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Graffiti in MülheimEin Park voll geduldeter bunter Kunst

Lesezeit 4 Minuten
Der Sprayer „Dots“ bei der Arbeit.

Der Sprayer „Dots“ bei der Arbeit.

Mülheim – In großen blauen Lettern prangt „Crew of Two“ auf den ehemals roten Backsteinen einer Mauer, die den kleinen Park hinter dem Bürgerhaus Mütze umgrenzt. Farbige Hintergründe – sogenannte Fill Ins – schmücken den Schriftzug aus. Der oder die Urheber des Graffito haben sich Mühe mit dem Bild gegeben, aus Respekt davor hat es bislang niemand übermalt.

Auch der Sprayer „Dots“ (Punkte) nicht, der lieber seinen Künstlernamen als den echten im Artikel lesen will. Der Park an der Berliner Straße ist die einzige größere Grünfläche im Mülheimer Norden.

Sie ist aber nicht nur für Mülheimer interessant, die Zeit im Freien verbringen wollen, sondern auch ein Anziehungspunkt für junge Graffiti-Künstler. An den Mauern, die den Park eingrenzen, ist das Sprühen von Bildern legal – es handelt sich um eine sogenannte Hall of Fame, so lautet der Begriff dafür in der Sprayer-Szene.

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Legale Sprüh-Flächen freuen junge Sprayer

„Wir sind Nutznießer des Angebots vor unserer Tür“, sagt Rolf Diesling von der Mütze, „außerdem stellen wir selbst häufig Kunst in unseren Räumen aus.“ In regelmäßigen Abständen würden Diesling und seinen Kollegen an den Wänden neue, teils sehr aufwendig gemalte Bilder präsentiert, „mitunter sogar täglich“, wie er sagt.

Die vornehmlich jungen Sprayer können sich also über das Wohlwollen im Quartier freuen, auch die Mitglieder des Vereins „Nachbarschaft Köln Mülheim-Nord“ haben sich nach dem Umbau des Parks im Jahr 2013 und den anschließenden Erhalt der legalen Sprüh-Flächen bemüht.

Bislang gab es keine Beschwerden über Graffiti-Aktivitäten im Park, das bestätigt auch Sabine Müller vom Umweltamt der Stadt. „Es hat etwas gedauert, bis die Szene den Ort wieder angenommen hat. Aber seit einiger Zeit herrscht reger Betrieb“, sagt Müller.

Zukunft der Graffiti-Künstler steht auf der Kippe

Die Sozialwissenschaftlerin ist Urheberin und Initiatorin des Projekts „Hallo Nachbar, danke schön“ das seit 2009 im Veedel aktiv ist und versucht, Kontakte und Aktionen zwischen den Akteuren und Initiativen vor Ort aufzubauen. „Gerade an sozialen Brennpunkten wie in Mülheim-Nord ist das wichtig.“

Sprühdosen und Aufsätze verschmutzen Park

Allerdings gefährden die Sprayer ihre Hall of Fame, in der sie ungestört kreativ sein dürfen, immer wieder selbst. „Viel zu häufig werden in dem Park Sprühdosen und die Aufsätze dafür liegengelassen“, sagt Müller. Man suche zwar immer wieder das Gespräch vor Ort, um Einsicht zu erzeugen, aber das Müllproblem trete immer wieder auf.

„Fairerweise muss man sagen, dass nicht nur die Sprayer ihre Utensilien und Essens-Verpackungen zurücklassen, das machen viele andere Nutzer des Parks auch“, so Müller. Bis Ende Oktober gab es ein kleines Kontaktbüro des Umweltamts an der Berliner Straße, von dort aus haben Müller und ihre Mitarbeiter Runden durch das Quartier gedreht und waren direkt erreichbar.

Finanzierung des Umweltamt-Kontaktbüros ist gefährdet

Das Büro steht heute allerdings leer, erst im Januar soll beschlossen werden, ob es weiterhin finanziert werden soll. Für die Sprayer eine kritische Phase, denn so beliebt der „Spot“ in Mülheim auch ist: Sollten sie ihre Arbeitsutensilien weiterhin regelmäßig zusammen mit ihren Kunstwerken abliefern, könnten sie den Status als akzeptierte Künstler verlieren.

„Die Gefahr besteht, dass sie dann in einen Topf mit den Leuten geworfen werden, die Jugendstilhäuser im Mülheimer Norden im Vorbeigehen beschmieren“, sagt Müller. Dann gäbe es schnell keinen Ort für Graffiti-Kunst im Veedel mehr. Auch Rolf Diesling von der „Mütze“ hofft, dass es soweit nicht kommt. „Wir und unsere Besucher schauen gern aus dem Fenster und freuen uns über ein buntes Quartier.“ Doch der Park gehöre allen Menschen, alle Nutzer sollten dafür auch ihren Teil der Verantwortung übernehmen.

Sprayer „Dots“ schlägt vor, einen Mülleimer speziell für Dosen und Zubehör aufzustellen, in dem das Leergut gesichert gesammelt wird.

Informationen

Die Initiative „Hallo Nachbar, danke schön“ stellt ihre Arbeit im Internet vor.

Interessierte können sich außerdem auf den Seiten des Netzwerks „Mittwochsmaler“ informieren, einem Kölner Graffiti- und Jugendkunstprojekt auf Initiative des Sozialdienstes katholischer Männer (SKM).

Der Zusammenschluss „KASA“ - Kölner Anti Sprayer-Aktion“ besteht aus Stadt, Polizei, KVB, Bahn, Hausbesitzern sowie einigen Unternehmen und hat sich 1998 gegründet, um illegalen Graffiti in der Stadt den Kampf anzusagen.

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