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Wegen DenkmalschutzLindenthaler Flüchtlingsunterkunft nimmt weniger Asylsuchende auf

Lesezeit 3 Minuten
Auf diesem Grundstück an der Dürener Straße soll ein Flüchtlingsheim entstehen.

Auf diesem Grundstück an der Dürener Straße soll ein Flüchtlingsheim entstehen.

Köln – Gähnende Leere auf 2250 Quadratmetern. Das Grundstück Dürener Straße 283 liegt brach, immer noch. Nur die Bauzäune, die bereits vor dem Areal aufgestellt sind, weisen darauf hin, dass es längst bebaut sein sollte – mit Lindenthals einzigem Wohnheim für 150 Flüchtlinge. So hatten der Stadtrat und die Bezirksvertretung Lindenthal es Ende 2014 beschlossen. Geschehen ist seitdem nicht viel.

Statt 120 auf einmal nur Platz für 22 Asylsuchende

Von März bis September 2015 wartete die Stadt die Vogelbrutperiode ab, im November wurde dann gerodet. Das Baugenehmigungs- und Vergabeverfahren nahm ein weiteres Jahr in Anspruch. Nun ist es endlich soweit. Die geplante Flüchtlingsunterkunft soll in Systembauweise, also ähnlich einem Fertighaus, entstehen. Allerdings soll sie nun nicht, wie vom Rat beschlossen, drei Stockwerke erhalten, sondern nur einstöckig sein. Und statt 120 nur 22 Personen Platz bieten.

Das hat die Stadtverwaltung der Bezirksvertretung Lindenthal jetzt mitgeteilt. Als Grund für die vom Ratsbeschluss abweichende Planung beruft sie sich auf den Denkmalschutz: Aus denkmalpflegerischen Gründen und wegen der sehr begrenzten Größe des Grundstücks müsse von der ursprünglichen Planung Abstand genommen werden. „Ein dreigeschossiger Bau würde sowohl die denkmalgeschützten Grünbereiche (Stadtwald, Allee) als auch das Baudenkmal an der Dürener Straße 285, ein Überbleibsel der ehemaligen Anlage der Kitschburg, zu stark beeinträchtigen – in der Höhe, in der Form und in der Gestaltung.“

Die Entscheidung sorgt für Empörung bei den Bezirkpolitikern in Lindenthal: „2014 haben wir beschlossen, dass wir dieses Grundstück für die Unterbringung von geflüchteten Menschen zur Verfügung stellen möchten. Dann braucht es fast drei Jahre, bis wir den Hinweis darauf bekommen, dass in der unmittelbaren Umgebung Denkmäler zu berücksichtigen seien“, bemängelt Friedhelm Hilgers, Vorsitzender der SPD-Fraktion.

Auch der stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler (Grüne) äußert sich kritisch: „Wir wollten durch unseren Beschluss ein deutliches Zeichen setzen, dass wir bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, sogar auf einen Grundstück, dass in einer denkmalgeschützten Umgebung in einer Grünanlage liegt. Die Rahmenbedingungen waren uns bekannt und der Verwaltung auch – fast drei Jahre lang.“ Und die Lindenthaler Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker (CDU) sagt: „Wir wundern uns über diese Entscheidung“.

Späte Bedenken beim Thema Denkmalschutz

Das Wohnungsamt nennt einen Grund für die späten Bedenken im Hinblick auf den Denkmalschutz: „Erst bei der Planung haben wir erfahren, unter welchen Rahmenbedingungen wir dort überhaupt bauen können und welche Zugeständnisse wir machen müssen“, sagt Amtsleiter Josef Ludwig. Die seien nun einmal dem Denkmalschutz geschuldet. Das zuständige Amt hat eine klare Haltung zu dem geplanten Vorhaben: „Der dreigeschossige Bau wäre ein sehr massives Gebäude. Das prägt die Straßenschlucht und stört die Grünanlage“, sagt die stellvertretende Stadtkonservatorin Marion Grams-Thieme. „Das ist beim besten Willen nicht zustimmungsfähig. Der eingeschossige Bau ist schon ein Zugeständnis, das wir nur machen können, weil er zeitlich befristet ist.“

Als Kompromisslösung empfinden die Kritiker das geplante Gebäude nicht. „Der eingeschossige Bau ist doch eher eine homöopathische Dosis“, kommentiert Friedhelm Hilgers. Auch die Mitglieder der Willkommensinitiative „Netzwerk Integration Lindenthal“, die sich eigens wegen des geplanten Wohnheims gegründet hat, sind ernüchtert: „Der Anteil an geflüchteten Menschen beträgt in Lindenthal 0,1 Prozent“, kritisiert Claus Otten von der Initiative. „Gemessen an anderen Stadtteilen ist das viel zu wenig.“

Willkommensinitiative kann Entwicklung nicht nachvollziehen

Dass der Bau in der geplanten Lage nicht möglich sein soll, können die Mitglieder der Willkommensinitiative nicht verstehen: „Direkt neben dem Grundstück steht ein dreistöckiges Wohnhaus“, kommentiert Claudia Giesen. „Ein paar hundert Meter weiter gibt es eine Tankstelle. Dahinter steht ein Hochhaus, das Hotel Leonardo Royal“.

Das Netzwerk Integration Lindenthal kümmert sich mittlerweile um Flüchtlinge in anderen Stadtvierteln des Bezirks, vor allem in Marsdorf. „Aber dort, mitten im Industriegebiet, ist Integration wirklich sehr schwer möglich“, sagt Claudia Giesen. „Hier in Lindenthal, in Wohngegenden mit Supermärkten und Cafés wäre das etwas anderes.“

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