Pärchen vor Kölner GerichtSechsmal bei Sex in der Öffentlichkeit erwischt

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Spielplatz (Symbolbild)

Köln – Es muss wohl der Blitz eingeschlagen haben, als sich Theo S. (42, alle Namen geändert) und die zehn Jahre jüngere Pia S. begegneten. Zwischen den beiden funkte es sofort, als sie sich, unmittelbar nach der Haftentlassung und beide obdachlos, kennenlernten.

Auch heute, zwei Jahre später, scheinen die Gefühle der inzwischen Verlobten füreinander stark zu sein. Im Gerichtssaal saßen sie eng beieinander auf der Anklagebank. Immer wieder warfen sie sich verliebte Gesten und schmachtende Blicke zu, während es um eine Straftat ging, die dem Ankläger nach eigenen Worten „so noch nie untergekommen ist“.

Die Gefühle müssen damals so übermächtig gewesen sein, dass sich das Pärchen immer wieder dazu hatte hinreißen lassen, sich in der Öffentlichkeit mehr als freizügig zu geben. „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ heißt der Straftatbestand. Mindestens sechsmal war das Paar beim Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit erwischt worden. Jeweils in der Mittags- und Nachmittagszeit, wiederholt auf Kinderspielplätzen, in einem Passfoto-Automaten, im Mülheimer Stadtgarten, zwischen parkenden Autos am Bergischen Ring, unter der Mülheimer Brücke und in der Parkanlage am Theodor-Heuss-Ring.

„Es war uns auch peinlich und unangenehm“

„Wir waren frisch verliebt“, sagten beide zu ihrer Entschuldigung und gaben alles zu. „Es war uns auch peinlich und unangenehm, bestimmt genauso wie den Leuten, die uns gesehen haben.“ Die Ausführungen des Paars klangen, als wollten sie sagen: „Die Gefühle waren stärker als der Verstand.“ 

Auch während des Geständnisses konnten beide nicht die Finger voneinander lassen: Er streichelte ihr zärtlich über den Arm, küsste ihre Hand und blickte ihr lange in die Augen. Sie nannte ihn immer wieder „Schatz“ und sorgte sich um korrektes Benehmen: „Hast Du auch Dein Handy ausgemacht, Schatz?“

Beide waren nach der Haftentlassung obdachlos

Zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens waren beider nach der Haftentlassung obdachlos und erhielten von der Stadt unterschiedliche Notunterkünfte. Inzwischen haben sie eine gemeinsame Wohnung, und auch die Aussicht auf einen festen Arbeitsplatz scheint sich zumindest für Theo S. zu konkretisieren.

Nach jahrelangem Alkohol- und Drogenkonsum  – der 42-Jährige war als Kellner in der Gastronomie tätig – ist S. inzwischen im Methadonprogramm, wird von der Drogenhilfe betreut und hat gerade ein Praktikum bei einer Industriereinigungsfirma absolviert. Seine Bewährungshelferin hatte nur Gutes über den Angeklagten zu berichten.

Weil Theo S. auch noch zwei kleinere Diebstähle begangen hat und 15-mal vorbestraft ist, erhielt er eine sechsmonatige Gesamtstrafe auf Bewährung.  „Wenn Sie auch nur noch was für zwei Euro klauen, wandern Sie ein“, warnte ihn der Ankläger. Die Verlobte muss 800 Euro Strafe zahlen. „So etwas geht einfach nicht. Auch wenn es angesichts der damaligen Obdachlosigkeit irgendwie nachvollziehbar ist“, zeigte sich der Richter im Urteil verständnisvoll. 

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