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Polizei KölnSo arbeiten die brutalen Geldautomaten-Sprenger

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Erst am Dienstagmorgen war die Postbank-Filiale in Rodenkirchen Ziel einer Gas-Sprengung.

Erst am Dienstagmorgen war die Postbank-Filiale in Rodenkirchen Ziel einer Gas-Sprengung.

Köln – Zum zweiten Mal binnen 24 Stunden haben Unbekannte einen Kölner Geldautomaten gesprengt. Gegen 3 Uhr in der Früh wurden am Mittwoch die Anwohner der Frohnhofstraße in Esch von einem Knall aus dem Schlaf gerissen.

Erst am frühen Dienstagmorgen hatten Unbekannte einen Geldautomaten der Postbank-Filiale Rodenkirchen mit Hilfe von Gas in die Luft gejagt und auch das Foyer stark beschädigt. Beute machten sie dort – im Gegensatz zum Fall in Esch – jedoch nicht. Wir geben einen Überblick über die Fakten.

Was ist in Esch passiert?

Gesprengt wurde ein Automat der Sparkasse Köln-Bonn, der sich im Vorraum eines Supermarkts an der Frohnhofstraße befand. Wie viel Geld die Täter erbeuteten, gab die Polizei nicht bekannt. Es soll sich um einen fünfstelligen Betrag handeln.

Nach ersten Ermittlungen zündeten sie ein Gasgemisch und flüchteten mit einem schwarzen Audi-Kombi mit Hamburger Kennzeichen und verdunkelten Scheiben. „Es hat einen Riesenknall gegeben“, schildert Anwohnerin Anja S. (Name geändert), die direkt über dem Tatort wohnt und den Fall beobachtete. Sie sah nach dem Knall drei maskierte Täter, die sich an dem Automaten zu schaffen machten und danach zwei gefüllte Taschen in den Kofferraum warfen.

Wahrscheinlich habe es noch einen Fahrer gegeben. Die Täter hätten sich wahrscheinlich in einer osteuropäischen Sprache verständigt, so Anja S. Als einer von ihnen sie am Fenster sah, habe er auf sie mit einer Waffe gezielt. Dann seien die Maskierten mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Auweilerweg gefahren. „Das war filmreif“, so Anja S.: „Die waren so abgeklärt, alles lief schnell, aber nicht hektisch ab.“ Mehr als vier Minuten habe der Überfall nicht gedauert.

Möglicherweise steht die Tat in Zusammenhang mit der so genannten „Audi-Bande“ aus den Niederlanden, auf deren Konto äußerst gewaltsame Automaten-Sprengungen in Holland, Niedersachsen und NRW gehen sollen. Die Polizei wollte sich dazu am Mittwoch nicht äußern. Nur so viel sagte ein Sprecher: „Wir klären, ob dieser Fall mit Fällen der Vergangenheit in Zusammenhang steht.“

Sind Automaten-Sprengungen ein wachsendes Problem?

Definitiv ja. Die Sprengung in Esch war bereits der sechste Fall in Köln seit Jahresbeginn. Betroffen waren die Commerzbank, die Sparda-Bank, die Deutsche Bank, zwei Mal die Postbank und nun die Sparkasse Köln-Bonn. Eine Vorliebe für ein bestimmtes Geldinstitut haben die Täter also nicht.

Das Landeskriminalamt registrierte in diesem Jahr 110 Automaten-Sprengungen in Nordrhein-Westfalen, wobei in etwa der Hälfte der Fälle kein Geld erbeutet wurde. 2015 waren es noch 67 Sprengungen, im Jahr zuvor 26.

Bisher waren die Täter vor allem in ländlichen Gebieten nahe der niederländischen Grenze aktiv. „Wir beobachten aber in letzter Zeit, dass man sich deutlich weiter in das Landesinnere bewegt und in die Städte geht“, so LKA-Sprecherin Heidi Conzen.

Wer sind die Täter?

„Der Großteil der Täter kommt aus den Niederlanden nach Deutschland“, sagt Conzen. Dort gebe es professionell agierende Tätergruppen mit vor allem nordafrikanischem Hintergrund.

Im vergangenen Jahr sei aber auch eine Bande aus dem Raum Kleve festgenommen worden, die Polizei Hamm habe 2015 moldawische Täter erwischt.

Die Täter bringen meistens Gas zur Explosion und entfernen sich nach maximal fünf Minuten mit hochmotorisierten Fahrzeugen vom Tatort. Dass Menschen zu Schaden kommen, nehmen sie billigend in Kauf.

Das Landeskriminalamt kooperiert mit niederländischen Behörden, doch die Arbeit ist schwierig. „Wenn zwei oder drei Täter festgenommen werden, werden sie schnell ersetzt“, so Conzen.

Wie sichern sich die Kölner Banken?

Für die Banken und Sparkassen sind Automaten-Sprengungen mittlerweile ein großes Thema. Sie haben ihre Automaten auf verschiedene Arten ausgerüstet, scheuen sich aber, ihre kompletten Sicherheitspakete preis zu geben. Die Postbank hat ihre Geldautomaten unter anderem mit dem so genannten „Money Inking“-System ausgestattet. Bei Gewalteinwirkung wird das Bargeld rot eingefärbt, um es unbrauchbar zu machen. Das System habe auch in Rodenkirchen zuverlässig funktioniert, so ein Sprecher.

Die Kölner Bank arbeitet nicht mit dieser Methode, setzt bei einigen ihrer 89 Automaten aber eine „Gas Protection Unit“ ein. Hier werden chemische Stoffe freigesetzt, die eine Gasexplosion erschweren. Auch Rückwände seien verstärkt worden, so eine Sprecherin. Bei Automaten, die von hinten mit Bargeld befüllt werden, erschwere dies den Tätern die Arbeit.

Die Kreissparkasse Köln setzt fast ausschließlich auf Geldautomaten-Tresore, die von hinten befüllt werden. Außerdem würden die Foyers der Filialen videoüberwacht. Allerdings sind sie seit Mitte dieses Jahres zwischen 23 Uhr und 5.30 Uhr gar nicht mehr zugänglich.

Auch die Sparkasse Köln-Bonn hat ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht und schließt nun unter anderem flächendeckend ihre Foyers in den Nachtstunden. Ein Polizeisprecher hielt zumindest diese Hürde für überwindbar: „Wer bereit ist, einen Automaten mit Gas zu sprengen, wird sich nicht von einer Glastür aufhalten lassen.“

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