Leverkusener BrückeDie Lkw-Sperrung belastet massiv den Kölner Norden

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Verkehrschaos im Norden: Es staut sich regelmäßig an der Lkw-Schleuse vor der Autobahn-Auffahrt zur Leverkusener Brücke.

Verkehrschaos im Norden: Es staut sich regelmäßig an der Lkw-Schleuse vor der Autobahn-Auffahrt zur Leverkusener Brücke.

Köln – Die Sperrung der maroden Leverkusener Brücke für Lkw hat für die Menschen im Kölner Norden dramatische Folgen. Der Verkehr rund um die Autobahn-Anschlussstelle Niehl macht Anwohnern, Pendlern und Wirtschaft mehr und mehr zu schaffen. Vor allem Ford ist betroffen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist das Problem?

Anfang Oktober hat sich die Situation verschärft. An der Anschlussstelle Niehl hat der Landesbetrieb Straßenbau eine Auffahrt auf die A1 Richtung Leverkusen komplett gesperrt. Denn für eine Lkw-Schleuse, wie sie an allen Zufahrten zur maroden Leverkusener Brücke eingerichtet wurde, sei hier nicht genug Platz.

Autofahrer auf der Industriestraße aus Richtung Norden sollen seitdem über das „Niehler Ei“ fahren, um die Auffahrt in der Gegenrichtung zu erreichen. Dort staut sich der Verkehr aus allen Richtungen. An der Autobahn-Auffahrt befinden sich zudem die Schleusenanlagen für Lkw. Gerät ein Lkw in diese Spur, schließt sich eine Schranke, was den ohnehin zähen Verkehrsfluss zusätzlich lähmt.

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Was sind die Auswirkungen für die Wirtschaft?

Wegen der längeren An- und Abfahrtszeiten für Zulieferer entstünden Ford zusätzliche Kosten von mehr als 500 000 Euro pro Jahr, so Unternehmens-Sprecherin Ute Mundolf. Hinzu kämen logistische Probleme. Ford werde täglich von 600 Lkw beliefert, 400 davon müssten die Leverkusener Brücke passieren. Die Früh-Brauerei im Gewerbegebiet Feldkassel befürchtet ebenfalls Verluste.

Kunden seien wegen der langen An- und Abreisen irritiert, die eigenen Arbeitskosten stiegen, so Marketingleiter Dirk Heisterkamp. Das Rewe-Logistikzentrum hat neben Mehrkosten mit Problemen bei der Belieferung der rechtsrheinischen Märkte zu kämpfen. „Dies wiederum hat große Auswirkungen auf den organisatorischen Ablauf innerhalb der Märkte“, so eine Sprecherin. 

Wie leiden die Mitarbeiter?

Die Mitarbeiter von Ford Merkenich und Niehl – sowohl Hauptverursacher als auch Leidtragende der Staus – verzweifeln. Allein der kurze Weg vom Betriebsparkplatz auf die Industriestraße dauert bis zu einer Dreiviertelstunde. Die einen quälen sich danach über das Niehler Ei, der offiziellen Umleitung, andere fahren quer durch Merkenich in Richtung Autobahn. Staus gibt es überall.

„Die einen haben ihre Arbeitszeiten verlegt, andere fahren Motorrad, wiederum andere arbeiten zu Hause“, sagt ein Ford-Mitarbeiter aus der Verwaltung. Die Kollegen aus der Produktion haben keine Wahl: Sie müssen pünktlich am Band stehen. Das tun sie auch, sagt Ute Mundolf. Aber die Belastungen seien erheblich. Wer im Rechtsrheinischen wohnt, braucht mittlerweile eineinhalb Stunden zur Arbeit anstatt 30 Minuten wie früher. Mitarbeiter einiger Unternehmen dächten über einen Arbeitsplatzwechsel nach, so Matthias Weber, stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsforums Nord.

Was ist mit den Anwohnern?

Anwohner Uwe B. Odendahl spricht von einem „Verkehrsinfarkt in Merkenich“. Die offizielle Umleitung über das Niehler Ei werde nicht angenommen, stattdessen führen viele Pendler über die Alte Römerstraße, die Merkenicher Hauptstraße und die Causemannstraße zur Autobahn.

Die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr Merkenich kämen kaum noch zum Gerätehaus an der Causemannstraße, so Matthias Weber. Probleme gebe es auch in Fühlingen. Dort hatte in letzter Zeit die neue Verlängerung der Industriestraße als Ortsumgehung für Entlastung gesorgt. Wegen der Staus dort fahren viele Menschen aus dem Norden nun über die Neusser Landstraße, also wieder direkt durch den Fühlingen.

Was tun die Behörden? 

In Kürze will die Stadt wenige Meter vor dem Niehler Ei eine zusätzliche Wendeanlage einrichten, um eine schnellere Umfahrung Richtung Anschluss-Stelle zu ermöglichen. Auch über einen Ausbau der Auffahrt von der Oranjehofstraße auf die Industriestraße werde nachgedacht.

Der Landesbetrieb Straßenbau prüft, die gesperrte Autobahn-Auffahrt wieder zu öffnen. Wie die Lkw-Schleuse dort untergebracht werden kann, sei aber noch nicht klar.

Welche Ideen gibt es sonst noch?

NRW-Wirtschaftsminister Michael Groschek brachte eine Verlagerung der Pendlerströme auf die Personenfähre von Leverkusen-Hitdorf nach Langel ins Gespräch, die Weiterfahrt könnte auf E-Bikes erfolgen.

Der Landesbetrieb ist skeptisch. In Leverkusen gebe es an der Fähre nicht genügend Parkplätze. E-Bikes wiederum seien im Winter unpraktikabel. Matthias Weber könnte sich alternativ Shuttle-Busse vorstellen, die die Belegschaften von der Fähre abholen. Ute Mundolf von Ford wollte sich zu konkreten Vorschlägen nicht äußern: „Wir drängen aber auf eine schnelle Lösung.“

Wie sind die  Aussichten?

Nach der schnellen Lösung sieht es derzeit nicht aus. Möglich ist sogar, dass sich das Verkehrschaos weiter verschärft. Wenn erst die neue Leverkusener Brücke gebaut werde, komme noch der Baustellen-Verkehr hinzu, befürchtet ein Ford-Mitarbeiter: „Die Situation wird auch die nächsten Jahre so bleiben“, ist er sich sicher. Die neue Brücke soll schließlich frühestens 2020 fertig sein. 

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