Wahlkampf der LinkenMatthias Birkwald hält es in Nippes nicht lange auf der Bühne

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Matthias Birkwald (Linke) auf der Bühne.

Matthias Birkwald (Linke) auf der Bühne.

Nippes – Ein Vortrag zum Thema Rentenpolitik, an die Wand projizierte Folien mit Tabellen und hölzerne Stuhlreihen. Die Wahlkampfveranstaltung der Linken im Altenberger Hof in Nippes verspricht auf den ersten Blick gepflegte Langeweile. Das ist auch Matthias Birkwald bewusst. „Mit einem normalen Vortrag bekommt man die Menschen heute nicht mehr“, sagt der Bundestagsabgeordnete, Bewerber im Wahlkreis Köln 2, der Rodenkirchen, Lindenthal und die Südstadt umfasst.

Zu Beginn steht Birkwald noch auf der Bühne, doch schon nach wenigen Minuten läuft der rentenpolitische Sprecher der Linken mit einem kabellosen Mikrofon in den Händen durch die Reihen. Er fordert die 70 Zuschauer per Handzeichen auf, ihm anzuzeigen, ob er sie siezen oder duzen soll. Das „Du“ setzt sich klar durch.

Züge eines Comedian

Birkwald befindet sich ständig in Bewegung, er gestikuliert, hebt und senkt seine Stimme, wechselt auch mal in ein persiflierendes Kölsch, spricht einige Zuschauer direkt an. Immer wieder bringt er sie dazu, per Handzeichen Fragen zu ihrem Alter, Einkommen und ähnlichem zu beantworten. 

Das alles erinnert an den Auftritt eines Comedian. Und trotz des trockenen Themas schafft es der Politiker, sein Publikum zum Lachen zu bringen. „Die Ossis nennen die Hamburger und Münchener Wessis, obwohl das doch eigentlich Nordis und Südis sind.“ Gelächter. Der Humor kommt bei den potenziellen Wählern an.

Birkwald fordert zwölf Euro Mindestlohn

Birkwald transportiert allerdings auch ernst gemeinte Botschaften. Flaschen sammelnde Rentner sieht er als Zeichen einer Politik der unwürdigen Zustände. Er lobt den Mindestlohn, der nicht zuletzt seiner Partei zu verdanken sei, kritisiert aber, dass er zu niedrig sei. Er fordert zwölf Euro pro Stunde, damit die Rente über den Mindestsatz hinaus geht, das helfe gegen Altersarmut.

Birkwald ärgert sich über den Satz, dass die Jungen die Rente der Alten zahlen würden. „Da rege ich mich auf“, brüllt er künstlich in den Raum. Es seien die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und diese könnten auch älter als 50 oder 60 Jahre sein. „Das ist zwar nicht alt, aber eben auch nicht jung“, so Birkwald.

Zwiegespräche mit dem Gegenspieler

Als der Bundestagsabgeordnete von der Absenkung des Rentenniveaus durch die rot-grüne Koalition erzählt, imitiert er den damaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder, den er mit Zigarre durch das Kanzleramt laufen lässt. Bei einer Lobeshymne auf das österreichische Rentensystem, in dem es statt zwölf 14 Monatszahlungen gibt, schaut Birkwald hinter die Vorhänge der Bühne, um seinem Erstaunen mit der Suche nach der „versteckten Kamera“ Ausdruck zu verleihen.

Als Gegenspieler erwähnt Birkwald mehrfach den Tübinger SPD-Rentenexperten Martin Rosemann, den er menschlich sehr möge, mit dem er aber inhaltlich selten einer Meinung sei. So muss der abwesende Kollege für einige fiktive Zwiegespräche herhalten. Am Ende der Show verneigt sich Birkwald vor dem applaudierenden Publikum – wie ein Schauspieler.

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