eher übersichtliche Auswahl, bei insgesamt neun Partnern in Köln, die größte Schwäche der App.

Auch Mealsaver und Foodloop retten Essen

Das Berliner Start-Up „Mealsaver“ ist eine exakte Kopie des „Toogoodtogo“-Konzepts. Die Chefin der Firma war selbst bei dem dänischen Unternehmen angestellt. Ab dem 7. Februar ist die App auch in Köln verfügbar. Vorher war sie nur in Berlin und Hamburg nutzbar. Die Macher wollen mit 30 Partnern einsteigen, die dann ihr übrig gebliebenes Essen zur Verfügung stellen. Unter anderem sind Restaurants wie die vegane „Bunte Burger Food Bar“ dabei, oder auch der „Club Astoria“ am Adenauer Weiher dabei.

Das Kölner Start-Up „Foodloop“ hat einen ähnlichen Ansatz zum Einsparen von Müll: Mit ihrer App will die Firma Lebensmittel, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, unter die Leute bringen. Natürlich zu günstigeren Preisen. Aber: Das Projekt steckt noch in der Entwicklungsphase, die App kann noch nicht runtergeladen werden. Wer an der nächsten Testphase teilnehmen will, muss sich online auf ihrer Homepage im Newsletter eintragen.  

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