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Tiger-InzestWWF nimmt Kölner Zoo in Schutz

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Schüchternes Kraftpaket: Jungtiger Jegor bei der Ankunft in der neuen Heimat, dem Münchner Tierpark Hellabrunn.

Schüchternes Kraftpaket: Jungtiger Jegor bei der Ankunft in der neuen Heimat, dem Münchner Tierpark Hellabrunn.

Er hat es nicht nur einmal getan: Jungtiger Jegor versuchte immer wieder, seine neunjährige Mutter Hanya zu besteigen. Das erzählen Stammbesucher des Tigergeheges. Wie ernst das vermeintliche Spiel war, musste der Zoo mit den drei Inzest-Babys von Hanya und Jegor leidvoll erfahren. Am Samstagmorgen fanden Pfleger die Neugeborenen im Gehege – und fielen aus allen Wolken.

„Natürlich haben wir gesehen, dass Jegor seine Mutter bestiegen hat“, gibt der zuständige Kurator Alexander Sliwa auf Nachfrage zerknirscht zu. „Aber das ist nicht weiter verwunderlich. Tiger sind fortpflanzungsfreudige Tiere und fangen früh an zu üben. Wir hätten im Traum nicht daran gedacht, dass Jegor schon geschlechtsreif sein könnte. So ist es letztendlich menschliches Versagen – die Tiere können nichts dafür.“

Tigerkater werden in freier Wildbahn erst mit zwei bis dreieinhalb Jahren geschlechtsreif. Dass Jegor so früh so weit entwickelt war, hänge zu großen Teilen von der guten Versorgung in Gefangenschaft ab. Es gibt regelmäßig Futter, und im Zoo drohen keine Gefahren. Dass Jegor überhaupt mit seiner Mutter „spielen“ durfte, lag wohl am Fehlen des Vatertieres.

Was die Planung für die Aufzucht der Jungtiere betraf, war sich der Zoo eigentlich sicher, alles richtig gemacht zu haben. „Wir waren glücklich, für Jegor so zeitnah einen artgerechten Platz im Tierpark Hellabrunn in München gefunden zu haben, und waren uns absolut sicher, dass vor seinem Auszug, bei dem er erst 20 Monate alt war, nichts passieren würde.“

Inzest war ein Unfall

Dass der Inzestfall ein Unfall war, der Meinung ist auch Volker Homes vom World Wildlife Fund (WWF): „Die Haltung in Gefangenschaft ist eine andere als in der freien Wildbahn“, sagt der Artenschutzexperte. „Aber selbst unter genauester Beobachtung können wir das Verhalten von Tieren nicht bis ins kleinste Detail kalkulieren. Wir wissen noch längst nicht alles über unsere Säugetiere.“ Man könne immer nur von dem ausgehen, was man wisse. So hätte der Zoo nicht absichtlich etwas falsch gemacht oder fahrlässig gehandelt.

Den drei Tigerbabys ist die ganze Aufregung herzlich egal. Noch knubbeln sie sich gemütlich in der Wurfkiste, vorbildlich umsorgt von Mutter Hanya. Regelmäßig säugt die Tigerin ihre Welpen und geht nur ab und zu an die frische Luft, um sich die Pfoten zu vertreten und ihre beiden älteren Töchter zu begrüßen. Frühestens in acht bis neun Wochen werden die Jungen auch für die Zoobesucher zu sehen sein. Dann haben sie ihre erste Impfung bekommen und sind gewappnet für ein Leben im Außengehege. Ob das Zusammenleben mit ihren Tanten und Schwestern Mila und Finja klappt, wird sich zeigen.

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