Murat KaymanDitib-Vorstand legt Ämter nieder – Rückt Verband enger an Ankara heran?

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Die Zentralmoschee an der Venloer Straße 

Köln – Die Türkisch-Islamische Union (Ditib) verliert einen ihrer wichtigsten Funktionäre. Murat Kayman hat mit sofortiger Wirkung alle Ehrenämter niedergelegt: Der 43-Jährige wird nicht mehr als Koordinator der Ditib-Landesverbände arbeiten und aus dem NRW-Vorstand ausscheiden.

Gleiches gilt für seine Tätigkeiten im Koordinierungsrat der Muslime (KRM) und im Dialogforum Islam des Landes NRW.

Rückt Moscheeverband noch enger an Türkei?

Für Experten ist der freiwillige Ausstieg Kaymans ein Beleg dafür, dass sich der Moschee-Verband in Zeiten der Krise, die sich durch die Spitzelaffäre um die Ditib-Imame zugespitzt hat, noch enger an die Türkei anlehnen wird.

„Aus meiner Sicht dürfte der überraschende Rücktritt Kaymans, der unter anderem als Justiziar für die Ditib arbeitet, vor allem berufliche Gründe haben“, sagt Susanne Schröter, Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI). Kayman dürfte die Reißleine gezogen haben.

Kayman unterstützt zukünftig als Jurist das Zentrum für Soziale Unterstützung

„Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen den Verband könnten für ihn als potenzielle Gefährdung seiner Existenz wahrgenommen werden.“ Kayman wird künftig als Jurist nur noch für das Zentrum für Soziale Unterstützung (ZSU) arbeiten, das sich vor allem im Todesfall eines Muslims um die schnelle Überführung und die Bestattung in der Türkei kümmert.

Im Gegensatz zu Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga gilt Kayman eher als Vertreter einer Linie, die zumindest die strukturelle Unabhängigkeit des Moscheeverbands vom türkischen Staat vorantreiben wollte. „Mein Interesse wird weiterhin auf der Zukunft muslimischen Lebens und muslimischer Selbstorganisation in Deutschland liegen“, schreibt Kayman auf seiner Homepage.

Die deutsch-türkische Kommunikation sei schon seit längerer Zeit belastet. Inhalt und Art des öffentlichen Umgangs trügen „immer mehr Züge einer feindseligen Auseinandersetzung“. Beide Seiten müssten „sprachlich abrüsten und sich auf inhaltliche Fragen konzentrieren, wollen sie das dauerhafte Zusammenleben nicht aufs Spiel setzen“, so Kayman in seinem Internetblog.

In der Vergangenheit hatte der 43-Jährige die Arbeit der 970 Moschee-Gemeinden der Ditib gegen Kritik, sie seien alle von Ankara gesteuert, immer wieder verteidigt und dabei genau das versucht, was dem Moschee-Verband nicht gelingen will: den Spagat zwischen der Abhängigkeit von der türkischen Regierung und der Religionsbehörde Diyanet und eine möglichst unabhängige Arbeit gegen einen radikalen Islam in Deutschland hinzukriegen. Nach der Spitzelaffäre ist das derzeit offenbar nicht mehr möglich.

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