AusstellungWie ein Blick in die Seele

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Lydia Mammes vor einem ihrer Werke

Lydia Mammes vor einem ihrer Werke

Zündorf –  Wer die Ausstellung von Lydia Mammes im Museum Zündorfer Wehrturm besucht, braucht die Bereitschaft zu größter Aufmerksamkeit. Denn es geht in der Malerei der in Krefeld lebenden Künstlerin (Jahrgang 1963) um feinste Nuancen im Auftrag der Farben. In einem blauen Bild zeigt sich zum Beispiel, dass Blau keineswegs einfach nur blau ist, sondern eine Verbindung von ganz vielen übereinander liegenden Farbschichten und somit ein Gemisch, in dem gleichfalls weiße, graue und braune Elemente schimmern. Die Farbe auf den Bildern von Lydia Mammes ist ein bewegtes Geschehen, das immer wieder anders erscheint, abhängig vom Licht, dem umgebenden Raum, der Stellung des Betrachters zum Bild und seiner momentanen Befindlichkeit. Die objektiven Tatsachen des Farbmaterials werden immer subjektiv belebt. Der eine Mensch sieht Wasser in einem hellen Blau, der andere die unendliche Weite des Himmels. Und wieder jemand wird erinnert an die Tiefe einer Augenfarbe.

Während wir gewohnt sind, Farben an konkrete Gegenstände zu knüpfen, entkoppelt die Künstlerin die Farben von den konkreten Dingen und führt sie in ein offenes Feld, in dem wir gleichermaßen auf unsere Erinnerung wie auf den Zauber des Unaussprechlichen stoßen. Die Farbfeldmalerei, so der kunsttheoretische Fachbegriff, wird zum Ausdruck für das Geheimnis, das unser Leben vorantreibt und zusammenhält.

"Farbmalerei, wenn sie gelungen ist, löst sich vom materiellen Untergrund und wird zur immateriellen Erfahrung. Farbe ist ein Zustand," erklärt Lydia Mammes, die ihre malerischen Grundlagen Ende der 1980er-Jahre im Studium der Freien Kunst an der Fachhochschule Köln entwickelte. Sie entfaltet ihre Farberkundungen in unterschiedliche Richtungen. Sie malt auf Leinwand, um die Dichte in der vielfachen Überlagerung feiner Farbschichten zu zeigen. Sie malt auf Pergamentpapier, um die Transparenz in der Überlagerung von Farben zum Ausdruck zu bringen. Und zwischen verunsichernder Unruhe und spannungsgeladener Harmonie macht sie sogar die Zufälle in der Entstehung von Farbgeweben und im Leben allgemein sichtbar. Wie die Malerin auf die Wechselwirkungen der Farben im langen Malprozess nur bedingten Zugriff hat, haben wir nur einen begrenzten Zugriff auf seelische Prozesse. Man muss vor diesen Bildern Zeit verbringen, um die Farben sich in uns entfalten zu lassen. Ist das gewährleistet, kann man jeden Tag neue Entdeckungen in einem solchen Werk machen.

Museum Zündorfer Wehrturm Hauptstraße 181, geöffnet bis 1.Oktober mittwochs und samstags, 15 bis 18 Uhr, sonntags , 14 bis 18 Uhr.

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