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Projekt „Smart City Cologne“Die Zukunft von Köln beginnt in Mülheim

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Die Stegerwald-Siedlung in Mülheim

Die Stegerwald-Siedlung in Mülheim

Die Stegerwald-Siedlung wird zum smartesten Veedel der Stadt. Nicht im hippen Ehrenfeld, in Sülz oder Nippes, sondern im 50er-Jahre-Viertel mit einfachen Wohnungen für Geringverdiener will die Stadt demonstrieren, was mit „Smart City Cologne“ gemeint ist: Vernetzte Mobilität, weniger Parksuchverkehr, E-Bikes und Elektroautos zum Ausleihen, ein virtuelles Kraftwerk, Energiesteuerung via Internet, höchste Standards bei der Wärmedämmung, Fotovoltaik auf dem Dach oder modernste Kommunikationstechnologien.

Die Dewog-Siedlung soll zur „Blaupause für andere Stadtquartiere“ werden, wie Barbara Möhlendick sagt. Sie ist die Leiterin der Koordinierungsstelle Klimaschutz in der Stadtverwaltung. „Das ist ein Riesenprojekt mit einem Riesenanspruch.“ Zusammen mit Stockholm und Barcelona hat Köln eine Ausschreibung der Europäischen Union gewonnen. Die Städte teilen sich 25 Millionen Euro, um innerhalb der nächsten fünf Jahre beispielhaft zu zeigen, was man besser machen kann.

Sanierungen sollen Energieverbrauch senken

Beispiel Energieeffizienz: Nach einer Sanierung, die über die Maßnahmen der letzten Jahre hinaus gehen wird, soll der Energieverbrauch in den Wohnungen auf ein Drittel bis ein Viertel des derzeitigen Werts sinken. Durch die Zuschüsse aus dem EU-Topf wird die aufwendige Wärmedämmung für die Wohnungsgesellschaft Dewog als Vermieter und für die betroffenen Mieter zu einer günstigen Modernisierung, die sich schnell rechnet.

Alles zum Thema Henriette Reker

Dafür wird sich leicht Überzeugungsarbeit leisten lassen. Etwas schwieriger dürfte es werden, hier für einen „CO2-armen Lebensstil“ zu werben, wie er im Rahmen der Initiative „Smart City Cologne“ diskutiert wird. Die Mitstreiter aus den vielen Initiativen und Vereinen, die sich vergangene Woche im Rathaus zur „interaktive Konferenz“ trafen, um „Köln auf dem Weg in die Zukunft mitzugestalten“, wissen was damit gemeint ist (siehe „Impulse für eine moderne und nachhaltige Stadtentwicklung“).

Wenn die Stadt aber als ganzes „neue Wege“ gehen will, braucht sie dafür eine „breite Akzeptanz der Bevölkerung“, wie es Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes in ihrer Begrüßungsrede sagte. Doch das ist nicht so einfach. „Die Innovation in Gebiete zu bringen, die üblicherweise nicht zu den hippen Vierteln der Stadt gehören, ist eine echte Herausforderung“, so Klimaschutz-Koordinatorin Möhlendick.

Es fehlt an Akteuren und Bewusstsein

Zurzeit finden die vielfältigen Aktivitäten die sich im Rahmen von „Smart City Cologne“ vernetzen, Zuspruch in überschaubaren Zirkeln. Da werden Brennzellen-Heizungen erprobt, Schiffsanlegeplätze ans Stromnetz angeschlossen oder Innovationen auf einer Nippeser „Klimastraße“ getestet. Das sind noch keine Großprojekte, mit denen man die Welt verändert. Selbst einen „Tag des guten Lebens“, der als tolles Viertelsfest jenseits von Ramsch und Ballermann zum Start in Ehrenfeld begeisterte, lässt sich nur schwer in andere Stadtteile exportieren.

Es fehlt an Akteuren und Bewusstsein in der Nachbarschaft; es fehlt aber auch noch an einer klaren stadtentwicklungspolitischen Strategie zum Klimaschutz, die auf die Verbindung von klassischem Umweltschutz und moderner Technologie setzt. Während sich Experten, wie sie in der Serie „Köln 2020“ im „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu Wort kamen, einig sind, dass neben dem Umgang mit der demografischen Entwicklung Klimaschutz und Klimaanpassung die Aufgaben der Zukunft auch der Kommunen sind, tun sich die Politiker, die fürs Prioritätensetzen beim Ausgeben der Steuergelder zuständig sind, offenbar noch schwer, wie Kritiker sagen. „Immerhin haben wir schon Klimaziele“, sagte Umweltdezernentin Henriette Reker in einer Talkrunde bei der „Smart City“-Konferenz. „Leider hakt es an der Umsetzung. Aber wir werden besser.“

Die Stegerwald-Siedlung wird somit zum Praxistest: Kann man hier Menschen für das Zukunftsthema interessieren? Sind sie bereit die neuen technischen Angebote zu nutzen und ihr Verhalten zu verändern? Da geht es um kleine Dinge wie die Frage, ob man intelligente Haustechnik auch dazu nutzt, die Wäsche mal nachts zu waschen, wenn es nicht alle tun. Aber es geht auch um die große Herausforderung, ob man bei der Wahl des Verkehrsmittels öfter mal das Auto stehen lässt. Bis 2025 sollen die Kölner zwei Drittel ihrer Wege nicht mehr mit dem Auto zurücklegen. In der Stegerwald-Siedlung will man das mit sogenannten „Mobilitätshubs“ befördern. An solchen Knotenpunkten in der Nähe von Bus- oder Bahnhaltestellen stehen verschiedene Verkehrsmittel zur Wahl, darunter Leihfahrräder, Elektroautos. Zudem gibt es Parkplätze, die man mit dem Smartphone reservieren kann.

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