Guido Krutwig im InterviewDer Musiker spricht über sein ungewöhnliches Haus in Niehl

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Der Schrank des Urgroßvaters wurde überarbeitet und passend gemacht.

Der Schrank des Urgroßvaters wurde überarbeitet und passend gemacht.

Köln-Niehl – Das Haus in der Niehler Feldgärtenstraße mag von außen unscheinbar wirken. Doch hinter der Eingangstür kommt man aus dem Staunen kaum heraus: Man fühlt sich auf einer Zeitreise, ungefähr 100 Jahre zurück versetzt. Der Hauseigentümer Guido Krutwig, im Hauptberuf Musiker, hat den Flur mitsamt Treppenhaus im Jugendstil-Design gestaltet. Im Gespräch erklärt er sein Projekt.

Herr Krutwig, wie fing das Projekt an?

Ich habe das Haus, das mein Urgroßvater 1911 erbaut hatte, im Jahr 2010 von meinen Eltern übernommen. Die Gestaltung des Flurs war völlig veraltet – in den 1970er und 80er Jahren hatte man das Haus renoviert und an den damaligen Zeitgeist angepasst. Unter anderem hatte man die schönen hohen Decken abgehängt und alles geradliniger gestaltet. Und die Wände hatten eine fürchterliche Tapete! Da kam mir die Idee, das Haus in den Glanz des „Art Nouveau“ zurückzuversetzen.

Was mögen Sie am Jugendstil besonders?

Zu der Zeit, als ich das Haus übernahm, hatte ich gerade angefangen, mich mit dem Jugendstil zu beschäftigen. Ich entdeckte, dass mich die Epoche von 1890 bis 1920 wirklich anspricht. Die Formen sind kunstvoll und oft verspielt – diese Lebensfreude reibt sich jedoch mit einer gewissen Melancholie. Etwa wenn wildwuchernde Blumenranken etwas die Köpfe hängen lassen, oder makellos schöne Frauenhäupter seltsam-freudlos ins Leere gucken. Aus dem Jugendstil entwickelte sich schließlich auch das Art déco, und jenes weiter in den schmucklosen Bauhaus-Stil. Im Gegensatz zu diesen eher lässig-coolen Designrichtungen braucht es schon etwas Mut, sich zum lange verpönten Jugendstil zu bekennen. Doch die Zeit ist reif.

Guido Krutwig leistete viel Detailarbeit für die Verzierungen.

Guido Krutwig leistete viel Detailarbeit für die Verzierungen.

Wo sind Sie an die passenden Gegenstände für die Innen-Einrichtung gekommen?

Die Suche war natürlich nicht ganz einfach. Einige Stuck-Ornamente habe ich im Internet gefunden, gekauft und in Wand und Decke eingelassen. Oder die Lampen, die aufgrund ihrer Lichtwirkung wichtig für den Gesamteindruck sind – das damals neue elektrische Licht nahm einen ungeheuren Einfluss auf den Jugendstil: Die sind alle original und sehr alt, oft mehr als 100 Jahre. Andere Stücke fanden sich noch im Haus-Inventar. Sie mussten allerdings überarbeitet werden, um ihren alten Glanz zurückzubekommen. Mein Ziel war es aber auch, meine eigene Version vom Jugendstil zu schaffen. Bestimmte Formelemente wie die Rundbögen wiederholen sich. Ich habe sie an Türen, Schränken Wänden und Decken verwendet.

Wie lange haben Sie für die Renovierung gebraucht?

Mein Renovierungs-Projekt lief über drei Monate, in denen ich allerdings bis zu zwölf Stunden am Tag gearbeitet habe. Soweit es das Privatleben und meine musikalische Arbeit zuließen.

Auf welche Teile sind Sie besonders stolz?

Ein Highlight ist sicher der Schrank, der original aus der Jugendstil-Epoche stammt. Er war die Auftrags-Schreinerarbeit eines Urgroßvaters mütterlicherseits für meinen Uropa väterlicherseits. Er stand zuvor nicht im Flur, aber passte hervorragend ins Ambiente, das ich vorhatte umzusetzen. Um ihn passend zu machen, habe ich ihn auseinander geschraubt und mit der Kreissäge von 65 Zentimeter auf 40 Zentimeter in der Tiefe verringert und ausgearbeitet. Und die Haube über dem Ausgang: Es ist eine sogenannte Supraporte, die ich eigens entworfen, ausgesägt, mit Messing und Goldlack verziert und im Hintergrund beleuchtet habe.

Die beleuchtete Supraporte über dem Eingang – mit den Beatlesköpfen.

Die beleuchtete Supraporte über dem Eingang – mit den Beatlesköpfen.

Ein anderes lustiges Detail sind die vier Gipsköpfe über der Eingangstür: Sie wirken auf den ersten Blick durch die indirekte Beleuchtung vielleicht etwas unheimlich – aber es handelt sich um stilisierte Abbilder der Beatles. Das habe ich einfach so gemacht, aus Spaß und Freude an einem klitzekleinen Stilbruch. Obwohl, schließlich haben die vier Jungs aus Liverpool auch eine Art Jugendstil in der Popmusik etabliert.

Hinter allem steckt viel handwerkliche Finesse. Haben Sie in dem Bereich mal gearbeitet oder eine Ausbildung gemacht?

Ich mag alles, was kreativ ist – von Musik über Logo-Design bis eben zum Handwerk. Das Renovieren und Gestalten habe ich mir über die Zeit selber beigebracht. Ich stamme allerdings auch aus einer alten Niehler Handwerker-Familie, von daher habe ich sicher das eine oder andere geerbt. Und das schöne Rankenspiel an der Wand neben dem Geländer stammt von meinem guten Freund, dem Kunstmaler Constantin Kartmann.

Zur Person

Guido Krutwig (51) ist im Hauptberuf Musiker; er ist Leadsänger der 2013 gegründeten Mundart-Band „Cabb“, dem „Club für Anonyme und Bekennende Bekloppte“ aus dem „Gaffel im Linkewitz“. Er ist in Niehl geboren und aufgewachsen.

Mein Lieblingsort in Niehl

Die Niehler Riviera, wo man ruckzuck allen Trubel am Rheinsandstrand vergessen kann.

Mein Lieblingslokal

Bei mir zo Hus. Ich teile gerne Komfort, Futter und Trank mit meinen Gästen.

Was mich am Veedel stört

Dass sich notwendige Einzelhändler wie Apotheker oder Metzger hier nicht halten können.

Das Veedel ist für mich

Heimat und Basis.

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