Paketshops in KölnLohnt sich die Päckchen-Annahme für Kioskbesitzer?

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Kioske in Köln sind immer häufiger auch Annahme- und Abgabestellen für Pakete.

Kioske in Köln sind immer häufiger auch Annahme- und Abgabestellen für Pakete.

Köln – Wenn Özcan Bostan morgens gegen halb acht sein Geschäft in Mülheim betritt, haben viele andere Läden in der Umgebung noch geschlossen.

Der 49-Jährige bietet seit 2001 Schuhreparaturen und einen Schlüsseldienst an, seit gut einem Jahr stapeln sich in dem kleinen Verkaufsraum an der Berliner Straße aber auch Pakete und andere Postsendungen. „Einen eigenen Lagerraum dafür habe ich nicht, aber bei guter Organisation funktioniert das auch so“, sagt Bostan.

In den meisten Fällen sind die Briefumschläge und Päckchen auch zügig wieder aus dem Laden verschwunden, denn der Geschäftsmann bietet in seinem Laden einen Service für Kunden des Postzustellers GLS, der den Adressaten kurze Wege und geringe Wartezeiten garantieren soll.

Deutliches Wachstum bei der Lieferung an private Adressen

Mit der schnellen und bequemen Lieferung von Postsendungen lässt sich eine Menge Geld verdienen – vor allem im urbanen Raum, etwa in Köln. Für das Geschäftsfeld der Lieferung von Waren an private Adressen erwartet Marten Bosselmann, Geschäftsführer des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK), „für die Zukunft ein deutliches Wachstum“.

Im BIEK sind die Zusteller-Firmen GLS, Hermes, UPS und der Deutsche Paketdienst (DPD) organisiert. Bosselmann hebt die Trennung zwischen Warenlieferungen an Gewerbetreibende und an Privatpersonen hervor. „Die Logistik für Geschäftskunden funktioniert seit Jahren stabil, die Lieferungen unterliegen weniger starken Schwankungen und sind besser im voraus planbar“, so Bosselmann.

Die letzten 1500 Meter des Transports sind die kostspieligste Strecke

Die nach wie vor vielerorts entstehenden Paketshops sind dagegen Ausdruck des Konkurrenzkampfs in der Branche um die Gunst der privaten Kunden. Ständig werden neue Innovationen erdacht, von der Online-Verfolgbarkeit der Ware bis zur künftig weitgehend autonomen Lieferung. „Viele Privatkunden wollen häufiger und bis zum Schluss über Ort und Zeitpunkt ihrer Warenlieferung bestimmen. Das macht die letzten 1500 Meter des Transports für die Zusteller zur kostspieligsten Strecke des gesamten Lieferwegs“, sagt Bosselmann. Angesichts des Wachstums im Online-Handelsind darum möglichst dichte und weit gespannte Netze der Paketshops für die Branche unersetzlich – zumindest solange, bis neue Lösungen gefunden sind.

Allein der Versender Hermes verfügt in Köln heute über 202 Paketshops. „Vor fünf Jahren, im Mai 2012, waren es noch 166 – das entspricht einem Wachstum von gut 20 Prozent“, sagt Sprecher Ingo Bertram. Die zur Deutschen Post gehörende DHL betreibt auf dem Stadtgebiet sogar ein Netzwerk von 370 Anlaufstationen. Ein Unternehmenssprecher stellt aber klar, dass diese Zahl alle Filialen, Paketshops, Poststationen und Annahmestellen enthält.

Pro Paket 40 Cent

Trotzdem ist die Post nach wie vor der größte Anbieter. Aber auch der DPD baut in Köln aus. „2016 hatten wir 45 Paketshops im Stadtgebiet, jetzt sind es bereits 60“, sagt Sprecher Frank Vergien. GLS möchte die Anzahl der Kölner Filialen nicht preisgeben, sondern verweist aber auf den firmeneigenen Online-Suchservice. Bei der Suche für Köln werden 15 Paketshops angezeigt.

Doch lohnt es sich Inhaber eines kleinen Gewerbes überhaupt, den Paket-Dienst anzubieten? Lassen sich halbwegs gute Zahlen aus dem Geschäft erlösen? Sevket Dogan bejaht die Frage. Seit mehr als 20 Jahren betreibt er einen Kiosk im Kölner Norden, vor acht Jahren ist er eine Partnerschaft mit dem größten Post-Konkurrenten Hermes eingegangen.

Dogan beziffert die Erlöse aus der Verteilung der Pakete auf monatlich 600 bis 700 Euro. Pro Paket bekommt er von Hermes 40 Cent. Doch dafür müssen Dogan und seine Ehefrau lange arbeiten. Der Kiosk hat an sieben Tage pro Woche geöffnet, von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr abends – nur sonntags starten die Dogans eine Stunde später. „Das macht uns attraktiv“, sagt der Kioskbesitzer und zeigt auf die Postfiliale schräg gegenüber. Sie schließt bereits um 18 Uhr. Und das ist der Grund, warum Sevket Dogans Kiosk von den Paketdienstleistern so umworben wird.

Mehr Umsatz für den Kiosk durch Laufkundschaft

Aus deren Sicht werden nämlich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der Shop ist ein bequemer Abholpunkt für Pakete bis in den späten Feierabend hinein. Wenn jemand seine Pakete auch gleich dorthin bestellt, spart das Personalkosten bei der Auslieferung. Und durch mehr Laufkundschaft mache der Kiosk zusätzlichen Umsatz, sagen zumindest die Paketfirmen. So kommen zur Retoure, die in den Paketshop getragen wird, vielleicht ein paar Süßigkeiten, eine Zeitschrift oder ein Getränk hinzu.

Auch der Schuh- und Schlüsseldienst von Özcan Bostan in Mülheim profitiert vom Geschäft mit den Päckchen. Er erhält ebenfalls pauschal 40 Cent pro abgewickelter Postsendung von GLS. Die meisten Kunden kenne er ohnehin, und länger als andere Läden habe er auch geöffnet. „Solange der Aufwand überschaubar bleibt und die restliche Arbeit nicht darunter leidet, ist das in Ordnung“, sagt Bostan. „Reich werde ich davon aber sicher nicht.“ (mit dpa)

Die meisten Shops haben DHL und Hermes

Das größte Netz an Paketshops unterhält bundesweit derzeit DHL-Konkurrent Hermes mit 14 000 Läden – Tendenz steigend. Der Mitwettbewerber DPD, eine Tochter der französischen Post, zählt 6000 sogenannte Pickup-Paketshops, bei der Firma GLS, die zur britischen Royal Mail gehört, sind es 5000 Läden. Dabei unterscheiden die Unternehmen nicht genau, was sich hinter den Zahlen verbirgt. Bei Hermes entfallen auf Kioske und Tankstellen je rund 20 Prozent aller Paketshops, sagt Sprecher Ingo Bertram.

In vielen Fällen erweitern auch Videotheken, Kopierläden, Bäckereien, Supermärkte und Schneidereien ihr Serviceangebot um Postsendungen. Auch der Branchenriese DHL aus Bonn meldet Zuwächse im Paketgeschäft und kommt bundesweit nach eigenen Angaben auf 28 000 Annahmestellen. Davon sind 11 000 reine Paketshops, hinzukommen Abgabe- und Annahmestellen in 13000 Postfilialen. Außerdem bietet DHL 3000 Packstationen und 900 Paketboxen. (dpa)

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