Nichts trinken im RamadanLehrer an Kölner Schulen berichten von überforderten Kindern

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Schüler an Gymnasium

Siebtklässler an einem Gymnasium (Symbolbild)

Köln – Der Fall mag extrem sein, aber verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen Schulen zurzeit stehen können: Eltern einer Kölner Gymnasiastin haben einen Antrag auf Befreiung ihrer Tochter vom Schwimmunterricht gestellt: Sie könnte im Becken oder beim Duschen Wasser schlucken, was im Fastenmonat Ramadan unbedingt zu vermeiden sei. Die Schulleitung hat den Antrag abgelehnt.

Schulen berichten ungern vom Umgang mit solchen Problemen. Wer offiziell nachfragt, erfährt wenig von den Nöten im Schulalltag im Umgang mit fastenden Kindern. Für Mittwoch und Donnerstag sind wieder hohe Temperaturen vorhergesagt. Dann sitzen nicht ausgeschlafene Kinder in heißen Klassen, die meinen, dass sie nichts trinken dürfen. Kein Massenphänomen, aber doch immer wieder Schulalltag, wie Lehrer berichten. Wenn die Sonne früh auf- und erst spät wieder untergeht, wird die Einhaltung des Ramadan für Muslime, die sich an das Fastengebot halten wollen, zur besonders schweren Prüfung.

Bezirksregierung verweist auf Fürsorgepflicht

Die Bezirksregierung als Schulaufsicht verweist auf Erlasse des Ministeriums, die aber lediglich die Frage nach einer Freistellung vom Unterricht und den Zeitpunkt für „Hitzefrei“ regeln. „Es ist Sache der jeweiligen Schulleitung“, verweist ein Behörden-Sprecher auf die Fürsorgepflicht. „Man muss reagieren, wenn es jemand gesundheitlich schlecht geht.“

Am Dreikönigsgymnasium in Bilderstöckchen ist man mit einem Elternbrief in die Offensive gegangen: „Es ist sicherlich wünschenswert, dass sich Kinder mit religiösen Traditionen auseinandersetzen und verständlich, dass gerade jüngere Kinder stolz darauf sind, an diesen Traditionen teilzuhaben. Sie, liebe Eltern, sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass Ihre Kinder in der Schule sehr beansprucht werden und Kraft und Konzentration benötigen, um den Leistungsanforderungen gerecht zu werden.“

Aktuelle Termine bergen Gefahr von schlechten Noten

Die aktuellen Ramadan-Termine würden die Gefahr bergen, mit schlechten Noten das Schuljahr abzuschließen. Wer am Gymnasium am Ende der Erprobungsstufe mit der sechsten Klasse die Versetzung verpasst, muss die Schule verlassen.

Obwohl die islamische Lehre Kindern vor der Pubertät die Fastenpflicht erlässt, habe man in den vergangenen Jahren schon in den fünften Klassen muslimische Kinder erlebt, die auch bei größter Hitze nichts aßen und tranken, berichten Lehrer des Dreikönigsgymnasiums. „Sie waren nicht in der Lage, dem Unterricht zu folgen, geschweige denn, sich auf Klassenarbeiten vorzubereiten“, so die stellvertretende Schulleiterin Barbara Wachten.

Großer Gruppendruck unter Gleichaltrigen

Ihre Kollegin Regina Haus glaubt, dass es gar nicht so sehr die Eltern sind, die von den Kindern das Fasten verlangen. „Bei vielen wird das Gebot lockerer genommen, das gemeinsame Fasten zum Beispiel aufs Wochenende beschränkt.“ Entscheidender als der Elterneinfluss sei wohl der Gruppendruck unter Gleichaltrigen und der Wunsch sich so abzugrenzen.

Befördert durch den Einfluss der sozialen Medien und möglicherweise auch einiger Moscheegemeinden. In einigen Fällen grenzen sich die Kinder offenbar sogar ganz bewusst von ihren Eltern ab. So hätten die Eltern einer Klasse einer Klassenfahrt im Ramadan zugestimmt, einige Schüler dann aber selbst entschieden, nicht mitfahren zu wollen.

Der Fastenmonat Ramadan – Durch rituelles Fasten Gott näher kommen

Der neunte Monat im islamischen Mondkalender ist der Fastenmonat Ramadan. Nach islamischer Auffassung wurde während des Ramadan der Koran auf die Erde hinabgesandt. Der Termin wandert durchs Jahr, weil ein Mondjahr kürzer ist als ein normales Kalenderjahr. In diesem Jahr dauert der Fastenmonat vom 27. Mai bis 24. Juni. In den nächsten Jahren wird er immer weiter auf ein früheres Datum wandern. Gläubige Muslime sollen während des Ramadan fasten, das heißt, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unter anderem auf Essen und Trinken verzichten.

Die Idee: Durch das rituelle Fasten sollen die Menschen Gott näher kommen. Der Körper wird dem Geist unterworfen; Selbsterziehung und Disziplin werden zum Ausdruck von Dank. Zudem sollen Fastende lernen, mit Menschen mitzufühlen, die Hunger erleiden müssen. Kinder vor der Pubertät, Schwangere und Kranke müssen nicht fasten.

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